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Grundverarbeitung und frühe Aufmerksamkeit
ОглавлениеEin wesentlicher neurophysiologischer Befund ergibt sich aus der Tatsache, dass die ERPs zu unbeachteten Reizen nur geringe und wenig konsistente Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne ADHS und so eine weitgehend intakte Grundverarbeitung anzeigen. Hingegen belegt eine Vielzahl von ERP-Studien mit aktiven, Aufmerksamkeit fordernden Versuchsanordnungen, dass schon frühe Aufmerksamkeitseffekte im ERP bei ADHS je nach Versuchsanordnung vermindert oder verstärkt sind, während die ERP-Marker von späten Aufmerksamkeits- und Exekutivfunktionen durchwegs verminderte Aktivität anzeigen (Banaschewski und Brandeis 2007; Barry et al. 2003b).
Verminderte frühe Aufmerksamkeitseffekte finden sich im ERP von Kindern mit ADHS sowohl in auditorischen (Kemner et al. 2004) als auch in visuellen Tests zur selektiven Aufmerksamkeit (Jonkman et al. 2004). Dabei zeigt die Lokalisation, dass nur die eigentlichen Aufmerksamkeitseffekte in den sensorischen Hirngebieten vermindert sind, während die sensorische Grundaktivität im Vergleich zu den unbeachteten Standards in den gleichen Gebieten nicht verändert ist. So kann neurophysiologisch belegt werden, dass Aufmerksamkeitsprobleme über verminderte Aktivierung durch beachtete Merkmale, aber nicht wegen erhöhter Aktivierung durch falsche Reize (»Ablenkung«), noch durch beeinträchtigte Grundverarbeitung zustande kommt. Einige frühe Aufmerksamkeitseffekte sind bei ADHS aber auch verstärkt (Brandeis et al. 2002a; Wiersema et al. 2006b), was als vermehrtes vorzeitiges Orientieren zum Ausgleich des Mangels an Ressourcen im Sinne einer Kompensation gedeutet wird.