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2.4 Veränderte Landnutzung
ОглавлениеBereits 70 Prozent der Oberfläche der Erde sind durch Menschen verändert worden (https://www.eaere.org/policy/ecosystems-biodiversity/ipbes-2019-global-assessment-report-on-biodiversity-and-ecosystem-services/). Landschaften sind nicht nur charakterisiert durch die klimatischen Bedingungen, die Art der Böden und die Höhe, sondern auch dadurch, ob und wie sie vom Menschen genutzt werden, für die Agrarwirtschaft oder als Siedlungsraum.
Der Terminus Landnutzung beschreibt, wie Flächen durch den Menschen bewirtschaftet werden und gibt an, ob Düngemittel, Feuer, Bewässerung, Mehrfruchtfolgen, Speicherwasser und weitere Methoden eingesetzt werden.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts wird der weitaus größte Teil der terrestrischen Ökosysteme anthropogen dominiert (Ellis et al. 2010). Lediglich etwa ein Viertel ist in seinem ursprünglichen Zustand verblieben. Während der Industrialisierung wurde nicht nur die Nutzung intensiviert, ein Großteil bis dahin unberührte Flächen wurde auch neu erschlossen. Global gesehen, wurden Savannen, Gras- und Buschland sowie die Laubwälder gemäßigter und tropischer Breiten am meisten verändert. Der weitaus wichtigste Treiber für eine veränderte Landnutzung ist die Landwirtschaft. Mehr als drei Viertel dieser Biome werden mittlerweile landwirtschaftlich genutzt. Die verbliebenen ursprünglichen Landschaften liegen in schlechter zu bewirtschaftenden Biomen wie der Tundra, Wüsten, Nadelwäldern und tropischen Regenwäldern. In den letzten Dekaden wurde die Landwirtschaft zunehmend industriell intensiviert, durch Einsatz von Dünger, Pestiziden, Maschinen und Monokulturen. Landwirtschaftliche Nutzung zur Produktion von Fleisch, Soja und Palmöl mit katastrophalen Auswirkungen auf die Biodiversität ist der Hauptgrund für die Abholzung der Regenwälder in Südamerika und Südostasien.
Wälder bedecken 30 Prozent der Fläche der Erde (siehe https://www.worldwildlife.org/threats/deforestation). Das entspricht 4 Milliarden Hektar an Primärwald, Sekundärwald und Baumpflanzungen.
Als Primärwald werden Wälder bezeichnet, die nicht in jüngerer Zeit gerodet oder forstwirtschaftlich genutzt wurden. Als Hort der Biodiversität und Kohlenstoffspeicher sind sie von herausragender Bedeutung.
In den Tropen macht Primärwald etwa 50 Prozent der tropischen Wälder aus (1 Milliarde Hektar). Insgesamt allerdings sind in den Tropen seit 2001 60 Millionen Hektar Regenwald verloren gegangen, das entspricht 5,9 Prozent der Fläche, die 2001 noch vorhanden war. Allein 2019 verschwanden 11,9 Millionen Hektar tropischer Regenwald, davon ein Drittel Primärwald. 2019 kam es zu Feuern in bisher unbekanntem Ausmaß, nachdem von Menschen gelegte Feuer aufgrund von Trockenheit außer Kontrolle geraten waren. Bereits durch Abholzung fragmentierte oder frühere Brände beschädigte Wälder sind durch Lücken in den Kronen bzw. an den Rändern trockener und daher anfälliger für Brände (siehe https://research.wri.org/gfr/forest-pulse).
Für die Wälder der gemäßigten und nördlichen Zonen gibt es keine verlässlichen Daten zur Art des Waldes, die Rodungen sind aber bislang flächenmäßig um Größenordnungen niedriger als in den tropischen Breiten. In Russland gingen zwischen 2000 und 2016 etwa 6 Millionen Hektar verloren, in Kanada etwa 4 Millionen Hektar. In den letzten beiden Jahrhunderten kam es in Europa und Nordamerika nach der Entwaldung ganzer Regionen im Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung wieder zu Aufforstungen und Zunahme der Waldflächen (Mather 1992; Rudel et al. 2005). Ähnlich zeigte sich das zuletzt auch im globalen Süden, darunter in Indien, China, Vietnam und Costa Rica (Lambin u. Meyfroidt 2010).
Bestimmte Nutzungsarten benötigen vergleichsweise nur kleine Flächen, haben aber einen riesigen Einfluss auf die Ökosysteme. Städte beherbergen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und definieren so den Bedarf nach landwirtschaftlichen Produkten. Die meisten Siedlungsflächen entstanden in den letzten Jahren in Indien, China, Afrika und Nordamerika (Seto et al. 2011). Maßnahmen zur Regulierung von Flussläufen haben vor allem seit den 1930er-Jahren große Auswirkungen. Zu den positiven Auswirkungen zählt die zuverlässige Verfügbarkeit von Wasser, die Möglichkeit der Energieerzeugung in Wasserkraftwerken und der Schutz vor Überschwemmungen. Negative Auswirkungen resultieren aus veränderten Flussläufen und damit auch veränderter Versorgung mit Nährstoffen. Das hat in der Folge weitreichende Konsequenzen für die betroffenen Habitate und insbesondere auch für Vektoren von Krankheiten. 2019 zeigte eine Untersuchung, dass in das Bett von mehr als drei Vierteln der mehr als 1.000 km langen Flüsse bereits eingegriffen wurde (Grill et al. 2019).
Von den Feuchtgebieten, Mangrovenwälder und Moore von vor über 300 Jahren sind nur noch weniger als 15% übriggeblieben (Davidson 2014). Mangrovenwälder schützen Küstenregionen gegen Sturmfluten, sie sind wichtige Laichgründe für viele Fischarten und sind oft Lebensgrundlage in Bezug auf Nahrung, Brenn- und Baumaterial. Global sind 20–35 Prozent der Mangrovenwälder seit 1980 verschwunden (Polidoro et al. 2010). Moore bedecken nur 2–3 Prozent der globalen Flächen, speichern jedoch ein Viertel des Bodenkohlenstoffs. Wenn Moore urbar gemacht werden durch Verbrennen der Vegetation und Trockenlegen, entschwindet das CO2 in die Atmosphäre. Viele Moore liegen in nördlichen Breiten und werden bislang nicht genutzt. In den Tropen dagegen, insbesondere in Südostasien, sind aufgrund der schnellen Expansion der Palmöl- und Kautschukproduktion viele Moore verloren gegangen.
Bodenbedeckung und Landnutzung beeinflussen die menschliche Gesundheit auf vielfältige Weise: Die Lebensräume für viele Spezies ändern sich und damit auch für potenzielle Krankheitsüberträger. Meist suchen sie neue Wirte und rücken näher an den Menschen heran. Wälder gelten als CO2-Senke. Damit spielen sie eine wichtige Rolle bei der Speicherung von Kohlenstoff und damit beim Abbremsen des Anstiegs der atmosphärischen CO2-Konzentration und der damit verbundenen Klimakrise. Die Abholzungen im Jahr 2019 entsprechen mindestens 1,8 Gt CO2, was ca. den jährlichen Emissionen von 400 Millionen Autos entspricht. Die Wälder speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie derzeit in der Atmosphäre in Form von CO2 vorhanden ist. Die tropischen Regenwälder gelten als wichtiger Klimakipppunkt. Sie beheimaten rund zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten.