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2.5 Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden

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Die Produktion von Chemikalien hat seit den 1950er-Jahren exponentiell zugenommen. Seitdem sind mehr als 140.000 neue Substanzen hinzugekommen und kommerziell vermarktet worden, viele davon hat es zuvor noch nie auf dem Planeten gegeben. Sie spielen im Alltag in modernen Gesellschaften eine wichtige Rolle und finden sich in Millionen von Konsumgütern, darunter Seifen, Shampoos, Zahnpasta, Kosmetika, Kinderkleidung, Spielzeug, Autositze, und Babyflaschen. Ein Großteil dieser Substanzen wurde nie im Hinblick auf Sicherheit und Verträglichkeit geprüft. Die Wachstumsrate der Chemieindustrie beträgt 3,5 Prozent, das bedeutet, die Produktion verdoppelt sich alle 25–30 Jahre.

Umweltverschmutzung stellt eine elementare Bedrohung der planetaren Gesundheit dar. Global gesehen kann mit Umweltverschmutzung 16 Prozent der Mortalität und neun Millionen Tote jährlich begründet werden (Landrigan et al. 2018). Damit ist sie eine wichtige Ursache für Krankheiten und vorzeitige Todesfälle. Oft hat sie lokale Quellen, von denen aus sie sich über verschiedene Wege großflächig ausbreitet und großen Schaden anrichtet. Die Verschmutzung der Umwelt verursacht globale Probleme, die das Überleben der menschlichen Zivilisation gefährden. Es gibt zunehmend Evidenz, dass wir in Bezug auf Umweltchemikalien bereits dabei sind, planetare Grenzen zu überschreiten (Rockström et al. 2009).

Mehrere Mechanismen sind für die weltweit zunehmende Verbreitung von Umweltchemikalien in den Ökosystemen verantwortlich (Bernhardt et al. 2017). Ausgangspunkt ist eine schnell wachsende Menge und zunehmend komplexe Produktion, der Verbleib vieler Substanzen in Wasser und Böden, die Verteilung über Nahrungsmittelketten und der Transport über weite Strecken. Obsolet ist die These, dass große Verdünnung, beispielsweise durch Verklappung in Ozeanen solche Giftstoffe harmlos macht.

Anreicherungsprozesse führen dazu, dass die Konzentration in Organismen vielfach höher sein kann als in der Umgebung.

Biomagnifikation wird der Prozess genannt, wenn sich Giftstoffe entlang der Nahrungskette anreichern.

Noch unbedenkliche Konzentrationen im Plankton vervielfachen sich in Fischen, die Plankton fressen und ihrerseits das Opfer von Raubfischen werden. Konzentrationen an Giftstoffen können sich so um den Faktor eine Million oder mehr erhöhen (Suedel et al. 1994). Biokonzentration geschieht z.B. in Ozeanen, wenn Substanzen sich zunächst in dem dünnen, durch abgestorbene Lebewesen bedingten Lipid-Film auf der Meeresoberfläche anreichern (Wurl et al. 2017), dann an Mikroplastik adsorbiert werden und im weiteren Verlauf in die Nahrungskette gelangen.

Und es kommen weitere Aspekte zum Tragen. Einzeln harmlose Substanzen können in Kombination potenzierende toxikologische Effekte entfalten. Toxische Substanzen kommen in der Natur selten isoliert vor, sie sind meistens umgeben von anderen, teilweise puffernden Substanzen. Meist werden vor ihrer Zulassung die Substanzen nur einzeln untersucht, eine mögliche Toxizität aus der Kombination verschiedener Substanzen bleibt daher unentdeckt. Dadurch wurde der weitläufige Einsatz schädigender Pestizide wie Glyphosat und Neonikotinoiden erst möglich (Milner u. Boyd 2017). Das Phänomen ist in seiner Gesamtheit komplex und daher schlecht untersucht. Allerdings gibt es reihenweise Beispiele für Effekte durch Interaktion mehrerer Einzelsubstanzen, die jeweils für sich in vermeintlich bedenkenloser Konzentration vorlagen (Backhaus et al. 2011). Mittlerweile ist klar, dass selbst sonst bedenkenlose Konzentrationen eine giftige Wirkung entfalten, wenn die Exposition in eine Phase großer Vulnerabilität fällt oder die negative Wirkung über Rezeptoren des endokrinen Systems potenziert wird (Endokrine Disruptoren, s. Kap. II.7).

Meistens sind die Wirkmechanismen komplex. Eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung besteht oft nicht. In höher entwickelten Wesen entfalten sich Wirkungen oft über Störungen im endokrinen System (Gore et al. 2015). Auf der anderen Seite haben manchmal bereits sehr niedrige Konzentrationen eine immense Wirkung, beispielsweise durch die Beeinträchtigung der Photosynthese von Plankton (Fernández-Pinos et al. 2017).

Viele Studien zeigen, dass Einbringung von Schadstoffen den Nutzen von Ökosystemen für die Menschen reduziert, zum Beispiel durch den Verlust an Biodiversität. Wenn daher im Rahmen von Regulierungsbestrebungen die Methoden zur Festlegung von Grenzwerten allein auf der Basis von Dosis-bezogenen Wirkungsanalysen beruhen, werden negative, möglicherweise völlig andere Auswirkungen, die bereits in sehr niedrigen Konzentrationen einsetzen, nicht erfasst. Es braucht also neue Ansätze, die nicht-lineare und sogar nicht-monotone Dosis-Wirkungsbeziehungen erfassen und auch funktionale Endpunkte wie Produktivität und Metabolismus mit einschließen (Cote et al. 2012).

Derzeit findet zwei Drittel der Produktion in ärmeren Ländern statt mit wichtigen Implikationen für die Planetare Gesundheit, da die Regeln und Gesetze dort weniger stringent sind, weniger kontrolliert wird und das öffentliche Gesundheitssystem weniger leistungsfähig ist. Dadurch kommt es viel häufiger zur Verschmutzungen von Luft, Wasser und Böden, also auch zur Exposition der dort lebenden Bevölkerung.

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