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Demografischer und sozialer Wandel

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Der Anteil von Industrie und Gewerbe an der Beschäftigung34 lag 1920 in Zürich mit 44 Prozent im schweizerischen Durchschnitt; allerdings standen mehrere Fabriken im damaligen Vorort Oerlikon. Typisch war demgegenüber die starke Stellung des Handels und der übrigen Dienstleistungen, womit auch der wachsende Anteil der Angestellten zusammenhing. In den Banken arbeiteten wenige tausend Personen. Im Lauf des Jahrzehnts entwickelte sich indessen das internationale Geschäft neu, darunter die Platzierung von Anleihen wie auch die Vermögensverwaltung. Nicht zu vergessen ist die Versicherungsbranche, die sich weitgehend auf Zürich konzentrierte.

Die Stadt war ein Anziehungspunkt, die Bewegung ging aber in beide Richtungen. Zu- und Wegzüge machten mindestens in einzelnen Jahren je rund ein Fünftel der Bevölkerung aus.35 Im ganzen Kanton lebten 1920 nur noch dreissig Prozent der Einwohner in ihrer Heimatgemeinde.36 Besonders über das Lehrerseminar und die Universität gelangten Nichtstadtzürcher auch in höhere Positionen, wie nicht zuletzt die Zusammensetzung des Stadtrats illustriert.37 Geringer als die geografische war die soziale Mobilität; die Gesellschaft war fragmentiert. Die Angestellten brachten allerdings eine gewisse Dynamik ins Gefüge.38 Der demografische Wandel war in der Stadt rascher als auf dem Land. Im deutlichen Sinken der Geburtenrate sah der damals in den Stadtrat gewählte Arzt Hermann Häberlin 1920 eine Gefahr für die «Rassenhygiene».39 Als Faktoren nannte er die Verhütung, ein höheres Heiratsalter und die häufigere Ehelosigkeit von Frauen; als Gegenmittel postulierte er mehr «wirtschaftlichen Schutz der Familie in jeder Beziehung». In Veränderung waren letztlich Werthaltungen, indem etwa der Konsum mehr Gewicht erhielt (Häberlin sprach von «Ansprüchen eines übertriebenen Lebensgenusses»). Demgegenüber propagierte wenig später das sozialistisch engagierte Ärztepaar Fritz und Paulette Brupbacher-Raygrodski die Sexualaufklärung und die bedingte Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.

Die Berufsarbeit von Frauen war von gegenläufigen Tendenzen beeinflusst: vom Rückgang der Beschäftigung in der Textilindustrie und vom Wachstum des Dienstleistungssektors, vom Ideal der häuslichen Mutter und vom Streben nach Selbstständigkeit. 1920 waren nur 19 Prozent der verheirateten, verwitweten und geschiedenen Frauen erwerbstätig, nach einer anderen Quelle machten weibliche Beschäftigte fast vierzig Prozent aus.40 Von beruflicher Aufwertung zeugen etwa die 1920 gegründete Soziale Frauenschule (für freiwillige und besoldete «Hilfskräfte»), die Schaffung der Schweizerischen Zentralstelle für Frauenberufe (1923) und der Wohnkomplex «Lettenhof» für erwerbstätige, alleinstehende Frauen.41 1920 wurden die ersten zwei reformierten Theologinnen ordiniert. Doch der Beschluss der Synode, Frauen zum vollen Pfarramt zuzulassen, wurde von der Regierung nicht genehmigt; denn er falle nicht in den Autonomiebereich der Kirche, sei vielmehr vom Gesetzgeber zu treffen. Das Bundesgericht schützte den Regierungsentscheid.42


Erstes öffentliches Konzert des Kammerorchesters Zürich zusammen mit dem Kinderstreichorchester Zürich, am 24. März 1920 im Kaufleuten.


Das 1917 von Alexander Schaichet gegründete Kinderstreichorchester Zürich.

Mitglieder des Kammerorchesters Zürich, 1922, von links nach rechts: vorne (am Boden) Jacob Fegel, Israel Felizian, Ruth Bircher, Else Stüssi, Hela Jamm. Sitzend: Lucie Bernhard, Mascha v. Monakow, Martha Fortner, Alexander Schaichet, Oskar Mertens, Martha (May) Füchslin. Stehend: Fritz Stüssi, Regina Schein, Fredy Hotz, Gertrud Goos, Anton v. Schulthess, Bettina Zweifel (später Geigerin und Ehefrau von Meinrad Inglin), Walter Mertens, Edith Vogt, Joachim Ernst, Hans Dreifuss, Ernst Züblin, Willy Bircher, Hans Ebner, Marga Donati, Hans Pruppacher, Annie van der Meulen.

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