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Inhibition, Konflikt- und Fehlerverarbeitung
ОглавлениеDie klassische Inhibitionsaufgabe ist die Stoppaufgabe, wo eine schon initiierte Antwort unterdrückt werden muss, wenn ein entsprechendes Signal auftritt. Kinder mit ADHS haben große Schwierigkeiten, schnell auf dieses Stoppsignal zu reagieren (Rubia et al. 1998). Entsprechend zeigen Kindern mit ADHS in dieser Aufgabe neben einer schwächeren P300-Komponente auch Veränderungen in den vorangehenden Komponenten bei erfolglosen Stopp-Versuchen (Brandeis et al. 1998). Diese frühen Veränderungen treten schon beim Eintreffen des Stoppsignals auf und zeigen somit, dass verringerte Antworthemmung durch vorangehende posteriore Aufmerksamkeitsdefizite zustande kommt. Nach erfolgreichen Stopp-Versuchen ergab sich eine typische NoGo-P300 mit frontaler Quellenlösung, welche aber keine Gruppenunterschiede aufwies; dieser Befund deutet ebenfalls auf intakte Antworthemmung hin. Ähnliche Befunde zur verminderten Vorbereitung, aber auch eine verminderte frontale N200 oder verwandte frontale Aktivität nach Stoppsignalen fanden sich in neueren Studien bei Kindern (Albrecht et al. 2005; Overtoom et al. 2002; Pliszka et al. 2000). Die Verminderung der N200 scheint unabhängig von der Behandlungsgeschichte mit MPH zu sein (Liotti et al. 2007), und die akute MPH Behandlung führte zu einer teilweisen Normalisierung mit Vergrößerung der N200 und der NoGo-P300 (Pliszka et al. 2007). Die N200-Verminderung als Merkmal für beeinträchtigte Hemmprozesse ist aber nicht spezifisch für ADHS, da sie in gleichem Maß bei Kindern mit reinem ADHS oder mit reinen Verhaltensauffälligkeiten (ODD/CD) auftritt (Albrecht et al. 2005).
Inhibitionsschwächen finden sich auch in Go/NoGo Aufgaben wie der CPT A-X (oder CPT O-X), wo die Warnreize eine Go/NoGo Aufgabe signalisieren. Dabei zeigen Kinder mit ADHS eine schwächere frontozentrale NoGo-P300, die sich tomografisch auf verminderte frontale Aktivierung im anterioren Cingulum während der Hemmbedingungen zurückführen lässt (Brandeis et al. 2002b; Fallgatter et al. 2004; Strik et al. 1998). Ganz ähnliche Aktivitätsverminderungen in der NoGo-Bedingung fanden sich bei Erwachsenen mit ADHS (Fallgatter et al. 2005, Mc Loughlin et al. 2010) und deren nicht betroffenen Familienmitgliedern (McLoughlin et al. 2011). Verminderte NoGo-P300 tritt aber auch bei anderen Störungen wie Schizophrenie auf, und ist somit nicht spezifisch für ADHS (Kropotov et al. 2019).
Diese Inhibitionsschwächen sind vor allem bei Kindern mit komorbiden Störungen wie Störungen des Sozialverhaltens (ODD/CD) ausgeprägt und können so nicht als spezifische Marker für ADHS gelten (Banaschewski et al. 2004). Entsprechend zeigt sich eine Verminderung der frontalen N2 nach NoGo Reizen nur bei ADHS Kindern mit zusätzlichen Störungen des Sozialverhaltens (Overtoom et al. 1998). Wenn Messungen der NoGo-P300 und der intracorticalen Hemmung (durch transkranielle Magnetstimulation) »multimodal« kombiniert werden, lassen sich ADHS und Kontrollgruppen deutlich besser unterscheiden als mit einem Verfahren allein (90 % Genauigkeit, Heinrich et al. 2014).
Die Verarbeitung konfliktierender Information ist bei ADHS ebenfalls betroffen. So zeigt sich etwa in visuellen Flankeraufgaben bei konfliktierender Information verminderte N2 Aktivität (Albrecht et al. 2008), und konfliktierende visuelle und auditorische Information beeinträchtigen anschließende Inhibitionsvorgänge (Chmielewski et al. 2018).
Auch die Fehlerverarbeitung ist bei Kindern und Erwachsenen mit ADHS beeinträchtigt, wie inzwischen auch eine Meta-Analyse bestätigt (Geburek et al. 2013). Der entsprechende ERP-Marker, die Stärke der sogenannten fehlerbezogenen Negativität oder Ne, liegt für nicht betroffene Geschwister zwischen dem der ADHS und dem der Kontrollgruppe, und kann somit als Endophänotyp betrachtet werden (Albrecht et al. 2008). Bei Remission der ADHS-Symptomatik bilden sich auch Defizite der Fehlerverarbeitung (Ne und Pe) zurück, welche bei persistierendem ADHS erhalten bleiben (Michelini et al. 2016).
Schließlich sind auch motivationale Vorgänge wie Belohnungsverarbeitung bei ADHS betroffen, was sich an verändertem Entscheidungsverhalten und Feedbackverarbeitung zeigt. So konnten etwa simultane EEG-fMRT Messungen nachweisen, dass Jugendlichen mit ADHS falsche Vorhersagen der erwarteten Belohnung bei weniger gut verarbeiten, und entsprechend medial frontale Gebiete kurz nach dem Feedback schwächer aktivieren als nicht betroffene Jugendliche (Hauser et al. 2014).