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2.1. Sprachenvernetzende Ansätze zwischen Sprach- und Sprachenpolitik (Interkomprehension)

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Zahlreiche Faktoren bestimmen die Stellung einer Sprache auf dem internationalen Sprachenmarkt, in bunter MischungSprachenmarkt: die Zahl der Muttersprachler und der zweit- und fremdsprachlichen Sprachteilhaber, das kulturelle Prestige, die Kraft der jeweiligen Volkswirtschaft, der Status in internationalen Organisationen, die kommunikative Reichweite in den Wissenschaften, die Rolle im Alltagsleben der Menschen, ihre reale und virtuelle Erreichbarkeit bzw. ihre Präsenz in den Medien und dem Internet und last but not least ihre Erlernbarkeit.

Apropos kommunikativer Radiuskommunikativer Radius: Sein Gewicht für die internationale Stellung einer Sprache verdeutlicht unübersehbar das Englische, für das schwer zu übersehen ist, ob es die fast 350 Mio. nativen Sprachteilhaber, die geschätzt 300 Mio. Zweitsprachensprecher oder die ca. 2 Mrd. heteroglotten Sprachteilhaber bzw. täglichen (heterokulturellen) Nutzer der globalen intersocietyintersociety sind, die seinen hohen internationalen Marktwert bestimmen (↗ Art. 13, 97, 98).

Dies allein schon erklärt, weshalb Sprachen ihre Stellung am Markt verbessern können, wenn ihre Kenntnis es erlaubt, auch weitere attraktive Sprachen zu verstehen und ihr Erlernen zu erleichtern. So findet das Französische in der spanischen oder italienischen Sprache sehr starke ‚Verbündete‘ und diese umgekehrt im Französischen. „Wenn du Spanisch oder Italienisch lernst, helfen dir Französischkenntnisse ungemein. – Mit dem Erlernen einer romanischen Sprache legst du die Grundlage für das leichte und rasche Erlernen quasi aller romanischen Sprachen (800 Mio. native Sprecher, ungezählte Mio. Zweit- und Fremdsprachensprecher).“ Das Argument, das natürlich auch für andere Sprachen und deren Familien als die genannten gilt, hat Gewicht, wenn es um die Überlegung geht, welche Sprache ein Kind oder ein Erwachsener lernen soll. Ein weiterer Faktor betrifft den Status einer Sprache als SchulfremdspracheSchulfremdsprachenStatus innerhalb der Gesellschaft: So zeigen die Lernerkontingente der VolkshochschulenVolkshochschulen, wie sehr ein durch die Schulfremdsprachen vermitteltes Wissensprofil die Nachfrage nach bestimmten Fremdsprachen steigert.

Dabei ist klar, dass sich von keiner Fremdsprache außer Englisch behaupten lässt, dass ein heutiges Kind diese Sprache in seinem späteren Erwerbsleben auch wirklich braucht (SprachenbedarfSprachenbedarf). Umso wichtiger ist die Vermittlung von SprachlernkompetenzSprachlernkompetenz, die sich vor allem mit dem Erlernen einer zweiten und dritten Fremdsprache bzw. interkomprehensiver Verfahren ausbilden lässt, da es wesentlich auf die Fähigkeit des zielgerichteten VergleichensVergleichen sprachlicher Strukturen ankommt (u.a. Schröder 2009).

Die offizielle und offiziöse Sprachpolitik der einzelnen Sprachen hat auf derlei Fakten reagiert: In der Romania zeigen dies vor allem die von französischer Seite initiierten organisatorischen Maßnahmen zur SprachlenkungSprachlenkung (Schmitt 1988a und 1988b), die Gründung der Union Latine sowie zahlreiche EU-finanzierte Projekte (GalateaGalatea, Eurom4Eurom4, EuroComEuroCom, RedinterRedinter, MIRIADIMIRIADI u.a.m.). Auch in Iberoamerika hat die Interkomprehension ein weites Echo gefunden (InterlatInterlat, InterromInterrom u.a.m.). Vor diesem Hintergrund bezeichneten zu Beginn der 1990er Jahre Dokumente der Fédération Internationale des Professeurs du Français (F.I.P.F.) die romanischen Schwestersprachen als „langues fédéréeslangues fédérées“ (F.I.P.F. 1990). Andere Sprachpolitiken, z.B. die der UdSSRUdSSR oder RusslandsRussland, sind diesen Weg jedoch nicht gegangen, obwohl die slawische Sprachenfamilie starke zwischensprachliche Ähnlichkeiten aufweist (↗ Art. 94, 108). Auch die TurksprachenTurksprachen halten ein erhebliches Potential für interkomprehensive Ansätze bereit.

Die Lernerkontingente der sog. ‚kleinen‘ Sprachen zeigen, wie sehr sie als Fremdsprachen von den mehrsprachigen Vorkenntnissen der Lerner profitieren. Sieht man einmal von der Migrationsbevölkerung ab, so lässt sich festhalten, dass ein Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Katalanischkursen nicht nur über Kenntnisse im Englischen verfügt, sondern oft auch im Spanischen, im Französischen usw. Es ist eine offene Frage, ob sie einen Katalanischkurs auch ohne diese Vorkenntnisse und die eigenen Sprachlernerfahrungen belegt hätten (↗ Art. 91).

Zeigt der romanische Sprachraum ein deutliches Interesse an der Förderung von InterkomprehensionInterkomprehension, so bezeugt DeutschlandDeutschland eine gewisse Zurückhaltung. Dabei nimmt das Land insoweit eine besondere Stellung ein, als neben dem Englischen und dem Lateinischen vor allem das Französische und das Spanische eine weite Verbreitung als Schulfremdsprache verzeichnen. Verstärkt wird die hier entgegentretende Lernerdisposition z.T. auch durch eine in migrantischen Mehrsprachigkeitsmustern angelegte Kompetenz. So schnitt eine deutsch/russisch-zweisprachige Schülerin der Limburger Marienschule in einem zweiwöchigen Italienisch-interkomprehensiv-Unterricht an Primanerinnen eines Spanischkurses als beste ab (bei generell sehr guten Ergebnissen), obwohl sie als einzige weder Französisch- noch Lateinkenntnisse nachweisen konnte.

EnglischEnglisch-, FranzösischFranzösisch-, SpanischSpanisch- und LateinkenntnisseLatein und der in den Sachfächern erworbene deutsche BildungswortschatzBildungswortschatzdeutscher verleihen deutschsprachigen Kindern ein pädagogisch nutzbares Maß an Transferbasen für romanische Interkomprehensibilität (↗ Art. 7, 56). So können auch Deutschsprachige ihre mehrsprachigen Kenntnisse nutzen, um weitere, nicht nur romanische Sprachen zu erlernen. ‚Interkomprehension über die Familie der eigenen Muttersprache hinausInterkomprehensionüber die Familie der eigenen Muttersprache hinaus‘ lautet daher ein Ansatz, der in der deutschen Fremdsprachendidaktik starkes Interesse findet, zumal sich herausgestellt hat, welch wirksame StrategieStrategie der interkomprehensive Ansatz für die Förderung von SprachlernkompetenzSprachlernkompetenz ist.

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