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2.3. Lebensweltliche Viel-/Mehrsprachigkeit: Sprachen – Kulturen – Identitätskonstruktionen

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Wie Gogolins (1994) Formel des „monolingualen Habitus der deutschen Schule“ meint „lebensweltliche Mehrsprachigkeitlebensweltliche Mehrsprachigkeit“ keinen konkreten fremdsprachendidaktischen Ansatz, sondern eine Kontextbezeichnung, die aufgrund ihrer Beschaffenheit einen bestimmten didaktischen Zugriff verlangt. Dabei verbindet sie die soziale bzw. soziolinguistische Situation der Lerner, insbesondere von Kindern, mit definierten Lehr- oder Lernzielen. Beide Pole sind derweil an Viel- bzw. Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität festgemacht. Dabei sind Erst- und Zweitsprachen ebenso im Spiel wie Fremdsprachen. Vor allem mit den Erst- bzw. Familiensprachen und der Zweit- bzw. Umgebungs- oder Mehrheitssprache (Deutsch) ist auch ein Stück Identitätsbildung betroffen (↗ Art. 1).

Unsere europäischen Länder sind längst sowohl durch eine starke Einwanderung als auch durch eine rückläufige Entwicklung der angestammten Bevölkerungszahl gekennzeichnet. Eine erhebliche Verstärkung der aktiven Bevölkerung durch Immigration ist daher notwendig, schon um die sozialen Sicherungssysteme langfristig zu finanzieren bzw. zu erhalten (Meißner 2014). Hierauf müssen sich die betroffenen Gesellschaften und zuvorderst das Erziehungswesen einstellen. Auch vor diesem Hintergrund steht die Bewertung der etwa in Deutschland präsenten Einwanderer, ihrer Vielsprachigkeit und ihrer Identitätskonstruktion (↗ Art. 16)Migrantensprachen.

In den heimischen Varietäten (DialektDialekt), den MuttersprachenMuttersprache, Erstsprachen, den Zweitsprachen und in gewissem Umfang auch den Fremdsprachen verbinden sich die Kommunikationserlebnisse der Individuen mit deren SozialisationSozialisation. Nicht ohne Grund gelten sie als fundamental für die EnkulturationEnkulturation. Die sprachliche Bildung ruft daher nach Konzepten, wie unsere Gesellschaften mit der vorhandenen und der anzustrebenden VielsprachigkeitVielsprachigkeit umgehen sollen. Unbestritten ist, dass Migranten die Sprache der aufnehmenden Mehrheitsgesellschaft auf möglichst nativem Niveau erlernen sollen (sofern sie eine Integration in diese anstreben). Konkret verlangt eine plurale Gesellschaft zudem, dass Einwanderer, die ein Verbleiben in Deutschland anstreben, mittel- und langfristig die WerteWerte des GrundgesetzesGrundgesetz zur Richtschnur ihres Denkens und Handelns machen.

Die hohe Relevanz sprachlicher und (inter)kultureller Bildung für die Ausbildung einer plurireferentiellen Identität ist unbestritten. Sie bildet sich bei Einheimischen und Einwanderern aus den unterschiedlichen Erfahrungsräumen der Individuen. In diesem Zusammenhang wird oft folgender Mix genannt: lokal, regional, national, europäisch (Frankfurterin, Hessin, Deutsche, Europäerin). Die örtlichen Markierungen stehen neben anderen Zugehörigkeiten, die identitätsstiftend sein können, wie z.B. Beruf, Geschlecht, Generation und Alter, Religion, sexuelle Orientierung u.v.a.m. Aus diesen Zugehörigkeiten und Gruppenerlebnissen leitet sich positiv eine Steigerung der psychischen Befindlichkeit (psychic incomepsychic incomeሴiሴ) her. Neben Pro-Zuordnungen sind auch Anti-Zuordnungen möglich: Wir-GruppenGruppen können sich also auch in latenter oder offener Gegnerschaft zu anderen Gruppen bilden. Gründe hierfür können etwa echte oder vermeintliche Frustrationen, Ängste und Ablehnung seinAblehnung. Das augenfälligste Beispiel hierfür liefert die XenophobieXenophobie.

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik

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