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WETTERDATEN IN DER ZEITUNG: «PERLEN VOR DIE SÄUE GEWORFEN»

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Brügger folgte in seiner Zielsetzung der Auffassung des deutschen Forschungsreisenden Alexander von Humboldt, wonach «mittlere Zahlenwerthe der letzte Zweck» waren.8 Er strebte also eine langjährige statistische Erfassung von Wetterzuständen an, um das Bündner Klima gründlich zu erforschen. Brügger erhielt für sein Projekt Zuspruch von namhaften Wissenschaftlern. Der in Russland lehrende Ludwig Friedrich Kämtz – er gilt als Mitbegründer der modernen Meteorologie – bereiste 1858 die Schweiz und sprach voller Lob über das Bündner Netz.9 Auch Bernhard Studer, Geologieprofessor in Bern, verhiess Brügger, sein meteorologisches Netz werde «höchst ehrenvoll anerkannt werden».10 Klimastatistik, wie sie Brügger betrieb, war in der Meteorologie der 1850er-Jahre die dominierende Forschungsrichtung. Die Wetterprognostik sollte sich erst rund 20 Jahre später etablieren.11 Brügger beschäftigte sich also ausschliesslich mit bereits vergangenem Wetter. In den «Rheinquellen» publizierte er täglich seine eigenen Temperaturmessungen vom Vortag.12 Im Juni 1858 liess sich die Tageszeitung auf das Experiment ein, die Temperaturmessungen von 20 Stationen jeweils am Folgetag zu publizieren.13 Die teilnehmenden Beobachter erhielten dazu Postkarten, die sie nach der Messung am Mittag ausfüllten und mit der «Nachmittags-Post» nach Chur sandten.14 Obwohl die Übermittlung der Daten in den meisten Fällen gelang, wurden diese «Tagesberichte der freiwilligen Stationen für Witterungskunde von und für Bünden» nicht weitergeführt. Auch die Zusammenarbeit mit dem «Bündnerischen Monatsblatt» erwies sich nicht als dauerhaft. Brügger hatte seinen Korrespondenten versprochen, dass die rechtzeitig zugesandten Beobachtungen in der Monatszeitschrift publiziert würden.15 Ab Januar 1858 erschien dann auch unter der Rubrik «Chronik» jeden Monat eine ganzseitige Zusammenstellung der meteorologischen Aufzeichnungen. Doch bereits nach sechs Monaten wurden diese Tabellen wieder aus dem Heftinhalt gestrichen. Agostino Garbald, Zolldirektor in Castasegna an der schweizerisch-italienischen Grenze und meteorologischer Beobachter, machte für den Publikationsstopp das mangelnde Interesse des Lesepublikums verantwortlich:


Abb. 2: «Perlen vor die Säue geworfen»: Das öffentliche Interesse an Brüggers Wetterdaten hielt sich in Grenzen. Tabelle aus dem «Bündnerischen Monatsblatt», 5. 5. 1858.

«Wer nicht halb oder wenigstens viertels Meteorologe ist, interessiert sich für die Sache gar nicht; ganz vernünftige und auch ordentlich gebildete Leute fragen nicht selten, was solche Beobachtungen nüzen, und aus ihrem spöttischen Lächeln und mitleidigen Achselzukken nimmt man wahr, dass sie Einen, wenigstens in dieser Beziehung, für einen Halbnarren haben. Es ist sich demnach nicht zu verwundern, dass solche Leute die meteorologischen Beobachtungen nicht würdigen, und jede Zeile bedauern, die dieselben dem Zeitungsklatsche entrükken. Wir haben Perlen vor die Säue geworfen.»16

Es war also nicht gelungen, die Leserschaft von der Wichtigkeit der meteorologischen Beobachtungen zu überzeugen. Auch Brüggers Argument, dass die Landwirtschaft von der Kenntnis des lokalen Klimas profitieren würde, vermochte das Interesse nicht zu steigern.17 Mit aufklärerischem Enthusiasmus hoffte Brügger indes weiter darauf, dass aus jedem «Saulus noch ein Paulus der Meteorologie» würde.18

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