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Medien aus Sicht der Kritischen Theorie

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Vor allem in der (Medien-) Pädagogik sind bis in die achtziger Jahre die Medienanalysen und Medienthesen der Kritischen Theorie ebenso einflussreich gewesen wie Maletzkes Modell der Massenkommunikation. Horkheimer und Adorno diagnostizieren in ihren Thesen zur »Kulturindustrie« (1944; 1969) ein stark ungleichgewichtiges Verhältnis zwischen Medien und Publikum mit Abhängigkeiten und Bewusstseinsmanipulation der Rezipienten. Die industrielle Produktion von Kulturwaren kritisieren sie als anti-aufklärerisch, als Massenbetrug. Die Kulturindustrie spricht mit ihrem Medienbegriff eine »nach-autonome Kultur« an (Kausch 1988), die weder hohe Kunst noch Volkskunst ist, sondern prozessierende Medialität, die nach dem Muster reiner Vermittlung abläuft und einen innerhalb des Medialen nicht mehr aufzudeckenden »Verblendungszusammenhang« erzeugt (vgl. Halbach/Faßler 1998, S. 42).

Die Annahmen der Kulturindustriethese sind aus heutiger Sicht überholt (vgl. z. B. Vollbrecht 2001, S. 120 f.). Ein theoretischer Anschluss an die Fragestellungen der Kritischen Theorie ist in der von Prokop vertretenen »neuen kritischen Medienforschung« zu sehen. Unter Medien versteht Prokop ausschließlich »Massenmedien, und das sind populäre Inszenierungen aller Art – informierend wie unterhaltend –, die beim Publikum beliebt sind, sich gut verkaufen, hohe Einschaltquoten, Auflagen, Chartpositionen bringen« (Prokop 2000, S. 11).

Drei Merkmale sind nach Prokop (2001) für Massenmedien wesentlich:

»1. Medien im Sinne von Massenmedien gibt es nur dort, wo es große Publika gibt, die real oder potenziell als Öffentlichkeit agieren. Die großen Publika sind nicht die Medien, aber sie sind deren Voraussetzung. […]

2. Massenmedien gibt es nur, wenn spezielle öffentliche Anbieter vorhanden sind, die mit ihrem Angebot spezielle Interessen verfolgen: Repräsentanz von Macht, Propaganda, Profit, Aufklärung. Die Anbieter selbst sind keine Massenmedien, sondern deren infrastrukturelle Voraussetzung. […]

3. Massenmedien gibt es nur, wenn öffentlich präsentierte Produkte spezielle Inszenierungen anbieten. Diese Inszenierungen, wenn sie populär sind – d. h. bei Bevölkerungsmehrheiten beliebt sind, wahrgenommen, gekauft und debattiert werden – sind die eigentlichen Massenmedien« (Prokop 2001, S. 11 f.).

Abweichend vom Mainstream der Kommunikationswissenschaft fließen in diese Definition als Bestimmungsmomente von Massenmedien der Erfolg beim Publikum ebenso ein wie die Interessen der Anbieter und die Kopplung von Produkt und Konsumtion in der Inszenierung. Dagegen fehlt der Aspekt der technischen Vermittlung, sodass z. B. auch (erfolgreiche) Theater und Musicals als Massenmedien gefasst werden. Wesentlich ist bei Prokop der Fokus auf die Anbieterinteressen, die den »Medienkapitalismus« bzw. den »Kampf um die Medien« (so die beiden Buchtitel) letztlich entscheiden. Für ideologiekritische Analysen oder auch Polemiken ist dieser Medienbegriff wohl eher geeignet als für empirische Studien, denn schon durch die Kopplung des Medienbegriffs an den Publikumserfolg entfällt eine detailreiche Betrachtung der Medialität.

Qualitative Medienforschung

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