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6.5 Evidenz zu Frühinterventionen

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Hinsichtlich wirksamer Frühinterventionen bei einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer bipolaren Störung ist die Evidenzlage noch sehr spärlich.

In Bezug auf die Risiko-/Nutzen-Abwägung sind lege artis therapeutische Strategien zu bevorzugen, die ein günstiges Verhältnis aufweisen. Ziele der Behandlung der Risikopersonen sind die Symptomreduktion, die Erhaltung eines hohen psychosozialen Funktionsniveaus und die Vermeidgung der Manifestation des Vollbilds der bipolaren Störung. Während in der Behandlung manifester bipolarer Störungen oft die Kombination aus medikamentösen und psychotherapeutischen Optionen empfohlen sein wird ( Kap. 15), wird in der Frühintervention im Risikostadium aktuell die Psychotherapie als zu bevorzugende Maßnahme gesehen; medikamentöse Interventionen werden vor allem zur schnelleren Symptomreduktion oder bei Erfüllen der Kriterien einer rezidivierenden depressiven Störung benötigt.

Psychotherapeutisch wurden in kleineren Studien verschiedene Ansätze untersucht (für eine systematische Übersicht siehe Pfennig et al. 2014, Update in Blum 2018. Dabei führte eine familienfokussierte Behandlung, welche an die Bedürfnisse der Risikopersonen angepasst worden war, zu Symptomminderung bezüglich depressiver Stimmung und Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus, daneben konnte eine längere Zeit in Remission nach depressiver Symptomatik erreicht werden (Miklowitz et al. 2013). In zwei offenen, unkontrollierten Studien wurden die Interpersonelle und Soziale Rhythmustherapie (IPSRT, Goldstein et al. 2014) und die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (Mindfulness-based cognitive therapy, MBCT, Cotton et al. 2016; Strawn et al. 2016) untersucht. Verglichen mit dem Status vor der Behandlung zeigten sich eine Verbesserung des Schlafes unter IPSRT sowie der Emotionsregulation und der Angstsymptomatik unter MBCT. In einem der offenen Studie von 2014 folgenden RCT mit IPSRT plus klinischem Beratungs- und Weiterleitungsangebot (n = 21) verglichen mit nur klinischem Beratungs- und Weiterleitungsangebot (n = 21) konnten keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Symptomatik oder die Übergangsrate gezeigt werden (Goldstein et al. 2018). Ein RCT zu frühzeitiger kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) bei Risikopersonen für bipolare Störungen zeigte eine signifikante Reduktion affektiver Symptomatik und Verbesserung des psychosozialen Funktionsvermögens nach Intervention und weiterbestehend für mind. 12 Monate, vergleichbare Veränderungen zeigte jedoch auch eine unstrukturierte Gruppenbedingung, die mit einer Selbsthilfegruppe vergleichbar war (Leopold et al. 2020). Die Auswertung der Verlaufsbeobachtung über weitere zwölf Monate inklusive der Übergangsraten in eine bipolare Störung steht noch aus.

Pharmakotherapeutische Frühinterventionen wurden in noch geringerem Umfang untersucht. Gegenüber Placebo zeigten Lithium (Geller et al. 1998) und Valproat (Findling et al. 2007) keine bessere Wirksamkeit, allerdings ist die Interpretation der Ergebnisse durch die kleinen Studienpopulationen limitiert. Eine Fallserie von 15 jungen Menschen mit bipolarer Spektrumserkrankung und Elternteil mit manifester bipolarer Störung lässt vermuten, dass eine Monotherapie mit Lithium, oder wenn nicht ausreichend wirksam einem anderen stimmungsstabilisierenden Wirkstoff (hier Quetiapin, Lamotrigin, Valproat) stabilisierend wirken kann (Duffy et al. 2007). Aripiprazol war bei ähnlicher Klientel in einem größeren RCT über zwölf Wochen signifikant besser und schneller als Placebo in der Lage, manische Symptomatik sowie den klinischen Zustand insgesamt zu verbessern sowie die depressive Symptomatik im Trend stärker zu verringern. Zudem war die Substanz gut verträglich. Die Autoren diskutieren die dennoch noch geringe Fallzahl von n = 30 in der Aripiprazol- und n = 29 in der Placebogruppe und die noch fehlenden Langzeitdaten (Findling et al. 2017).

Insgesamt müssen weitere adäquat kontrollierte RCT mit ausreichenden Fallzahlen zeigen, welche Interventionen oder Kombinationen am effektivsten und sichersten im Hinblick auf Symptomreduktion und Prävention sind. Da damit zu rechnen ist, dass die Übergangszeiten bis zur Manifestation einer bipolaren Störung Monate oder gar Jahre betragen können, sind Langzeit-Verlaufsuntersuchungen notwendig, auch, um den Einfluss einer frühzeitigen Behandlung auf den Verlauf doch manifest werdender Erkankungen zu untersuchen.

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