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1.5.5 Rechtliche Grundlagen sozialräumlichen Handelns

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Auf europäischer Ebene wurden durch den Maastrichter Vertrag 1992 sowie im Vertrag von Amsterdam 1997 den Kommunen durch die Zusicherung des »Subsidiaritätsprinzips«, Selbstverwaltungsrechte und Gestaltungsfreiheit eingeräumt bzw. zugesichert (Naßmacher 2011). Den Städten und Gemeinden wird in Deutschland gemäß Grundgesetz das Recht eingeräumt, »alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln« (Art. 28 Abs. 2 GG).

Diese Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Um ihre Aufgaben gewährleisten zu können, wird den Kommunen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung zur Sicherung der finanziellen Eigenverantwortung auch die Nutzung von Steuerquellen zugestanden. Hierzu dürfen Kommunen z. B. über Gewerbesteuerhebesätze eigene wirtschaftskraftbezogene Steuerquellen nutzen. Mit Artikel 72 Absatz 2 GG liegt darüber hinaus eine Rechtsgrundlage vor, die mit der »Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet« eine sozialräumlich ausgleichende Orientierung zum Ziel hat. Damit widerspricht eine Polarisierung von Regionen nach unterschiedlichen Lebensverhältnissen dem Grundgesetz nach Artikel 72.

Im Rahmen der allgemeinen Daseinsvor- und -fürsorge obliegt es den Kommunen, Aufgaben in nahezu allen Politikfeldern, von Bauen, Verkehr, Infrastruktur über Wirtschaft und Soziales bis hin zu Bildung, Kultur und Sport, zu erfüllen. Kommunen verfügen hierzu über eigene Personal-, Organisations- und Finanzhoheit. Ihre Zuständigkeiten werden nur z. T. durch Bundesgesetze wie bspw. im Baugesetzbuch oder in den Sozialgesetzbüchern (z. B. SGB II, SGB VIII und SGB XII) geregelt, denn es gilt der Grundsatz, dass durch Bundesgesetze Gemeinden und Gemeindeverbänden, nicht ohne weiteres zusätzliche Aufgaben übertragen werden dürfen (Art. 84 Abs. 1 GG). Aufgaben und Zuständigkeiten ergeben sich insbesondere durch landesrechtliche Vorgaben, die in jeweiligen Gemeindeordnungen konkretisiert werden. Dort sind auch die Gemeindeverfassungen rechtlich geregelt, die sich zwischen den Bundesländern durchaus unterscheiden und grob nach norddeutschen und süddeutschen Ratsverfassungen unterteilt werden können (vgl. Wehling 2006)6.

Im Bau- und Sozialrecht gibt es, wie die nachfolgenden Zitate zeigen, eher allgemeine Aufträge zu einer sozialräumlichen Ausrichtung:

»nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt« (BauGB § 1 Abs. 5).

»positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen« (SGB VIII § 1 Abs. 3 Satz 4).

Neben diesen eher grundsätzlichen und allgemeinen gesetzlichen Grundlagen gilt es im Rahmen des Handlungskonzepts SRO weitere gesetzliche Grundlagen, wie z. B. zur Beteiligung von Bürger*innen an ihren Angelegenheiten, zu beachten. So genießen Bürger*innen Aufenthalts-, Beteiligungs-, Versammlungs- und (Mit-)Entscheidungsrechte, die in Bundes- und Landesgesetzen bzw. den einschlägigen Gemeindeordnungen verankert sind. Im Baurecht sind u. a. Rechte und Pflichten von Eigentümer*innen, Mieter*innen, Pächter*innen, wie z. B. die Auskunftspflicht (§ 138 BauGB) sowie Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Betroffenen (§§ 137, 138, 139 BauGB) geregelt. Neben den Beteiligungsrechten von Bewohner*innen bei Stadtsanierungsprojekten sind insbesondere die Rechtsgrundlagen von »Bürger- und Einwohnerversammlungen« (z. B. Art. 18 GO Bay, § 20a GO B-W, § 16b GO S-Hol, § 16 GO R-Pf), Anhörungsrechte bei Gemeinderatssitzungen, z. B. durch »Bürgerfragestunden« (vgl. § 16c GO S-Hol, § 16a GO R-Pf bzw. Regelungen durch Geschäftsordnungen der Stadt-/Gemeinderäte), »Bürgerantrag« (z. B. § 20b, 3 GO B-W), »Bürgerbegehren«, »Bürgerentscheid« und auch die Einrichtung von Beiräten sachkundiger Bürger*innen (wie z. B. Integrations-/Migrationsbeiräte, Senior*innenbeiräte, Jugendparlament, Quartiersbeiräte etc.) in den Gemeindeordnungen der Länder geregelt. Aufgrund des in Deutschland geltenden Föderalismus und Subsidiaritätsprinzips können o. g. Regelungen je nach Bundesland und Kommune durchaus unterschiedlich ausfallen. Ebenfalls auf Landesebene sind die Anhörungsrechte und andere Formen des Rechtsweges, die z. B. für die Straffälligenhilfe von Bedeutung sind, geregelt. In den o. g. diversen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit können die rechtlichen Grundlagen sozialraumorientierten Arbeitens durchaus variieren und müssen daher Handlungsfeld spezifisch dargestellt und bewertet werden. Regelungen wie bspw. die UN-Behindertenrechtskonvention7, die in Artikel 19 die unabhängige Lebensführung von Menschen mit Behinderungen und deren Einbezug in die Gemeinschaft fordert, können hingegen von übergeordneter und Handlungsfeld übergreifender Bedeutung sein.

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