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I. Hintergründe und Leitmotive

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Nach altem Recht konnte eine Gesamt-MAV (GMAV) bzw. eine erweiterte Gesamt-MAV (eGMAV) nur dann gebildet werden, wenn der Dienstgeber und alle Mitarbeitervertretungen darüber Einvernehmen erzielt hatten. Es galt das Einstimmigkeitsprinzip. Durch den Widerspruch einer Mitarbeitervertretung und/oder des Dienstgebers konnte die Bildung einer zweiten Mitbestimmungsebene verhindert werden. Damit nahm die Bildung eines einrichtungsübergreifenden Repräsentationsorgans im katholischen Mitarbeitervertretungsrecht eine Sonderstellung ein: Im Anwendungsbereich des BetrVG ist ein Gesamtbetriebsrat zwingend zu errichten, wenn in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte bestehen (§ 47 BetrVG). Auf den Willen des Arbeitgebers kommt es genauso wenig an wie auf den Willen der Betriebsräte, weil die Bildung des Gesamtbetriebsrats obligatorisch ist. Auch im Anwendungsbereich des Bundespersonalvertretungsrechts ist ein Gesamtpersonalrat zu bilden, wenn die Mehrheit der wahlberechtigten Beschäftigten einer Nebenstelle oder eines Teils der Dienststelle deren Verselbständigung beschließt (§§ 55 i. V. m. 6 Abs. 3 BPersVG). Das MVG.EKD kombiniert diese beiden Modelle: Es sieht vor, dass dort, wo mehrere Mitarbeitervertretungen bestehen, eine GMAV zu gründen ist, wenn die Mehrheit der Mitarbeitervertretungen dies beantragt (§ 6 MVG.EKD). Um Gesamtmitarbeitervertretungen auch in kirchlichen Holding- und Konzernstrukturen zu ermöglichen (also bei mehreren Rechtsträgern innerhalb eines Unternehmensverbundes), sieht die MVG.EKD die Bildung einer Gesamt-MAV im Dienststellenverbund (§ 6a) vor.

Die Neuregelung in der MAVO verfolgt den Zweck, den zweistufigen Aufbau der mitarbeitervertretungsrechtlichen Repräsentationsorgane bei einem kirchlichen Dienstgeber (Abs. 1) oder bei mehreren kirchlichen Rechtsträgern (Abs. 2) zu erleichtern und zu fördern. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in größeren kirchlichen Unternehmen mit mehreren Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1, wichtige, die Dienstnehmer betreffende Entscheidungen, oftmals nicht auf der Einrichtungsebene, sondern auf der Ebene der Unternehmensleitung getroffen werden. Damit reagiert der kirchliche Gesetzgeber auf die veränderten ökonomischen und strukturellen Rahmenbedingungen in der kirchlichen Arbeitswelt, denn die Zunahme von Fusionen und Kooperationen verlagert immer mehr Entscheidungen von der Einrichtungs- auf die Unternehmensebene. Dementsprechend ist es nur konsequent, wenn die Vertretungsorgane der Dienstnehmer auf derselben Organebene – gewissermaßen als soziales Gegenstück zur Unternehmensleitung – angesiedelt werden (Mitbestimmungsebene folgt der Entscheidungsebene).

Die Stärkung der zweiten Mitbestimmungsebene soll dazu beitragen, einrichtungsübergreifendes, gesamtunternehmerisches Denken bei Leitungen und in der Mitarbeiterschaft zu fördern. GMAVen und eGMAVen sichern die Transparenz im Unternehmen; ihre Arbeit dient dazu, Mitarbeiterinteressen zu bündeln, MAV-Tätigkeiten sinnvoll zu koordinieren und etwaige kollidierende Interessen auszugleichen. Auch aus Dienstgebersicht bringt die Stärkung der einrichtungsübergreifenden Mitbestimmungsebene Vorteile: Gerade bei fusionierten Unternehmen oder in größeren Einrichtungsverbünden kann sie dazu beitragen, einheitliche Arbeitsbedingungen, Werte und „Spielregeln“ zu implementieren und dadurch das Zusammengehörigkeitsgefühl in räumlich oft dezentral verorteten Belegschaften zu stärken. Außerdem lassen sich durch einrichtungsübergreifende Vertretungsorgane Ressourcen sparen, weil mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Einrichtungen desselben Trägers betreffen, nur einmal auszuhandeln und zu beschließen sind.

Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft

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