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DAS STUDIUM IN DER NATUR – AUGUSTIN-PYRAMUS DE CANDOLLE

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Ein Student, der in den vollen Genuss dieser neuen Bildungsform im Museum, im botanischen Garten und auf Exkursionen kam und diese schätzen lernte, war der Genfer Augustin-Pyramus de Candolle.15 Die von ihm selbst verfasste und durch seinen Sohn beendete Biografie gibt einen Einblick in das Leben eines Naturforschers um 1800. Sie macht auch sichtbar, welche Personen in dieser Zeit Naturforschung betrieben und an welchen Orten sie dies taten.16 De Candolle wurde am 4. Februar 1778 in Genf als Sohn eines wohlhabenden Bankiers geboren. Er besuchte das Gymnasium und erste Kurse an der Akademie, der späteren Universität Genf. Sein Interesse galt zunächst vor allem der Literatur, ehe er im Frühling 1794 einen Kurs in Botanik «in einem äusserst bescheidenen Garten» der Genfer Société de physique et d’histoire naturelle besuchte.17 Diese Gesellschaft war 1791 vom Apotheker und Naturforscher Henri-Albert Gosse als Société des Naturalistes mit dem Ziel der Förderung der Naturwissenschaften gegründet worden. In seiner Biografie schrieb de Candolle, dass er bei Wanderungen während der Sommerferien im Juragebirge bemerkt habe, dass ihm kein einziger Name einer Pflanze bekannt war. Daraufhin habe er den Entscheid gefasst, zumindest die Namen der Pflanzen zu studieren. Sein neues Interesse an der heimischen Flora konnte er mit seinen Schulfreunden Jean-Pierre Pictet (1777-1857), Sohn des Geografen und Astronomen Jean-Louis Pictet, und dem an naturhistorischen Themen ebenfalls interessierten späteren Geschichtsprofessor und Statistiker Jean Picot (1777-1864) teilen. Beide wohnten in der Nachbarschaft von de Candolles Elternhaus und stammten ebenfalls aus wohlhabenden Familienverhältnissen. Ihr privilegierter sozialer Status erlaubte es den jungen Naturforschern, ihrer Neugierde und ihren Interessen ohne konkrete berufliche Aussichten nachzugehen, denn Naturforschung war kein Beruf, mit dem sich Geld verdienen liess.

1797 besuchte der französische Geologe Déodat Gratet de Dolomieu (1750-1801) die Stadt Genf. Die Eltern von Pictet und Picot baten Dolomieu, die Söhne nach Paris mitzunehmen. Sie luden de Candolle ein, ebenfalls an der Reise teilzunehmen. Im November erreichten sie Paris. Da im Winter keine Vorlesungen in Botanik stattfanden, besuchten die drei Freunde verschiedene Vorlesungen in Physik, Chemie, Mineralogie, Anatomie und Zoologie. Bei der Rückkehr nach Genf 1798 fasste de Candolle den Entschluss, Medizin zu studieren. Er stand, wie er selbst sagte, vor der Wahl zwischen Göttingen und Paris, wobei seine Unkenntnis der deutschen Sprache die Wahl auf Paris fallen liess. Von Paris aus unternahm er bereits im Herbst 1798 eine Exkursion in die Normandie. Zum ersten Mal an der Atlantikküste, unterliess es de Candolle nicht, möglichst alles an zoologischem und botanischem Material zu sammeln, was er finden konnte. Sein Vorhaben, eine ganze Sammlung von Fischen, die er bei den Fischern zusammenkaufte, in einem Fass voller Weingeist mit nach Paris zu nehmen, scheiterte, da sich irgendwelche anderen Tiere an den Fischen gütlich taten und diese vollständig zerbissen.18 In der Zwischenzeit wurde seine Heimatstadt von Frankreich annektiert. Zurück in Paris, erfuhr de Candolle, dass die neue französische Regierung in Genf eine zentrale Schule für das Departement Léman einzurichten gedachte. Als Professor für Naturgeschichte sah man den gerade einmal 20-jährigen de Candolle vor. Für den Unterricht sollte er ein eigenes naturhistorisches Museum aufbauen und sich dafür aus den Doubletten des Museums in Paris bedienen. Mit grossem Eifer ging er dieser Aufgabe nach und stellte eine reichhaltige Sammlung zusammen, die er nach Genf schickte. Die Sammlung von wissenschaftlich unschätzbarem Wert kam zwar in Genf an, sollte jedoch nie ihren Bestimmungszweck erfüllen. Wie das gesamte Schulprojekt fiel sie den politischen Wirren am Ende der Helvetik zum Opfer, wurde geplündert und zerstreut. Als er knapp 20 Jahre später nach Genf zurückkehrte, fand er nur noch ein misshandeltes ausgestopftes Zebra vor.19

Die Zeit der Napoleonischen Kriege nach 1803 verbrachte de Candolle mit weiteren Studienaufenthalten in Holland und England. 1807 wurde er zum Professor für Botanik an der Universität in Montpellier berufen. Dort legte er eine umfangreiche und systematische Studiensammlung an. Im Bereich der Naturforschung verpasste de Candolle nicht viel in seiner Heimat. Zwischen 1800 und 1815 lassen sich, abgesehen von Bern, nur indirekt Aktivitäten an den Schweizer Hochschulen in Bezug auf die Naturwissenschaften feststellen. Die Professoren waren mehr mit politischen Debatten zu einer gesamtschweizerischen Bildungsreform beschäftigt oder allgemein damit, den schweizerischen Staat in eine funktionierende Form zu bringen.

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