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4.1 Evaluation von Schreibkompetenzen: Spezifika
ОглавлениеWährend zur Evaluation von Lese- und HörverstehenskompetenzenHörverstehen zumeist geschlossene und (weitgehend) objektiv auswertbare AufgabenAufgaben zum Einsatz kommen, ist ein Spezifikum einer kompetenz- und handlungsorientierten Überprüfung von Schreibfähigkeiten,1KompetenzTestkonstrukt dass in der Regel offene AufgabenformateAufgabenformate mit einem beträchtlichen Bewertungsspielraum eingesetzt werden. Ein entscheidendes Merkmal ist dabei, dass die Aufgaben wesentliche Merkmale der lebensweltlichen Schreibhandlungen simulieren oder zumindest prototypisch abbilden, die die Testteilnehmenden außerhalb der Testsituation bewältigen sollen (vgl. auch die Bemerkungen zur AuthentizitätAuthentizität in Kapitel 4.2.4.2). Von den SchreibaktivitätenSchreibaktivitäten in der Testsituation – in diesem Zusammenhang auch als Performanz (engl. performance) bezeichnet – soll dann auf die Fähigkeit zur Realisierung ähnlicher SchreibaktivitätenSchreibaktivitäten außerhalb der Testsituation und/oder auf hierfür wichtige Kompetenzen zurückgeschlossen werden (vgl. auch die Ausführungen zum TestkonstruktTestkonstrukt in Kapitel 5).
Ein entsprechendes performanzbasiertes Vorgehen wird auch als performanzbasierte Evaluation (performance-basedassessmentperformance-based assessment/testing) bezeichnet und das eingesetzte Instrument als PerformanztestPerformanztest (performance assessment/test). Zur performanzbasiertenEvaluationperformanzbasiert Evaluation sind auch Formen der aufgabenbasierten Evaluation (task-basedassessmenttask-based language assessment) und der aufgabenzentrierten Evaluation (task-centeredassessmenttask-centered language assessment) zu rechnen (vgl. Purpura, 2016, S. 195f.). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bearbeitung der AufgabenAufgaben als eine funktionale Aktivität angesehen wird, in der ein Individuum Sprache in einem bestimmten Kontext zur Erreichung eines Ziels einsetzt (vgl. Van Gorp & Deygers, 2014, S. 579 sowie Bachman, 2007; Brindley, 2013; Fischer, Chouissa, Dugovičová & Virkkunen-Fullenwider, 2011a, 2011b und Norris, 2016).
Performanzbasierte Evaluationsformen zielen auf eine (relativ) direkte Messung von Schreibleistungen und stehen damit im deutlichen Gegensatz z.B. zu einer indirekten Messung von Schreibleistungen anhand von geschlossenen AufgabenAufgaben zu GrammatikGrammatik und LexikLexik. Mit Hilfe einer performanzbasierten EvaluationEvaluationperformanzbasiert soll zum einen eine höhere ValiditätValidität (Gültigkeit) der Messung von Schreibleistungen erreicht werden (vgl. Kapitel 4.2.3 sowie Kapitel 5). Zum anderen ist häufig auch eine positive RückwirkungRückwirkung auf den Unterricht und eine intrinsische Motivierung der Testteilnehmenden intendiert (vgl. Yu, 2014). Dem steht allerdings u.a. als Nachteil gegenüber, dass eine zuverlässige und gültige Messung von Fähigkeiten und Fertigkeiten anhand von PerformanztestsPerformanztest in der Regel relativ aufwändig ist. Dies gilt z.B. im Hinblick auf die zur Testdurchführung benötigte Zeit oder bezüglich der Beurteilung der gezeigten Leistung (vgl. die Hinweise zur PraktikabilitätPraktikabilität und Ökonomie in Kapitel 4.2.4.4). Aus den genannten Gründen müssen in der Praxis u.a. bei der Zahl der eingesetzten Aufgaben und bei der Beurteilung der erbrachten Leistungen in der Regel Abstriche gemacht werden.
Bei einem PerformanztestPerformanztest zur Messung von Schreibkompetenzen kann es sich z.B. um ein durch Vorgaben gesteuertes Schreiben einer Anfrage bei einem Hostel (zu Zimmern, Leistungen und Aktivitäten), um eine komplexe Argumentation auf der Basis einer vorgegebenen Grafik oder auch um das Ausfüllen eines Formulars handeln. Die Schreibleistungen werden anhand von vorher festgelegten Kriterien durch entsprechend ausgebildete Beurteilende (z.B. Lehrerinnen und Lehrer) bewertet. Die von den Testteilnehmenden gezeigte Leistung und das abschließende Urteil über die Schreibkompetenz hängen damit nicht nur von der zu messenden KompetenzKompetenz und zusätzlichen konstruktirrelevanten Merkmalen der Testteilnehmenden (z.B. Prüfungsangst, soziokultureller Hintergrund) selbst ab. Vielmehr spielen u.a. auch Merkmale der Schreibaufgabe (z.B. kognitive Anforderungen), die verwendeten BeurteilungskriterienBeurteilungskriterien (z.B. fokussierte Bewertungsaspekte, Präzision, Eindeutigkeit) sowie Merkmale der Beurteilenden (z.B. Strenge/Milde, Verhaltenskonsistenz, Ausmaß an Schulung) eine Rolle. Diese komplexen Wechselwirkungen insbesondere zwischen den Merkmalen der verwendeten AufgabenAufgaben, BeurteilungskriterienBeurteilungskriterien und Beurteilenden machen die Bewertung von Schreibkompetenzen zu einem anspruchsvollen Unterfangen und stellen hohe Ansprüche an die eingesetzten Aufgaben, die verwendeten Kriterienraster und die Kompetenzen der Beurteilenden.