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3.2 Nichtübertragbare Erkrankungen
ОглавлениеNeben unserer Ernährung gibt es weitere globale Umweltveränderungen, die erhebliche Risikofaktoren für die Entwicklung von nichtübertragbaren Erkrankungen (NCDs) darstellen.
NCDs stellen weltweit die häufigste Todesursache dar (WHO 2013). Aufgrund oftmals langer Krankheitsverläufe, einhergehend mit körperlichen Einschränkungen, entsteht zusätzlich großer Leidensdruck bei Betroffenen und Angehörigen. Die wirtschaftlichen Kosten sind hoch.
Einer der größten Treiber von NCDs ist die Luftverschmutzung. Sie führt zu einer Vielzahl von Erkrankungen des Atem- und kardiovaskulären Systems. Hervorzuheben ist die Belastung durch Feinstaub (Particulate Matter) und Stickoxide, welche vor allem bei der Verbrennung fossiler Energieträger, im Verkehr sowie in Industrie und Landwirtschaft, entstehen. Die aktuellen Erhebungen der Europäische Umweltagentur (EEA) gehen von rund 400.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr in Europa aus. In nahezu allen EU-Ländern werden die Richtwerte für Luftqualität der WHO überschritten (EEA 2020). Modellrechnungen zeigen, dass der Verzicht auf fossile Energieträger pro Jahr weltweit mehr als 3,6 Millionen Todesfälle durch Luftverschmutzung vermeiden würde, unabhängig von den positiven Folgen für unser Klima (Lelieveld et al. 2019). Die Dekarbonisierung des Transport- und Industriesektors wirkt also nicht nur der Klimakrise entgegen, sondern reduziert chronische Erkrankungen, vorzeitige Todesfälle und hohe Kosten.
Neben der Luftverschmutzung gewinnt Hitze als Risikofaktor zunehmend an Bedeutung. Steigende Durchschnittstemperaturen und Häufung von Hitzewellen führen zu einem Anstieg von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen, vor allem in vulnerablen Gruppen wie älteren Menschen, Kindern und Menschen mit chronischen Erkrankungen. Weiterhin begünstigt sie NCDs durch Verschlechterung des Schlafes und einer Einschränkung von sportlicher Aktivität. Die alternde Bevölkerung ist besonders betroffen (Mücke u. Litvinovitch 2020). Für das Jahr 2018 wird in Deutschland die Zahl hitzebedingter Todesfälle auf über 20.000 in der Bevölkerung über 65 Jahren geschätzt. Regionen, die bereits jetzt sehr heiß sind, können durch einen weiteren Temperaturanstieg unbewohnbar werden (s. Kap. I.4). Schon heute ist Arbeiten im Freien vielerorts stark eingeschränkt. Weltweit gingen 2019 aufgrund extremer Hitze über 300 Milliarden Arbeitsstunden verloren. Am meisten betroffen waren Indien, China und Bangladesch (Watts et al. 2020). Da von einem weiteren Anstieg der globalen Temperaturen auszugehen ist, ist eine bessere Vorbereitung von Gesundheitssystemen auf gesundheitliche Konsequenzen von Hitze unabdingbar.
Eng verwoben mit Luftverschmutzung und Hitzeschäden ist die Verstädterung. Schon heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, 70% der globalen Emissionen entstehen im städtischen Kontext. Auch wenn die Lebensumgebung in Städten viele Vorteile bietet, geht sie mit Risikofaktoren für die Entstehung von NCDs einher. Neben Luftverschmutzung und verstärkter Hitze, gibt es Zusammenhänge zwischen NCDs und Lärmbelastung, engem Zusammenleben auf kleinem Raum sowie fehlenden Grünflächen. Kinder und Jugendliche sind besonders vulnerabel für die gesundheitsschädlichen Effekte der städtischen Umgebung (WHO u. UN Habitat 2016). Trotz aller Risiken haben Städte gleichzeitig ein großes Potenzial, zu Vorreitern der Umwelttransformation zu werden. Viele Städte evaluieren bereits ihre Klimarisiken und beginnen zu handeln (Watts et al. 2020).
Nicht nur graduelle Veränderungen, auch die steigende Häufigkeit und Intensität plötzlicher Extremwetterereignisse wie Stürme, Überflutungen und Waldbrände führen zu mehr NCDs. Ihre direkte Zerstörungskraft führt zu Verletzungen, bleibenden körperlichen Einschränkungen und Todesfällen. Extremwetter trägt aber auch zum Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung, Destabilisierung der Region und Migrationsbewegungen bei (Parrish et al. 2020). In diesen Situationen kann die aufwendige Versorgung chronischer Erkrankungen meist nicht gewährleistet werden. Frauen und Kinder sind besonderen Risiken ausgesetzt, unter anderem durch Gewalterfahrungen und fehlendem Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten während oder nach Extremwetterereignissen (s. Kap. II.3, II.18 und II.19).