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5 Der Turmbau zu Babel – Das Menetekel

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Ähnlich verhält es sich mit der Erzählung vom Bau einer Stadt und eines Turmes „mit einer Spitze bis zum Himmel“, mit dem sich die Menschen, die alle ein und dieselbe Sprache haben, im Lande Schinar „einen Namen machen“ wollen, „um sich nicht über die ganze Erde zu zerstreuen“ (Gen 11,1–6). Gott hindert sie an ihrem Tun, bestraft sie – ähnlich wie Adam und Eva bei ihrem Versuch, Gut und Böse zu erkennen (Gen 2–3) – für ihre Hybris (→ Strafe, göttliche, für menschliche Hybris), damit ihnen etwas „unerreichbar“ bleibe, zerstreut sie über die ganze Erde und lässt sie nicht länger die Sprache der jeweils anderen verstehen (Gen 11,7–9). Unmittelbar darauf folgt allerdings die Erzvätererzählung, in der Gott einem auserwählten Volk in einem von ihm erwählten → Land eine Zukunft verheißt (Gen 12). Die Urgeschichte von Genesis 1–11 quillt über von Entlehnungen aus der mesopotamischen Mythologie und Vorstellungswelt, und es war die Aufdeckung dieses Sachverhalts, die um die Wende vom 19. zum 20. Jh. die europäische und vor allem deutsche Öffentlichkeit elektrisierte (EBACH 1998; LEHMANN 1994; 1999). Erst nach der Sprachverwirrung bekommt die Stadt des Turmbaus den Namen Babel, „denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut“ (Gen 11,9). Die hebräische Namensform Babylons (bāḇæl; akkadisch Bāb-ilī bzw. Bāb-ilāni) wird dabei in Verbindung mit der hebr. Wurzel bll als „verwirren“ gedeutet und zu einer antibabylonischen Polemik genutzt. Das wahre „Tor der Götter“ ist das „Haus Gottes“ und „Tor des Himmels“ (bêṯ-ʾel) in Gen 28,17–19. Zur Diskussion um Etemenanki, den realen „Turm zu Babel“, und seine angebliche Zerstörung durch Xerxes I. s. HENKELMAN/KUHRT/ROLLINGER/WIESEHÖFER 2011.

Nach Dan 5 ist das „Menetekel“ eine unheilverkündende Warnung. In Deutschland wurde es vor allem durch Heinrich Heines Ballade popularisiert. Belschazzar ist in Dan 5 als Sohn Nebukadnezzars der letzte babylonische König, auf ihn folgen Dareios der Meder (WIESEHÖFER 2005) und Kyros der Perser. Historisch zutreffend ist jedoch Belschazzar der Sohn Nabonids. Nabonid kommt in der Bibel nicht vor. Nach Dan 5 erweist sich Belschazzar, anders als sein Vater Nebukadnezzar, der nach seiner Erfahrung der Allmacht des höchsten Gottes bereit ist, den Gott Daniels als seinen Gott zu akzeptieren und daraufhin sein Königtum zurückerhält, als Frevler, der die Jerusalemer Tempelgeräte für ein Gastmahl missbraucht. Als Folge davon erscheinen auf der getünchten Wand die von Geisterhand geschriebenen Worte, die von Daniel gelesen und als Warnung vor dem Verlust seiner Herrschaft gedeutet werden, der dann auch kurz darauf eintritt (in Dan 6). Historisch liegen dieser Erzählung die Auseinandersetzungen zwischen Nabonid, Belschazzar und den Eliten der Stadt Babylon zugrunde. Nabonid verehrte nicht den babylonischen Stadtgott Marduk, sondern den Mondgott Sîn von Harran. Kyros profitierte von diesen Auseinandersetzungen, ihm wurde Babylon kampflos übergeben (vgl. KUHRT 2007). Diese Ereignisse schlugen sich in den Kyros wohlgesonnenen Texten (Kyroszylinder, Nabonidchronik, Strophengedicht des Nabonid; Gebet des Nabonid: KRATZ 2006b; 2011) nieder. Hier wurde Kyros als Befreier Babylons gefeiert, der im Auftrag der babylonischen Götter den Gottesfrevel beseitigt und die Schuld sühnt (→ König, Gott als König). Parallel dazu feiert „Deuterojesaja“ Kyros als messianisches Werkzeug JHWHs (Jes 45,1). Zum historischen Übergang von der neubabylonischen zur teispidisch-achaimenidischen Herrschaft in Babylonien s. JURSA 2007.

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