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Druckinfusion

Der Rettungshubschrauber wird zu einem Verkehrsunfall nachalarmiert. Der ersteingetroffene Notarzt gibt Anweisung zur Versorgung einer jungen Frau, die sich außerhalb ihres mutmaßlichen Fahrzeuges befindet.

Bei der Untersuchung ist der GCS 3. Der Bodycheck ergibt keinen Hinweis auf eine erkennbare Verletzung. Die Atmung ist regelmäßig und suffizient, der Kreislauf ist bei einem Blutdruck von 110/60 mmHg und einer Herzfrequenz von 88/min stabil. Unter der Vorstellung eines isolierten Schädel-Hirn-Traumas wird die Patientin analgosediert, intubiert und beatmet. Es erfolgt die Verlegung in das nächstgelegene Krankenhaus der Maximalversorgung.

Während des Transportes wird die Patientin reanimationspflichtig und nach Eintreffen im Krankenhaus unter kontinuierlicher Herz-Druck-Massage in den Schockraum gebracht. Dort zeigt sich in der Echokardiographie eine massive Luftansammlung in allen vier Herzhöhlen. Unter weiter durchgeführter Herz-Druck-Massage erfolgt die Computertomographie zum Ausschluss einer intrakraniellen Verletzung. Daraufhin wird die Patientin in die Kardiochirurgie verlegt, um die kardiale Luftansammlung zu entlasten. Im weiteren Verlauf gelingt der Abgang von der Herz-Lungen-Maschine wegen Herz-Rhythmus-Störungen erst nach wiederholten Versuchen. Schließlich kann der Eingriff erfolgreich zu Ende geführt werden, und es erfolgt die Verlegung auf die Intensivstation. Die Patientin verstirbt nach drei Tagen, ohne jemals das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Hintergrund

Zunächst einmal stellt sich die Frage nach der Indikation für die Druckinfusion bei der äußerlich unverletzten Patientin und stabilen Kreislaufverhältnissen. Dennoch hatte der Notarzt im Hubschrauber die laufende Infusion als Druckinfusion fortgesetzt. Dabei war es unbemerkt zur Luftinfusion gekommen. Da bei Beginn der Druckinfusion bereits mehr als die Hälfte der Flüssigkeit infundiert war, befand sich in der Flasche eine entsprechende Menge Luft (geschätzte 200 bis 300 ml). Deren Infusion führte zum akuten Rechtsherzversagen. Durch die suffizient durchgeführte Herz-Druck-Massage wurde dann am rechten Herzen ein ausreichend hoher Druck aufgebaut, um eine Luftpassage bei persistierendem Foramen ovale und somit den direkten Übertritt der Luft in den großen Kreislauf zu ermöglichen. Die darauf folgende Verteilung der Luftbläschen in die Organe ist unberechenbar und führt zu arteriellen Embolien. In diesem Fall war wahrscheinlich die Luft im Koronarsystem verantwortlich für die beschriebenen Herzrhythmusstörungen.

Inwieweit das Unfallereignis für das initiale Koma verantwortlich war, bleibt unklar.

Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zur Luftinfusion, ist die Indikation zur hyperbaren Oxygenierung (HBO) gegeben. Im beschriebenen Fall wurde dagegen nach erfolgreicher chirurgischer Luftevakuation aus den Herzhöhlen auf eine adjuvante HBO verzichtet.

Fehler und Gefahren

Beim Volumenmangelschock kann gelegentlich trotz ausreichend großer Venenverweilkanülen (empfohlen sind 16 G) nicht ausreichend Volumen mittels Schwerkraftinfusion zugeführt werden. Dies ist z. B. im Hubschrauber der Fall, wo aufgrund des niedrigen Raumes die Infusion nicht in ausreichender Höhe angebracht werden kann. Alternativ wird dann die Druckinfusion vorgenommen.

Werden hierbei Flüssigkeiten in Plastikflaschen verwendet, ist zu beachten, dass diese (herstellerbedingt) ca. 100 ml Luft enthalten können. Dieser Luftanteil kann im Rahmen einer Druckinfusion akzidentell infundiert werden.

 An Stelle der Plastikflaschen sollten daher im Notfalldienst ausschließlich luftfreie Infusionsbeutel verwendet werden, da der Luftanteil hier nur wenige Milliliter beträgt.

Fehlervermeidung

 Ist bei Volumenmangelschock eine Druckinfusion erforderlich, sollten nur luftfreie Infusionsbeutel verwendet werden.

 Die Indikation zur Druckinfusion muss streng gestellt werden und sollte nur unter kontinuierlicher Beobachtung von Patient und Infusion erfolgen.

 Werden ausreichend großvolumige Gefäßzugänge gelegt, erübrigt sich oftmals die Notwendigkeit einer Druckinfusion.

77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin

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