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Sir Hew Strachan Der Zweck der Schlachten: Strategen und Strategien
ОглавлениеWeil die Schlacht Sieger von Besiegten trennt, stellt sie an sich selbst ein Ziel dar. Doch die Fähigkeit der Nationen, ihre Armeen permanent nachzurüsten, führt zu der Möglichkeit von zeitlich und räumlich entgrenzten Schlachten. Die Epoche der Entscheidungsschlacht scheint der Vergangenheit anzugehören.
Die heutigen Leser*innen von Carl von Clausewitz’ Vom Kriege interessieren sich meist für die ersten und letzten Bücher des Werkes, in denen es direkt um das Verhältnis zwischen Krieg und Politik geht. Frühere Generationen, insbesondere zwischen 1871 und 1914, widmeten dem Mittelteil des Werkes tendenziell größere Aufmerksamkeit, vor allem dem vierten Buch. Mit seiner zentralen Position zwischen den drei ersten Büchern, in denen Krieg und Strategie diskutiert werden, und den vier letzten Büchern, die nach den verschiedenen Formen des Krieges und ihrer Umsetzung fragen, handelt das vierte Buch vom »Gefecht«.
Die erste englische Ausgabe übersetzte dies noch mit »combat«, während sich jüngere Ausgaben für »engagement« entscheiden. Keine Ausgabe optiert für »battle«, weil der deutsche Titel nicht »Die Schlacht« lautet. Gleichwohl geht es in diesem vierten Buch und für viele seiner Leser*innen im 19. Jahrhundert auch in der Abhandlung als Ganzes genau darum. »Das Gefecht ist die eigentliche kriegerische Tätigkeit, alles übrige sind nur die Träger derselben«1, schreibt Clausewitz zu Beginn des dritten Kapitels des vierten Buchs. Der Autor unterscheidet also zwischen Kampf, Gefecht und Schlacht. Schlachten sind Massenoperationen, in denen alle Gefechte zusammenlaufen und in denen der Gegner ausgelöscht wird – nicht notwendig im wörtlichen Sinne, aber doch in dem Sinne, dass die Ordnung und der Zusammenhalt seiner Armee zerfällt. Das neunte Kapitel des vierten Buchs ist übrigens mit »Die Hauptschlacht« überschrieben, womit »ein Kampf der Hauptmacht« bezeichnet wird, »ein Kampf mit ganzer Anstrengung um einen wirklichen Sieg«.2 Der Begriff der Hauptschlacht nimmt eine zentrale Stellung in Clausewitz’ Reflexionen über die Strategie ein. In seinen Augen mündet das Ziel der Strategie nicht allein in der Hauptschlacht, sondern auch darin, alle Konsequenzen zu nutzen.
Clausewitz hatte an der Schlacht bei Jena und Auerstedt und an der Schlacht bei Borodino persönlich teilgenommen und diente in den Feldzügen, die in der Völkerschlacht bei Leipzig und in der Schlacht bei Waterloo gipfelten. Er kannte somit aus eigener Anschauung, was für Napoleon das Suchen der Schlacht und die Logik der Aufeinanderfolge von Schlachten bedeutete: Jeder Sieg brachte Bonaparte dazu, den nächsten zu suchen; die Macht, die der Kaiser besaß, beruhte auf seinem jeweils letzten Erfolg. Allerdings lässt Clausewitz’ Beschreibung dessen, »was […] man jetzt gewöhnlich in einer großen Schlacht [tut]«,3 keine so außerordentlichen Ergebnisse erahnen. So schreibt er im zweiten Kapitel des vierten Buchs: »Auf diese Weise brennt die Schlacht mit gemäßigtem Element wie nasses Pulver langsam ab, und wenn der Schleier der Nacht Ruhe gebietet, weil niemand mehr sehen kann, und sich niemand dem blinden Zufall preisgeben will, so wird geschätzt, was dem einen und dem anderen übrig bleiben mag an Massen […]; es ziehen sich diese Resultate […] in einen einzigen Haupteindruck zusammen, aus welchem dann der Entschluß entspringt.«4
Mit anderen Worten: Clausewitz beurteilt die Entscheidungsschlacht nicht für sich; wenn der Krieg von Staaten geführt wird, die »angefacht [sind] durch große Volksinteressen«, dann setzen sie auf dem Schlachtfeld Armeen ein, die »sich ungefähr auf demselben Punkt der kriegerischen Einrichtungen und der Kriegskunst befinden«.5 Er beschreibt dort, was heute als symmetrischer Krieg bezeichnet wird. Der größte Teil der Napoleonischen Kriege, die er persönlich erlebt hat, waren in der Tat »symmetrisch«, was größtenteils ebenso für die beiden Weltkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt. In Friedenszeiten beobachteten die Armeen ihre potenziellen Gegner und versuchten, sich an ihnen auszurichten und vergleichbare Kapazitäten zu entwickeln. Wenn es dann zum Krieg kam, erschwerten diese Ähnlichkeiten zwischen den Armeen die Suche nach einem vorteilhaften Kräfteverhältnis.