Читать книгу Biblisches Arbeitsbuch für Soziale Arbeit und Diakonie - Группа авторов - Страница 20
Jüdische Literatur aus babylonischer und persischer Zeit (6.–4. Jh.v. Chr.)
ОглавлениеDas antike Judentum (auch gelegentlich Frühjudentum genannt) formte sich bereits im babylonischen Exil der judäischen Oberschicht nach der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar II. (587 v. Chr.). Dieses Ereignis zerschneidet die Geschichte des Judentums in die vorexilische und die exilisch-nachexilische Zeit. Königtum und Tempelkult als Säulen jeder altorientalischen Nationalreligion waren vernichtet, doch das Judentum wurde neu als eine Religion geboren, die sich aus bitterer Erfahrung einem einzigen universalen Gott und dessen Bundestreue verpflichtete. Diese Verpflichtung durchzieht die Sammlung aller erinnerbaren Traditionen in Schriften, die ab dieser Zeit neu entstehen oder aus älteren Vorlagen gesammelt, bearbeitet und schrittweise zusammengefügt werden. So ersetzen sie nach und nach Königtum wie Tempel als identitätsstiftende Institutionen.
Die erste Sammlung ist die ↗︎ ToraTora (hebr. tôrāh „Weisung“), die fünf Bücher (griech. ↗︎ PentateuchPentateuch) unter der Autorität des Mose. Diese Sammlung wird ab der persischen Zeit (5.–4. Jh.v. Chr.) schrittweise zum normativen Text sowohl des Judentums als auch der SamaritanerSamaritaner, Samariter. Bei ihrer Komposition (Zusammenstellung) und Redaktion (Überarbeitung) wird das ältere Konzept der Augenzeugenschaft des Mose (Dtn 27Dtn27) vom Konzept einer mosaischen Verfasserschaft (Dtn 31) abgelöst – beide sind im heute vorliegenden Text noch erkennbar (HECKL 2010: 353–373). Dabei spielt die Etablierung des zweiten Tempels und seiner Priesterschaft eine entscheidende Rolle. Dies zeigt sich v.a. in der „priesterschriftlichen“ Komposition der Texte von Gen 1Gen1 bis Ex 40Ex40 mit ihrer Konzentration auf die Themen von SchöpfungSchöpfung, Geschöpf und Bundesschluss, die als wichtiger Zwischenschritt zum Gesamtwerk gelten muss. Das „Buch der Weisung des Mose“ (Neh 8,1Neh8,1) legt schließlich einen Entwurf des Neustarts jüdischen Lebens in der persischen Provinz Jehud vor. Zwar wurde er nicht in dieser Form Realität, dennoch wird die Verpflichtung des Volkes und rituelle Besiegelung in einer Festbegehung überliefert. Diese erste „Schrift“ wurde bereits als „Offenbarung“ verstanden (Esr 7,6.11Esr7,6.11). Sie soll nicht mehr verändert, also beim Abschreiben weder ergänzt noch reduziert werden – die entsprechende Textsicherungsformel als letzte Fortschreibung belegt die Sorge darum (Dtn 4,2Dtn4,2; 13,1Dtn13,1; vgl. auch Apk 22,18fApk22,18f). Die Tora ist mithin auch der erste biblische Textkomplex, der zum KanonKanon, kanonisch des Judentums, der Samaritaner und (ab dem 1. Jh.n. Chr. in der griech. Variante des Pentateuchs, s.u.) auch des Christentums wird.