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4 Die „Hure Babylon“

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Dieses Bild – als Chiffre für verwerflichen Luxus, für Ausschweifung, Ausbeutung anderer Menschen und Verehrung fremder Götter, letztlich als Inbegriff für alles Böse, schließlich als Allegorie für das Imperium Romanum bzw. die Gegner der Gläubigen – speist sich aus verschiedenen Quellen: {a} den antik-paganen Darstellungen von Prostitution bzw. Tempelprostitution und Heiratsmärkten (Herodot) bzw. der Sittenverderbnis (Ktesias, Curtius Rufus) in Babylon (zum Mythos der Tempelprostitution s. BUDIN 2008; → Hurerei), {b} den gegen Babylon bzw. das mit ihm identifizierte Rom gewendeten Beschreibungen und Untergangsankündigungen der jüdischen und christlichen Apokalyptiker, für die auch die oben beschriebenen Babylonbilder des AT rezipiert wurden. Letzteres gilt in besonderer Weise für die „Tochter Babel“ bzw. „Herrin der Reiche“ (Jes 47), die, schließlich aller Macht, Weisheit und Schönheit, aber auch des Mannes und der Kinder beraubt, nicht nur gedemütigt wird, sondern deren frühere Vorzüge nun zu Charakteristika ihrer Verderbtheit werden. In den aramäischen Danielerzählungen, in denen es um die Aufrichtung der Königsherrschaft Gottes (→ Gott als König) angesichts der einander ab lösenden (vier) universalen Herrschaften menschlicher Machthaber geht, erscheint zwar nicht die „Hure Babylon“, aber doch (als erstes von vieren) das Ungeheuer Babylon (Löwe mit Adlerflügeln, die ihm ausgerissen wurden, auf zwei Beinen und mit menschlichem Herz: Dan 7), das allerdings weit weniger grässlich ist als das vierte Tier, das die leidvollen Erfahrungen der Juden mit dem zeit genössischen Seleukidenreich widerspiegelt. Nach Dan 7,9–14 wird die universale Herrschaft Gottes dem „Menschensohn“ übergeben, einer Art Mittler zwischen Gott und der Welt.

Die Offenbarung des Johannes (Offb 13.17–19) fügt die vier Tiere (→ Tier) der Danielvision zu einem zusammen, das dem Meer entsteigt und auf dem die „Hure Babylon“ sitzt, mit der „die Könige der Erde Unzucht getrieben“ haben und von deren „Wein der Hurerei die Bewohner der Erde betrunken“ geworden sind: „Auf ihrer Stirn stand ein Name, ein geheimnisvoller Name: Babylon, die Große, die Mutter der Huren und aller Abscheulichkeiten der Erde“ (Offb 17,2.5). Der Apokalyptiker sieht dabei allerdings auch ihren – von den Königen, Händlern und Schiffsleuten der Erde beweinten – Untergang voraus (14,8; 18,2) und das Lamm trägt den Sieg über Babylon bzw. Rom (vgl. die sieben Köpfe des Ungeheuers = sieben Hügel Roms) davon. In Offb 18 schöpft der Seher einerseits aus den alttestamentlichen Babelorakeln (s.o.), zum anderen aus den Worten Ezechiels gegen Tyrus (Ez 26–27). Zu Recht hat die Forschung in den Bildern vom Ungeheuer aus dem Meer und von seinen Begleittieren (Drache, Schlange, weiteres Tier von der Erde) altorientalische Vorstellungen vom Kampf der Götter gegen das Chaos gespiegelt gesehen. Der „Hure Babylon“ war ein reiches Nachleben in der biblisch geprägten Tradition Europas beschert.

Wörterbuch alttestamentlicher Motive

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