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Agency und ihr soziologischer Ursprung

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Der Ansatz von Agency als Handlungsbefähigung von Individuen in größeren sozialen Systemen findet bei Alfred Schütz, Max Weber oder Talcott Parsons, bei Pierre Bourdieu, Anthony Giddens oder Michel Foucault Beachtung. Er stellt ein zentrales Moment in der soziologischen Handlungstheorie dar. In weitgehender Übereinstimmung lässt sich Agency dabei als die grundlegende Befähigung beschreiben, Handlungen auszuüben, während der Prozess der Handlung selbst (»action«) sich davon unterscheidet. Agency ist hier deswegen so zentral, da sie als das Moment betrachtet wird, durch das Individuen gesellschaftliche Transformationsprozesse anstoßen können. Doch trotz ihrer zentralen Stellung gilt Agency als eine »Blackbox«, da die konkreten Prozesse zwar theoretisch beschrieben, aber empirisch wenig untersucht worden sind.

Das dargestellte Spannungsfeld zwischen Aktivitäten und Handlungsmacht der Nutzer auf der einen und der strukturellen Macht der Medien auf der anderen Seite schließt an die Agency-Structure-Debatte der Soziologie an: Die Systemtheorien sind an der übergeordneten Gesellschaftsstruktur interessiert und wenden entsprechend eine Makroperspektive an. Doch lassen sich auch handlungstheoretische Konzepte ausmachen, die sich eher als Meso- bzw. Mikroperspektive beschreiben lassen und in denen das menschliche, soziale Handeln und damit auch die Kommunikationsprozesse im Fokus der Betrachtungen stehen. Lässt sich diese Aufteilung noch in der frühen Soziologie nachvollziehen, kann genau das Zusammenspiel von Struktur und Agency als das zentrale Anliegen der modernen soziologischen Forschung betrachtet werden. Der Ansatz von Anthony Giddens und seine »Strukturationstheorie« (Giddens 1984) stehen dabei exemplarisch für eine Reihe soziologisch-praxeologischer Ansätze, die erklären, wie sich das reziproke Gefüge von strukturierender Gesellschaft und individuellem Handeln ausgestaltet (siehe z.B. Bourdieu und Habitus, Foucault und Power/ Knowledge, Joas und Kreativität des Handelns). Von soziologischem Interesse ist es, herauszufinden, »how any habitus or structure can produce actions that fundamentally change it« (Ahearn 2001, S. 119) – wie also Strukturen Handlungen bedingen können, die das Potenzial haben, eben jene Strukturen zu verändern. Ohne Agency, so die grundlegende Annahme, sind weder Handeln selbst noch gesellschaftliche Transformationsprozesse möglich.

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