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Apoplektischer Insult?

NEF und RTW werden zu einem 72-jährigen Patienten gerufen, bei dem die Diagnose eines apoplektischen Insults gestellt wurde. Die Diagnose hat ein hausärztlich tätiger Internist gestellt, der gleichzeitig Belegarzt in einem kleinen Krankenhaus ist. Bei Ankunft von Rettungsdienst und Notarzt ist der Kollege noch vor Ort und bittet, den Patienten in sein Krankenhaus zu bringen, da aufgrund der Multimorbidität (u. a. hatte der Patient bereits zweimal einen Apoplex erlitten) die Fahrt in eine Stroke-Unit vom Kollegen als nicht sinnvoll angesehen wird.

Der Patient ist vigilanzgemindert (GCS 9), der rechte Mundwinkel hängt herunter, die rechte Seite bewegt sich deutlich weniger als die linke, das Babinski-Zeichen ist negativ, die Pupillen sind isocor, mittelweit und reagieren prompt auf Licht. Der Kollege hat bereits Blut für das Labor abgenommen, eine Infusion läuft. Die übrigen Parameter ergeben Folgendes: RR 160/90 mmHg, HF 104/min bei einer Arrhythmia absoluta, SpO2 (Raumluft) 95 %.

Der Patient erhält Sauerstoff über eine Maske und wird in den RTW gebracht, mit dem er in das nahe gelegene Krankenhaus transportiert wird.

Kurz vor Ankunft erkundigt sich der Notarzt (um das Protokoll zu vervollständigen) nach dem Blutzuckerwert und erfährt, dass dieser zumindest nicht in der Zeit, in dem das Rettungsdienstpersonal vor Ort gewesen ist, erhoben wurde (der Notarzt erntet mitleidige Blicke dafür, dass er noch vor Erreichen des Krankenhauses um die Bestimmung des BZ bittet).

Der BZ liegt bei 31 mg/dl. Die Injektion von Glucose 40 % bewirkt innerhalb von vier Minuten den Rückgang sämtlicher Symptome: Der Patient ist wach und ansprechbar, eine Hemiparese besteht nicht mehr. Unter der Diagnose einer Hypoglykämie wird er ins Krankenhaus eingeliefert. Der wenige Minuten später eintreffende Kollege ist erstaunt und gleichzeitig betroffen.

Hintergrund

Jedem Arzt ist im Prinzip bekannt, dass eine Hypoglykämie eine Reihe von Symptomen zeigen kann, die leicht anderen Notfalldiagnosen zugeordnet werden. So kann sich hinter den Symptomen eines Apoplex auch eine Hypoglykämie verbergen.

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Bei jedem bewusstseinsgetrübten Patienten ist an eine Hypoglykämie zu denken und dann eine Blutzuckerbestimmung durchzuführen.

Andererseits kann es leicht zu einer Fehleinschätzung und -diagnose kommen, wenn die Anamnese deutlich in eine andere Richtung zeigt und nicht alle diagnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

Sicherlich hat sich der Hausarzt zu fragen, warum er nicht an den Blutzucker gedacht hat.

Ganz sicher hat sich aber auch der Notarzt die gleiche Frage gestellt, wenn auch spät. Das Vertrauen darauf, dass ein Kollege wahrscheinlich zuvor schon alles berücksichtigt und unternommen hat, kennzeichnet einen Mangel an Professionalität. Der Notarzt hätte nach dem Blutzuckerspiegel fragen müssen! Von ihm ist zu erwarten, dass er die einfache und zudem leitliniengestützte Maßnahme nicht übersieht.

Fehler und Gefahren

Von Seiten des Hausarztes

 Orientierung an bisherigen Diagnosen.

 Nichtbeachtung der Regel, bei jedem bewusstseinsgetrübten Patienten den Blutzucker zu bestimmen.

 Unzureichende Übergabe.

Von Seiten des Notarztes

 Leichtfertiges Vertrauen darauf, alles Notwendige sei erledigt.

 Übernahme eines Patienten, ohne hinreichend Informationen zu erfragen.

 Keine sofortige Überprüfung, ob bei einem bewusstseinsgetrübten Patienten auch der Blutzucker gemessen wurde.

 Keine Zuweisung eines Patienten mit V. a. Apoplex in eine Stroke Unit.

Fehlervermeidung

 Bei Bewusstlosigkeit immer Blutzuckerkontrolle.

 Übergabedaten nach festem Schema abfragen und sofort schriftlich fixieren.

 Zuweisung eines Patienten mit V. a. Apoplex in eine Stroke Unit.

77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin

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