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1.1Therapie und Beratung als systemische Praxis 1.1.1Systemische Therapie als transdisziplinäres und multiprofessionelles Konzept

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Tom Levold

Ein Lehrbuch Systemische Therapie und Beratung ist heute nicht mehr so selbstverständlich wie noch vor wenigen Jahren. Der Abstand zwischen den Begriffen der Therapie und der Beratung im systemischen Feld vergrößert sich aufgrund der fach- und berufspolitischen Entwicklungen. Das Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes 1999, das den Berufsstand des »Psychologischen Psychotherapeuten« geschaffen (und damit die bereits in den Richtlinienverfahren vollzogene Ausschließung von Nichtpsychologen von einer psychotherapeutischen Ausbildung sanktioniert) hat, ist ein weiterer problematischer Schritt in Richtung einer berufsständischen Professionalisierung von Psychotherapie (s. u.), die dem systemischen Grundgedanken entgegenläuft. Zudem wurde mit der gesetzlichen Beschränkung auf sogenannte wissenschaftlich fundierte Therapieverfahren das breite Spektrum der Psychotherapie zunächst auf die Anwendung der im kassenfinanzierten Versorgungssystem etablierten Verfahren, nämlich Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, reduziert. Dies führte seitens der systemischen Verbände zu Bemühungen, die systemische Therapie berufsrechtlich und sozialrechtlich (als Richtlinienverfahren) anerkennen zu lassen. Mit der Anerkennung der systemischen Therapie als wissenschaftlich fundiertes Verfahren (Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie 2008) ist der erste Schritt bereits vollzogen. An approbationsrelevanten Ausbildungscurricula werden aber auch hier nur Psychologinnen und Psychologen teilnehmen können. Zukünftig sind daher Szenarien denkbar, in denen unterschiedliche Curricula in systemischer Therapie für Psychologen und Nichtpsychologen angeboten werden.

Parallel zu diesen Entwicklungen sind in den vergangenen Jahren erhebliche Aktivitäten seitens vieler Beratungsverbände festzustellen, die auf die Professionalisierung des unüberschaubaren Feldes der Beratung abzielen (Zwicker-Pelzer 2008a) und Beratung »aus dem Schatten des historisch therapeutisch-orientierten Umfeldes« herausführen sollen (Zwicker-Pelzer 2008b, S. 226).

Trotz dieser primär berufs- und fachpolitisch motivierten Entwicklung existieren gute Gründe dafür, systemische Therapie und Beratung weiterhin in engem Zusammenhang zu betrachten. Der systemische Ansatz hat sich von Beginn an als ein transdisziplinäres und multiprofessionelles Projekt verstanden, in dem die Unterscheidung zwischen Therapie und Beratung eher pragmatisch gehandhabt wurde. Der grundlegende epistemologische Ansatz, das Verständnis von Problemlagen und Symptomen, die therapeutisch-beraterische Haltung und das Methodenrepertoire werden von beiden geteilt und richten sich an einen breiten Adressatenkreis. Entscheidend ist, wie diese Aspekte in den jeweiligen klinischen und nichtklinischen Kontexten eingesetzt werden.

Systemische Therapie und Beratung – das große Lehrbuch

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