Читать книгу Geschichte erzählen. Strategien der Narrativierung von Vergangenheit im Mittelalter - Группа авторов - Страница 5
Vorwort
ОглавлениеVom 6. bis 10. September 2017 fand an der Universität Manchester das 25. Anglo-German Colloquium zum Thema ‚Geschichte erzählen: Strategien der Narrativierung von Vergangenheit in der deutschen Literatur des Mittelalters‘ statt. Die Fachtagung, deren Beiträge in diesem Band vorgelegt werden, hatte sich das Ziel gesetzt, die Darstellung von Geschichte in der deutschen Literatur des Mittelalters zu bilanzieren und neu zu erarbeiten. Geschehen ist dies auf der Basis von Forschungen zur narrativen Modellierung der als wahr geglaubten vergangenen Welt und mit dem Blick auf aktuelle wissenschaftliche Aufgabenfelder. Gegenüber der weit gediehenen Diskussion zur Unterscheidung von fiktionalem und faktualem Erzählen rückt so wie schon die Tagung nun auch dieser Tagungsband Texte, Gattungen und Diskurse in den Blickpunkt, anhand deren sich die für die volkssprachliche Literatur spezifischen Strategien und Verfahren des Erzählens von Vergangenheit diskutieren lassen. Dabei ist die leitende Annahme, dass auch solche Erzählungen sprachlich-literarisch ‚konstruiert‘ sind, die sich nach dem eigenen Anspruch auf faktuale Ereignisse der Vergangenheit beziehen. Unter diesem Vorzeichen schließen die Beiträge zugleich an aktuelle narratologische Forschungen an, indem sie untersuchen, wie Vergangenheit erst im Erzählen zu Geschichte wird und welche komplexen Formen erzählerischer Organisation – von der Auswahl und Anordnung der erzählten Ereignisse über die Gestaltung der diegetischen Zeit und der Erzählstimme bis zum Stiften kollektiver Identität – von Fall zu Fall geschaffen werden.
Bereits 1983 hatte das Anglo-German Colloquium mit einer Tagung zur älteren Debatte über das Geschichtsbewusstsein in der deutschen Literatur des Mittelalters beigetragen.1 Und obwohl sich das Konzept von Geschichte vor dem Hintergrund narratologischer Forschungen in der germanistischen Mediävistik stark weiterentwickelt hat, war es den in Manchester versammelten Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Anliegen, ihr aktuelles Forschungsthema im Wissen um diesen für die Tradition der Colloquien beispielhaften Vorgängerband zu erörtern. Angesichts des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union stand das Colloquium in Manchester zugleich unter wissenschaftspolitischen Vorzeichen. Die intensive Zusammenarbeit auf der Tagung hatte daher nicht zuletzt das Ziel, den in der scientific community unverminderten Willen zur Fortsetzung der internationalen Kooperation wirksam zu signalisieren.
Die Herausgeberin und Herausgeber danken der Fritz Thyssen Stiftung dafür, dass sie sowohl die Tagung in Manchester als auch die Drucklegung des Tagungsbandes großzügig unterstützt hat. Die Bereitschaft, eine Tagung außerhalb des deutschsprachigen Raums zu fördern, ist keineswegs selbstverständlich – dafür fühlen wir uns der Stiftung in besonderem Maße verpflichtet. Das John Rylands Research Institute finanzierte den öffentlichen Abendvortrag im Historischen Lesesaal der John Rylands Library. Für die zu jeder Zeit konstruktive Zusammenarbeit bei der Drucklegung des Bandes danken wir gerne dem Francke-Narr-Verlag in Tübingen und namentlich Tillmann Bub, der den Entstehungsprozess stets mit viel Geduld und gutem Rat äußerst kundig begleitet hat.
Sarah Bowden | Manfred Eikelmann | Stephen Mossman | Michael Stolz |