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III. Codes und Variationen

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Skepsis bewältigt so das Leiden an der Wackeligkeit des für feststehend Gehaltenen. Sie genießt aber die Genugtuung, genau von dieser Wackeligkeit zu wissen. Darin scheint endlich ein Ruhepunkt gefunden, in den nicht auch noch ständig Beweislast gegen den nagenden Zweifel, ob das jetzt wirklich das gute Leben ist, hineingeschleppt werden soll. Es bündeln sich die unterschiedlichsten Affekte in der Passion für das Existenzrecht anderer Möglichkeiten. Warum? Vielleicht weil diese Möglichkeiten nicht zum Zuge gekommen, gar unterdrückt sind? Weil capabilities übersehen wurden? Weil hinter der Maske das „wahre“ Gesicht nicht gezeigt wurde oder weil es nun die Skepsis ist, die sich verpflichtet sieht, erst recht dringend zur Maskierung aufzufordern? Aus Sympathie für versäumte Möglichkeiten ist Skepsis der subjektive Ausdruck der Kontingenz; als Passion gerät sie zur Nüchternheit, die an sich selbst trunken ist.

Die Spielarten skeptischer Haltungen sind vielfältig. Da gibt es den chronisch missgestimmten Flaneur (Benjamin 1982), dem sein Kritischsein schon von Weitem angesehen werden soll; den tiefgründelnd melancholischen Asketen, der sich die Erfolge seiner Skepsis „am Material“ hart erarbeitet hat; oder die auf Dauerempörung angelegte Aktivistin, die immerzu nach neuem Nachschub für die Passion des Widerlegens sucht – sie alle verbindet doch ein Skepsis-Code: dass ihnen niemals und nirgends ein X für ein U vorgemacht, ein Glaubenssatz für Wahrheit gesetzt, ein Dogma für die Ewigkeit ausgegeben werden kann.

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