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5 Keine Vereinheitlichung, schon gar nicht eine einheitliche Theorie
ОглавлениеDie einzelnen Beiträge des Sammelbandes können keinem einheitlichen Schema folgen – zu unterschiedlich sind Sprachen und Kulturen. Es lässt sich auch nicht vermeiden, ja ist sogar interessant, dass verschiedene Autoren verschiedene Perspektiven haben. Rein äußerlich zeigt sich die Vielfalt schon in den unterschiedlichen Schreibweisen der Namen indigener Völker. Den Autoren gemeinsam ist aber, dass sie nüchtern auf die ethnographische, durch Feldforschung ermittelte Realität schauen und nicht auf die berauschende Entfaltung irgendwelcher Theorien. Natürlich lassen sich Fakten nicht ohne ein auf theoretischen Prämissen beruhendes Schema ordnen, natürlich kommen wir nicht ohne einen theoretischen Hintergrund aus, und natürlich müssen wir uns unserer Prägung durch verschiedene Schulrichtungen der Wissenschaft bewusst sein. Doch was wir nicht müssen, ist, unsere Theoriekenntnis so beweisen wie der Streber in einem Oberseminar, der zuerst mit einem theoretischen Überbau beginnt.
So folgen wir lieber dem Programm, das Francisco Gil in diesem Sammelband als Gewohnheit von Menschen in den Anden beschreibt:
Wenn die andinen Bevölkerungen (und ganz allgemein die indigenen Völker der Amerikas) Gedanken über ihre religiösen Praktiken äußern, so tun sie das meist mehr erzählend als aus Konzepten deduzierend.
Ebenso wenig empfanden wir bei der Ordnung unserer Fakten den erstsemestrigen Druck, die gerade allerneuesten theoretischen Ansätze nachzubeten. Wir scheuen uns nicht, Arbeiten zu nennen, die vor über fünf Jahren geschrieben wurden. Autoren wie Alfred Métraux (gestorben 1963), Pierre Clastres (gestorben 1977) oder Otto Zerries (gestorben 1999) sind für uns weiterhin Autoritäten, auch wenn sie noch nicht an neuesten Turns teilhatten, mit denen sie ohnehin schon bald wieder überholt wären. In meinem Aufsatz greife ich etwa auf die mich noch immer faszinierenden Begriffe von Nathan Söderblom (gestorben 1931) und Konrad Theodor Preuss (gestorben 1938) zurück. Das heißt nicht, dass wir den Großen Alten Wort für Wort folgen wollen, wohl aber, dass wir sie immer noch lesen. Und wir beziehen aus ihnen nicht nur Fakten, die sie gesammelt haben, sondern auch, bis heute, theoretische und begriffliche Anregungen.