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Oberbauchschmerzen

An einem Sommerabend erfolgt die Alarmierung des Rettungswagens und Notarzteinsatzfahrzeuges unter dem Stichwort „Akutes Abdomen“. Beim Betreten des Bungalows fallen dem Rettungsdienstpersonal bereits viele leere, umherliegende Schnapsflaschen auf. Der 45-jährige Patient klagt seit 2 Stunden über ausgeprägte Oberbauchschmerzen und rezidivierendes Erbrechen.

Bei der körperlichen Untersuchung fällt neben dem Druckschmerz im Epigastrium eine lokale Abwehrspannung auf. Die Eigenanamnese ergibt außer einem Nikotinabusus und einem regelmäßigen Alkoholkonsum keine weiteren Informationen. Aufgrund der Symptomatik wird die Verdachtsdiagnose „akute Pankreatitis“, DD „perforiertes Ulcus ventriculi“ gestellt, und der Patient erhält intravenös ein Antiemetikum und ein Analgetikum. Es erfolgt die Anmeldung in einem gastroenterologischen Zentrum, und der Patient wird in den RTW gebracht.

Dort wird er aufgrund einer Sinustachykardie (schmerzbedingt?) an ein Überwachungs-EKG angeschlossen. In diesem 3-Kanal-EKG fallen in den Ableitungen II und III ST-Strecken-Veränderungen auf, deshalb erfolgt ein Wechsel auf ein 12-Kanal-EKG. Es stellt sich ein akuter Myokardinfarkt der Hinterwand mit typischen ST-Hebungen in II, III und aVF dar. Daraufhin wird der Patient in ein kardiologisches Zentrum zur Durchführung einer Koronarangiographie gefahren.

Hintergrund

Die Umstände des Auffindens des Patienten und die beschriebene Klinik mit dem ersten Untersuchungsbefund deuten auf ein akutes Oberbauchgeschehen hin. Gebahnt war diese Verdachtsdiagnose auch durch das Alarmierungsstichwort „Akutes Abdomen“ durch die Leitstelle.

Nur durch die Anlage eines Überwachungs-EKGs aufgrund einer Tachykardie, die primär schmerzbedingt durch den Notarzt interpretiert wurde, sind Veränderungen in der ST-Strecke im Monitorbild aufgefallen. Hier erkannte der Notarzt folgerichtig die Notwendigkeit eines 12-Kanal-EKGs, da nur in diesem eine suffiziente Beurteilung der ST-Strecken in allen Ableitungen möglich ist. Die Diagnose wurde daraufhin korrigiert.

Bei einem Myokardinfarkt im Hinterwandbereich beobachtet man immer wieder eine Schmerzausstrahlung bzw. -lokalisation in den Oberbauchbereich. Deshalb muss differenzialdiagnostisch bei Beschwerden im Oberbauch auch an einen Myokardinfarkt gedacht werden. Eine vollständige Anamnese (hier: Risikofaktor Nikotin) ist dabei sehr hilfreich.

Fehler und Gefahren

 Fehlinterpretation der Beschwerdesymptomatik.

 Kein primäres Schreiben eines 12-Kanal-EKGs bei der beschriebenen Symptomatik.

 Beeinflussung im diagnostischen Denken durch das Alarmierungsstichwort der Leitstelle.

Fehlervermeidung

 Bei Oberbauchbeschwerden differenzialdiagnostisch immer an den akuten Myokardinfarkt denken.

 Eine gute Anamnese-Erhebung mit Erfassung von Risikofaktoren ist dabei sehr hilfreich.

 Bei Oberbauchschmerzen mit entsprechender Risikokonstellation immer ein 12-Kanal-EKG schreiben.

 Nicht auf das Alarmierungsstichwort der Leitstelle verlassen.

77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin

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