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Die Kreuzfahrerherrschaften und die Kreuzzüge des 12. Jahrhunderts

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Als Sitz eines christlichen Königreiches, dessen erster Herrscher, Gottfried von Bouillon (gest. 1100), auch aus religiöser Demut noch auf den Königstitel verzichtete, wurde Jerusalem zum Zentrum der im vorderen Orient errichteten Kreuzfahrerherrschaften. Trotz der Ansiedlung europäischer Bauern und der zunehmenden herrschaftlichen und fiskalischen Erfassung der muslimischen Bevölkerung blieben das Königreich und die christlichen Fürstentümer auf die beständige militärische Unterstützung durch europäische Kreuzfahrer und die immer aktiver werdenden See- und Handelsstädte Venedig und Genua angewiesen. Einen wesentlichen Teil der militärischen Kraft machten die Ritterorden der Templer und Johanniter aus.

Trotz der beständigen Anspannung der militärischen Kräfte, die sich etwa im besonderen Typ der Kreuzritterburg niederschlug, standen die Kreuzfahrerherrschaften nicht im ununterbrochenen Abwehrkampf gegen eine geschlossene Front muslimischer Gegner. Das Königreich und die christlichen Fürstentümer wurden vielmehr schon bald zu Faktoren innerhalb der vielfach zersplitterten politischen Welt der Seldschukenherrschaften zwischen Kleinasien, Syrien und Ägypten, die immer wieder auch Koalitionsbildungen über religiöse Grenzen hinweg ermöglichte. Schon während des Anmarsches hatten die Teilnehmer des Ersten Kreuzzuges mit dem byzantinischen Kaiser gebrochen, der den Lateinern im Heiligen Land in der Folgezeit zumeist reserviert oder sogar feindlich gegenüberstand. Obwohl Jerusalem zu den heiligen Stätten des Islam gehörte, war die Rückeroberung der Stadt lange Zeit kein selbstverständliches Ziel der muslimischen Nachbarn. Erst die in seldschukischem Militärdienst aufsteigenden Familien der Zengiden und Ayyubbiden verstanden es, den in Palästina zumeist nicht politisch aufgefassten Gedanken vom Dschihad zu nutzen, um den Kampf gegen die christlichen Herrschaften zu stärken.

Mit der Eroberung der ältesten Kreuzfahrerherrschaft Edessa (1144) gab der Herrscher von Mossul, Immad Ad-Din Zengi, den Anstoß zu einer zweiten großen Kreuzzugsbewegung in Europa. Offenbar unabhängig voneinander ergriffen Papst Eugen III. und König Ludwig VII. von Frankreich entsprechende Initiativen, die auf Vermittlung Bernhards von Clairvaux miteinander abgestimmt wurden. Die päpstliche Kreuzzugsbulle Quantam praedecessores führte den Fall des Fürstentums Edessa auf die Sünden der Menschen zurück und prägte damit die Formel, unter der man immer wieder Rückschläge der Kreuzzüge und christliche Niederlagen erklären konnte, ohne die göttliche Legitimation des Unternehmens in Frage zu stellen.

Die Propagierung des neuen Kreuzzuges, die mit einer Predigt Bernhards von Clairvaux am 31. März 1146 im burgundischen Vézelay begann, sollte zunächst auf Frankreich beschränkt bleiben. Vom deutschen König erwartete der Papst Hilfe in Italien. Nicht autorisierte Kreuzzugsprediger wie der Zisterzienser Radulf brachten aber die deutschen Bischöfe in Bedrängnis, die schließlich Bernhard zur Hilfe riefen. Der wandte sich nicht nur mit theologischer Argumentation gegen die erneut geschürten Übergriffe auf Juden in den rheinischen Städten, sondern predigte schließlich in Deutschland ebenfalls den Kreuzzug. In öffentlicher Reaktion auf die Predigt des berühmten Zisterziensers nahm auch König Konrad III. am Weihnachtsfest 1146 im Speyerer Dom das Kreuz. Trotz der erstmaligen Beteiligung zweier Könige geriet das Unternehmen zum Fiasko: Nach schweren Niederlagen des deutschen Heeres gegen die kleinasiatischen Seldschuken ließen sich Konrad III. und der über das Mittelmeer ins Heilige Land gekommene Ludwig VII. schließlich gemeinsam mit dem König von Jerusalem auf ein militärisches Abenteuer gegen die Stadt Damaskus ein, das mit der Kapitulation des Kreuzfahrerheeres in taktisch auswegloser Lage endete.

Das Scheitern des Zweiten Kreuzzuges ließ die Kreuzzugsbegeisterung in Europa deutlich abkühlen. Erst Jahrzehnte später brachte ein weiteres dramatisches Ereignis im Heiligen Land eine erneute europäische Kreuzzugsinitiative in Gang. Nach einem Sieg in der Schlacht bei Hattin, der die militärische Macht des Königreichs Jerusalem vernichtet und den König in seine Hand gebracht hatte, konnte der Ayyubbide Saladin im Jahr 1187 die Heilige Stadt einnehmen. Fast 90 Jahre nach der christlichen Eroberung Jerusalems wirkte das in Europa als ein gewaltiger Schock, der aktuelle politische Gegensätze in den Hintergrund treten ließ. Papst Gregor VIII. (gest. 1187) und sein Nachfolger Clemens III. suchten sofort die Verständigung mit dem Kaiser und wirkten auch auf dessen Widersacher im deutschen Episkopat entsprechend ein. Gleichzeitig wurde eine Waffenruhe zwischen den Königen von England und Frankreich vermittelt.

Das umsichtig vorbereitete Unternehmen Friedrich I. Barbarossas, der über Ungarn und Byzanz nach Kleinasien zog, brach nach dem Tod des Kaisers im Fluss Saleph (1190) weitgehend zusammen. Zum eigentlichen Anführer der Kreuzfahrer im Heiligen Land wurde Richard I. Löwenherz, nachdem der französische König Philipp II. August aufgrund von persönlicher Rivalität und Krankheit schon nach der gemeinsamen Rückeroberung der wichtigen Stadt Akkon wieder abgereist war. Nach langen Kämpfen verabredeten Richard und Saladin einen Waffenstillstand, der den christlichen Pilgern den Zugang nach Jerusalem garantierte und eine territoriale Grundlage für den Fortbestand des Königreichs sicherte.

Das Ziel, Jerusalem wieder unter christliche Herrschaft zu bringen, blieb auch in den folgenden Jahrzehnten in Europa lebendig. Papst Innozenz III. brachte schließlich ein relativ kleines Kreuzfahrerheer zusammen, das Ägypten als Zentrum der Seldschukenherrschaft angreifen sollte. Um die von Venedig bereitgestellte Flotte zu bezahlen, wurde aber zunächst eine ehemals venezianische Besitzung im christlichen Ungarn erobert; nach diesem ersten Bruch ihres Gelübdes fanden sich die Kreuzfahrer dann auch bereit, in byzantinische Thronstreitigkeiten einzugreifen. In der Eskalation dieses militärischen Engagements gegen christliche Herrscher, dem sich der Papst in der Hoffnung auf den Fortgang des Kreuzzuges nur halbherzig entgegenstellte, entstand unter maßgeblichem Einfluss Venedigs der Plan einer Zerschlagung und Verteilung des byzantinischen Kaisertums, der mit der Eroberung Konstantinopels am 12./13. April 1204 umgesetzt wurde. Die Beutegier der plündernden Kreuzfahrer richtete sich nicht nur auf materielle Güter, sondern auch auf Kunstgegenstände, liturgische Geräte und Bücher und vor allem auf die Reliquienschätze der zahlreichen Kirchen, die zum Teil systematisch requiriert und von weltlichen Herren wie von Bischöfen oder Äbten in den Westen gesandt wurden. Die Errichtung eines lateinischen Kaisertums mit dem Zentrum Konstantinopel und weiterer Fürstentümer wurde von der Übernahme der wichtigsten kirchlichen Strukturen und Besitztümer in römisch-lateinische Regie begleitet. In Kleinasien konnte sich ein byzantinischer Herrschaftsbereich um das Zentrum Nicäa reorganisieren und schließlich im Jahr 1261 die Episode des lateinischen Kaisertums im Osten beenden.

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