Читать книгу Praxishandbuch Altersmedizin - Группа авторов - Страница 133

5.10.2 Generativität

Оглавление

Für die Entwicklung im Erwachsenenalter und Alter ist charakteristisch, dass oberflächliche soziale Beziehungen aufgegeben und Beziehungen, die subjektiv als bedeutsam gewertet werden, vermehrt angestrebt und gepflegt werden. Die darin zum Ausdruck kommende soziale Neuorientierung wird – nicht zuletzt, weil sie in der Regel auch mit einer höheren Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, einhergeht – in der Entwicklungspsychologie mit dem Begriff der Generativität umschrieben. Im Verständnis von Erikson bezieht sich Generativität auf eine durch die beiden Pole schöpferische Tätigkeit vs. Stagnation gekennzeichnete Thematik. Bereits Erikson (Erikson 1959) verwies auf die Nähe zu Begriffen wie Produktivität und Kreativität. McAdams und St. Aubin (1992) haben ein umfassendes Verständnis von Generativität vorgeschlagen, das insbesondere davon ausgeht, dass sich diese zum einen im Zusammenwirken von Person und Gesellschaft realisiert, zum anderen auf unterschiedlichen Ebenen – Motivation, Anliegen, Deutungen, Pläne, Verhalten, Sinnerleben – widerspiegelt.

Inwiefern generative Anstrengungen als im Einklang mit der persönlichen Lebensgeschichte, dem jeweiligen sozialen Umfeld wie auch mit Gesellschaft und Kultur insgesamt erlebt werden, welche Formen von Generativität für die Zukunft angestrebt werden, ist Teil eines Generativitätsskripts (McAdams et al. 1997). In diesem spiegelt sich das Vertrauen darauf, durch das eigene Leben auch etwas Bleibendes geschaffen zu haben, bzw. darauf, dass auch nach dem Ende des eigenen Lebens zumindest ein Teil von einem selbst weiter Bestand haben wird. Ein Engagement im öffentlichen Raum wird von den meisten älteren Menschen als eine Quelle subjektiv erlebter Zugehörigkeit wie auch von Sinnerleben, von positiven Gefühlen, von Lebensqualität verstanden (Kruse 2017). Nicht allein die soziale Integration ist für alte Menschen bedeutsam, sondern auch ein über dieses hinausgehende Engagement, die Übernahme von Verantwortung für andere Menschen.

Generativität resultiert zum einen aus gesellschaftlichen Erwartungen, Anforderungen und Rollen, zum anderen aus individuellen Motiven, die im Laufe des Erwachsenenalters an Bedeutung gewinnen und auch für Fragen nach persönlicher Identität und dem Sinn des Lebens im Alter bedeutend bleiben. Hier ist vor allem das Bedürfnis, von anderen Menschen gebraucht zu werden, wichtig, wie auch der Wunsch nach »symbolischer Unsterblichkeit«, d. h. der Wunsch, etwas zu schaffen, was auch nach dem Ende des eigenen Lebens Bestand hat. Dieser Wunsch drückt sich vor allem in der Weitergabe materieller und immaterieller Ressourcen an die nachfolgenden Generationen aus. Durch diese Weitergabe möchte das Individuum auch einen Beitrag zum Bestand und zur weiteren Entwicklung der Gesellschaft leisten. Dieses Verständnis von Generativität wird durch die Befunde einer internationalen Vergleichsstudie gestützt, die im Jahre 2011 durchgeführt wurde; an dieser Studie haben ca. 3.300 Personen im Alter zwischen 59 und 108 Jahren teilgenommen. In den drei Ländern (Mexiko, Deutschland, Spanien) erwies sich übereinstimmend die Ausprägung von Generativität als hochbedeutsame Einflussgröße von Lebenszufriedenheit und Optimismus. Die gesundheitliche, finanzielle und familiäre Situation der Studienteilnehmer hatte bei Weitem nicht diesen Einfluss (Schmitt 2013).

Praxishandbuch Altersmedizin

Подняться наверх