Читать книгу 77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin - Группа авторов - Страница 17
ОглавлениеDiskonnektionsalarm ohne erkennbaren Grund
Der Rettungsdienst wird zu einem Fahrradunfall alarmiert. An der Einsatzstelle treffen die Einsatzkräfte auf einen 30-jährigen Mann, der mit seinem Fahrrad gestürzt ist. Begleiter berichten, dass der Patient nach dem Sturz für etwa eine Minute nicht ansprechbar gewesen sei und kurz gekrampft habe. Jetzt hat er ein kleines Hämatom an der Stirn und klagt über Müdigkeit. Der Notfallpatient wird auf einer Vakuummatratze gelagert und zur weiteren Versorgung in den Rettungswagen gebracht. Die Untersuchung ergibt diverse Schürfwunden. Die Vitalparameter sind im Normbereich.
Der Patient wird jedoch zunehmend schläfrig und ist kaum noch erweckbar. Der Notarzt entschließt sich zur Intubationsnarkose. Zum Transport in die entfernte Fachklinik wird zeitgleich ein Rettungshubschrauber alarmiert. Die Intubation wird nach Narkoseeinleitung komplikationslos durchgeführt. Nach der Kontrolle der Tubuslage und der Beatmung mit Beatmungsbeutel wird der Patient an das Beatmungsgerät angeschlossen. Das Beatmungsgerät löst Diskonnektionsalarm aus. Bei der Überprüfung der Verbindung kann die Besatzung keinen Defekt feststellen. Da der Alarm weiterhin besteht, wird der Patient vom Beatmungsgerät getrennt und von Hand weiterbeatmet. Jetzt stellt sich heraus, dass ein Beatmungsschlauch, der nicht für diesen Typ des Beatmungsgerätes vorgesehen ist, angeschlossen ist. Dafür ist eigentlich ein doppellumiger Schlauch für Beatmung und Alarm vorgesehen; an die Maschine ist allerdings nur ein einlumiger Schlauch angeschlossen. Der Notfallpatient wird bis zum Eintreffen des Rettungshubschraubers von Hand beatmet. Nach der Übergabe kann die Beatmung des Patienten mit dem Beatmungsgerät des Hubschraubers erfolgen.
Hintergrund
Im Rettungsdienst kommen Beatmungsgeräte verschiedener Hersteller und unterschiedlicher Ausstattung zum Einsatz. Obwohl es sich hier um einen Schlauch des richtigen Herstellers gehandelt hat, passte er nicht für das verwendete Gerät. Der vorhandene Schlauch gehörte zu einem Gerät älterer Bauart ohne das zweite Lumen, das für die Messung des Beatmungsdruckes notwendig gewesen war. Da der Drucksensor nun über keine Messdaten verfügte, meldete das System Diskonnektionsalarm.
Fehler und Gefahren
Nur vom Hersteller für das Medizinprodukt vorgeschriebene Beatmungsschläuche verwenden.
Wenn Medizinprodukte verschiedener Baureihen bzw. Hersteller im gleichen Rettungsdienstbereich eingesetzt werden, ist die Gefahr groß, dass es zu Verwechslungen kommt.
Bei Dienstbeginn ist das Beatmungsgerät nur einer Sichtprüfung unterzogen worden.
Nicht durchgeführte Funktionsprüfung des gesamten Beatmungssystems unter Nutzung eines Prüfbeutels.
Fehlende Einsatzbereitschaft kann zur akuten Gefährdung der anvertrauten Patienten führen.
Der vermeidbare Stress infolge des Materialausfalls kann weitere Fehler und Zwischenfälle begünstigen.
Fehlervermeidung
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Auf Grundlage der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung – MPBetreibV) § 2 Abs. 5 hat sich der Anwender vor der Anwendung von der Funktionsfähigkeit und dem ordnungsgemäßen Zustand des Medizinproduktes zu überzeugen und die Gebrauchsanweisung sowie sonstige beigefügte, sicherheitsbezogene Informationen und Instandhaltungshinweise zu beachten.
Ersatzschläuche in ausreichender Anzahl auf der Rettungswache vorhalten.
Zu jeder Dienstübernahme, nach jedem Einsatz und jeder Desinfektion Gerät auf Funktionsfähigkeit überprüfen.
Geräteüberprüfung nach Vorgaben des Herstellers durchführen.
Grundsätzlich muss im Rahmen einer Funktionsprüfung getestet werden, ob mit dem Gerät und zugehörigen Anbauteilen eine Beatmung durchgeführt werden kann. Dazu muss mit einer Prüflunge eine Beatmung simuliert werden. In dem Fallbeispiel hätte bei diesem Test bereits der Fehler entdeckt werden können.
Wiederaufbereitung dokumentieren.
Um die Nutzung falscher Bauteile zu verhindern, ist eine möglichst einheitliche Ausstattung der Rettungsmittel anzustreben. Dies erleichtert auch die erforderlichen Einweisungen nach dem Medizinproduktegesetz, ermöglicht eine leichtere Austauschbarkeit von Personal und Material und spart Kosten.