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SAMMELN FÜR EINEN HÖHEREN ZWECK

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Seit den 1820er-Jahren gelangten in praktisch allen grösseren Städten der Schweiz, die über entsprechende Hochschuleinrichtungen verfügten, private Sammlungen von Naturgegenständen in universitären Besitz, wo sie auch im Unterricht eingesetzt wurden. Damit hatte sich das Modell der Sammlung als Forschungsinstrument und Lehrmittel vollständig etabliert. Die wissenschaftlichen Museen waren aber noch keine öffentlichen Bildungsinstitutionen, wie man sie heute kennt. So war der Besuch der Sammlungen für die Öffentlichkeit zu Beginn in Genf nur am Dienstagnachmittag, in Basel am Sonntagnachmittag möglich. Während der restlichen Zeit waren sie den Professoren und Studierenden vorbehalten. Man war sich aber durchaus des Potenzials bewusst, das die Museen als öffentliche Bildungsinstitutionen besassen. Karl Friedrich Meisner beschrieb den Zweck des Museums der Naturgeschichte in Bern folgendermassen:

«Naturalienkabinette können – so wie überhaupt Sammlungen jeder Art – nur einen vernünftigen Zweck haben: Aufmunterung zum Studium der gesammelten Gegenstände und Belehrung. Man bringt eine Menge Gegenstände der Natur zusammen, stellt sie nebeneinander in einer gewissen Ordnung auf, bezeichnet sie mit Namen, Aufenthalts- und Fundort u.s.w. Warum? Es lässt sich kein anderer vernünftiger Zweck denken, als dieser: durch die Aufbewahrung und Aufstellung einer Reihe von Naturprodukten hier und da die schlafende Neigung zur Naturgeschichte zu wecken und ihr gleichsam den ersten Stoss zu geben sich zu regen; dem Ungelehrten wie dem Gelehrten Gelegenheit zu verschaffen, durch Anschauung und Vergleichung ihre Begriffe zu berichtigen und ihre Kenntnisse zu bereichern.»28

Mit der Zusammenführung der Sammlungen und ihrer Eingliederung in die wissenschaftliche Lehre und Forschung entstanden die neuen Zentren der Naturforschung, in denen das Wissen über die Natur nicht nur geschaffen und gespeichert, sondern auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde. Gerade für die Etablierung der naturwissenschaftlichen Disziplinen wie Biologie, Geologie oder Anthropologie spielten die Museen und botanischen Gärten als Forschungs- und Lehranstalten eine zentrale Rolle. Hier versuchten Naturforschende wie de Candolle mit ihren Klassifikations- und Ordnungsmustern, nach denen sie die Naturgegenstände aufstellten, die Natur im wahrsten Sinn des Wortes in Ordnung zu bringen. In zunehmendem Mass dienten sie ebenso dazu, die Naturphänomene einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und anhand der ausgestellten Dinge zu veranschaulichen.29 Durch den neuen Wissensraum Museum gelangte die Natur direkt ins Zentrum des bürgerlichen Lebens, nämlich in die Städte. Die Ausstellungen regten zur Reflexion über das Verhältnis der Menschen zur Natur an. Beim Anblick der Objekte in den naturhistorischen Museen und den botanischen Gärten sahen sich Forscher wie Besucher mit existenziellen Fragen konfrontiert: Wie entstand die Erde, wie entwickelten sich die verschiedenen Arten, woher kommt der Mensch? Durch die zunehmende Öffnung der wissenschaftlichen Sammlungen zur Mitte des 19. Jahrhunderts konnten Bürgerinnen und Bürger aktiver an der Verhandlung dieser Fragen teilnehmen, nicht nur indem sie den Forschungsanstalten eigene Sammlungsobjekte zur Verfügung stellten, sondern auch indem sie ihre eigenen Beobachtungen oder Ansichten über die Natur mitteilten.30 Naturforschung war nicht mehr die private Angelegenheit einzelner wohlhabender Bürger, sondern öffnete sich nun dem städtischen und bildungsbürgerlichen Publikum. Dieses musste nun keine weite Reise auf sich nehmen, sondern die Natur wurde ihm sozusagen direkt vor der Haustüre in wohlgeordneter Form präsentiert. Die Museen oder botanischen Gärten bildeten eine Plattform zur Generierung und Verhandlung neuen Wissens über die Natur.31 Und mit diesem Wissen, das den Menschen fernab der Natur vor Augen geführt wurde, begannen sie die Natur mit anderen Augen zu sehen.

Die Naturforschenden

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