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4.2 Communio cum Christo94 4.2.1 Darstellung

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Die Behauptung scheint kaum übertrieben zu sein, dass die «Gemein­schaft mit Jesus Christus» nicht nur alle Beiträge des Nieselschen Sam­melbandes als «Gesamtthema» durchklinge95, sondern als die theologische Grundorientierung des reformierten Theologen Niesel zu gelten habe. Durch seine zahlreichen Studien zur Theologiegeschichte der Reformier­ten vorbereitet, verfasste Niesel ein Lehrbuch der Symbolik nach seinen Vorlesungen an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal.96 Das erste Kapi­tel über die Kirchen der Reformation stellt er unter die Überschrift «Ge­meinschaft mit Christus» und nennt diese «[d]as grundlegende Bekennt­nis der Reformierten».97 Niesel sieht hier – wie auch an anderen Stellen – Calvin und den Heidelberger Katechismus ganz einig. Jesus Christus hat nicht allein durch sein Leiden und Sterben gewirkt, sondern wirkt auch heute noch als der Herr dieser Welt. Er ist den Seinen nahe und gewährt seine Gemeinschaft. Damit können keine «frommen Dreistigkeiten»98 eines Gerhard Tersteegen und anderer Mystiker gemeint sein. Vielmehr müssten alle gegenwärtigen Gnadengaben als Christi Werk verstanden werden, wodurch die Glaubenden mit ihm Gemeinschaft haben. Nicht zuletzt für die Abendmahlslehre ist dies entscheidend. Christus selbst ist Gabe und Geber des Abendmahls; seine – wie auch immer genau zu fas­sende – reale Gegenwart konstituiert das Abendmahl als Sakrament. |96|

Die communio cum Christo blieb für Niesel ein ihn lebenslang beglei­tendes Theologume­non. Theologisch gediegen und überaus willig zur geforderten Welt(um)gestaltung führte er angesichts der Stimmungslage gerade auch in der Ökumene am Ende seiner kirchenpolitischen Karriere beinahe verzweifelt aus:

«Die Gemeinschaft mit Christus ist Quell für alles, was heute [sc. 1970] die Gemüter so stark bewegt und begehren lässt: Freiheit, Gerechtig­keit und Frieden, Wandlung der Verhältnisse zu einem menschen­würdigen Dasein aller. Die Aktivität hierfür müsste wirklich radikal sein, von der guten Wurzel herkommen, dem neuen Menschen Jesus Christus und unserer Gemeinschaft mit ihm! Eine blosse Veränderung von Strukturen99 vermag unsere Welt nicht heil zu machen, weil da­durch die Menschen nicht von innen her anders werden.»100

Ist dies jedoch geschehen, wird es keinen anderen Weg mehr als den des «Glaubensgehorsams» geben können.

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