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Einrichtungsübergreifende Mitbestimmung in der katholischen Kirche Einführung in das neue Recht der (erweiterten) Gesamtmitarbeitervertretungen (§ 24 MAVO) Martin Fuhrmann
Оглавление„Papst Johannes Paul II. hat in seiner Enzyklika Centesimus annus die Mitarbeiter eines Wirtschaftsunternehmens als ‚das kostbarste Vermögen des Unternehmens‘ und den entscheidenden Produktionsfaktor bezeichnet. Wenn das schon für Wirtschaftsunternehmen gilt, die Güter und Dienstleistungen produzieren, um wie viel mehr für Unternehmen der Kirche, die immer ein Stück Auftrag der Kirche zu verwirklichen haben, was nur durch Personal und personale Beziehungen möglich ist. […] Für alle Dienste und Einrichtungen in Pastoral, Bildung und Caritas müssen die Menschen, für die wir da sind, im Mittelpunkt stehen. Genauso wichtig ist allerdings, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Dienste leisten, im Mittelpunkt der Sorge und Verantwortung der verantwortlichen Träger und Leitungen stehen müssen. Die MAVO wird meines Erachtens dem Anspruch des päpstlichen Wortes gerecht, auch wenn sie in Zukunft ständig weiter entwickelt werden muss. Aber entscheidend ist nicht das Recht, sondern die Wirklichkeit, der Alltag in unseren Diensten und Einrichtungen, und da gibt es zweifellos neben viel Licht auch manchen Schatten. Für mich waren die Informations- und Beteiligungsrechtrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie sie die MAVO formuliert, nicht das Maximum oder Optimum, was man als Dienstgeber gewährt, sondern die Grundlage, auf die man sich in strittigen Situationen verständigen kann. Aber so lange es keinen Streit gibt, so lange man nicht völlig überzogene Forderungen abwehren muss, sollte man weitergehender als die Ordnung es vorsieht informieren und beteiligen.“1
Mit diesen Worten hat Norbert Feldhoff 2011 in einem Vortrag anlässlich eines Studientags der DiAG MAV in Bad Honnef sein Grundverständnis zum kirchlichen Betriebsverfassungsrecht umrissen. In dieser Rede rekurrierte er – mit durchaus kirchenkritischem Hintersinn – zunächst auf die schwierige Genese der Mitarbeitervertretungsordnung in der Katholischen Kirche und verwies beispielhaft für den steinigen Weg der Kirche in eine christliche Partizipationskultur auf die sehr kontroversen Diskussionen um die Einführung des Informationsrechtes in wirtschaftlichen Angelegenheiten (§ 27a) im Verwaltungsrat des Verbandes der Diözesen Deutschlands im Jahr 2003. Konnte damals die Einführung eines Beteiligungsrechts in wirtschaftlichen Angelegenheiten nach lebhafter Kontroverse nur gegen erhebliche Widerstände mit einer „sehr knappen Mehrheit“ durchgesetzt werden, stieß die vorläufig letzte große Reform des Mitarbeitervertretungsrechts am 19. Juni 2017, die eine Stärkung der Beteiligungsrechte der Mitarbeitenden in wirtschaftlichen Angelegenheiten zum Ziel hatte, auf verhältnismäßig wenig Widerstand in den Gremien des Verbandes. Die Idee der partnerschaftlichen Partizipation hat sich im Laufe der Zeit offenbar bewährt, sie hat Freunde gefunden, sie ist ein Signum unserer Zeit geworden und da Christen immer auch Kinder ihrer Zeit und ihrer Welt sind, bleibt es nicht aus, wie Feldhoff zutreffend bemerkt, dass die vorherrschenden Strömungen der Zeit das kirchlich Leben beeinflussen und prägen – in positiver wie in negativer Hinsicht.
Das Herzstück der letzten MAVO-Reform war die Überarbeitung des Rechts der Gesamtmitarbeitervertretungen (§ 24). Nachfolgend werden die wesentlichen Motive des kirchlichen Gesetzgebers analysiert, die wichtigsten Elemente der Neuregelung beleuchtet sowie einige ausgewählte Streitfragen aus der Praxis erörtert.