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Morgendliche Bewusstlosigkeit: an alles gedacht?

NEF und RTW werden um 5:00 Uhr in eine Reihenhaussiedlung am Stadtrand zu einer bewusstlosen Person alarmiert. In der ersten Etage liegt eine 57-jährige Patientin im Bett und reagiert weder auf Ansprache noch auf Schmerzreize. Laut Aussage des sehr aufgeregten Ehemanns habe die Patientin eben noch gestöhnt und sei dann nicht mehr ansprechbar gewesen. Die Spontanatmung ist suffizient. Die Patientin habe in den letzten Tagen immer wieder über Nackensteifigkeit geklagt, was sie darauf zurückführte „Zug“ bekommen zu haben. Die Pupillen sind isokor, eher weit und reagieren träge auf Licht.

Die Notärztin beschließt bei einer Glasgow Coma Scale von 5, die Patientin mit der Verdachtsdiagnose einer intrazerebralen Blutung präklinisch als Aspirationsschutz und zur optimalen Oxygenierung zu intubieren. Die Patientin wird mit 30°-Oberkörper-Hochlagerung im RTW in die nächste Neurochirurgie gebracht. Erst auf dem Weg wird erstmalig an eine BZ-Messung gedacht. Der Wert auf dem Display zeigt „low“ an. Das Rettungsteam appliziert umgehend 8 g Glucose. Bei Übergabe in der Klinik ist der BZ-Wert bei 97 mg/dl. Das CCT ist unauffällig. Die Patientin wird 2 Stunden später erfolgreich extubiert und verlässt am gleichen Tag gegen ärztlichen Rat die Klinik.

Hintergrund

Die BZ-Messung ist eine wenig invasive Maßnahme, die zu den Basismaßnahmen durch den Rettungsdienst gehört. Vor allem bei Patienten mit unklarer Bewusstseinsstörung oder nach einem Krampfanfall ist die Bestimmung des Blutzuckerwertes zur Ausschlussdiagnostik einer Hypoglykämie unerlässlich. Neben den bekannten Diabetikern mit Diätfehlern, Infektionen und Alkoholgenuss werden durch die BZ-Bestimmung immer wieder auch Patienten mit neu aufgetretenem Diabetes diagnostiziert.

Umstritten ist die Indikation für eine Krankenhausaufnahme nach Hypoglykämie durch Nahrungskarenz bei einem insulinpflichtigen Patienten, der nach der Glucosegabe durch den Notarzt asymptomatisch ist. Im Einzelfall verweigern die Patienten nach der Behandlung den Transport. In jedem Fall muss eine suffiziente Aufklärung über mögliche Risiken und Komplikationen einer Verweigerung eines Transportes in ein Krankenhaus erfolgen. Eine Transportverweigerung muss immer dokumentiert und vom Patienten unterschrieben werden.

Fehler und Gefahren

 Durch eine verspätet behandelte Hypoglykämie kann es zur Glucoseunterversorgung des Gehirns mit bleibenden neurologischen Defiziten kommen. Daher sollte eine Hypoglykämie so rasch wie möglich durch Gabe von Glucose behandelt werden.

 Intubation und Beatmung sind bei einem bewusstlosen Patienten ohne Schutzreflexe zur Vermeidung einer Aspiration und zur Sicherstellung einer suffizienten Oxygenierung absolut indiziert. Allerdings sollte zuvor eine Hypoglykämie als Ursache der Bewusstseinstrübung ausgeschlossen werden.

 Die präklinische Narkose, Intubation und Beatmung ist gerade für den ungeübten Notarzt eine Herausforderung und birgt für den Patienten ein zusätzliches Risiko. Die Indikationen für eine Narkoseeinleitung sollten stets kritisch hinterfragt werden.

Fehlervermeidung

 Zu jeder Erstversorgung eines bewusstlosen oder bewusstseingetrübten Notfallpatienten gehört die Bestimmung des BZ-Wertes.

 Bei nichterfolgter Krankenhausaufnahme muss eine zuverlässige Betreuung vor Ort z. B. durch Angehörige gewährleistet sein.

 Vorsicht bei langwirksamen Antidiabetika!

77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin

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