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4.3 Das Ethische und das Politische: ein produktiver Widerstreit
ОглавлениеIn Anlehnung an Jelica Šumič und in gewisser Weise auch inspiriert durch die Arbeiten des psychoanalytischen Soziologen Thanos Lipowatz (1994, 1998)1 möchte ich dafür plädieren, das Verhältnis zwischen dem Ethischen und dem Politischen im Sinne eines produktiven Widerstreits zu fassen, der letzten Endes immer wieder neu ausgehandelt werden muss. Normativ gesprochen, darf sich das Verhältnis einerseits nie versöhnen (allenfalls kann es punktuelle Übereinkünfte geben), andererseits darf es auch nie zu einem vollständigen Bruch zwischen Ethischem und Politischem kommen. Was bedeutet dies aus einer sozialtheoretischen Position heraus, die sich für strukturelle Zusammenhänge interessiert? So, wie sich das Ethische immer wieder mit Ansprüchen aus dem Bereich des Politischen konfrontiert sieht, muss auch die Sphäre des Politischen (und der Politik) von Seiten der ethischen Reflexion kritisiert und unterbrechbar gehalten werden. Eine solche „Politik der Unterbrechung“ (siehe Ruby 2009; Liepold-Mosser 1995) sorgt dafür, dass beide Sphären in ihrer Irreduzibilität anerkannt und dementsprechend beibehalten werden. Weder wird eine Versöhnung des Ethisch-Politischen angestrebt, noch eine Loslösung der beiden Bereiche voneinander. Unter Aufrechterhaltung dieser Spannung kann es gelingen, so meine Überzeugung, sich der Konflikte in unserer globalisierten Welt anzunehmen und diese rational durchzudenken und Lösungsvorschläge aus einer konfliktsoziologischen Perspektive zu entwickeln.2