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2.2.3.2 Das Fallbeispiel »4athlet«
ОглавлениеDas von einem aserbaidschanischen Studenten in Polen aufgesetzte Vorhaben zielt auf Sportprodukte mit einem authentischen Stil ohne erkennbare kulturelle bzw. nationale Spezifika. Im Vordergrund der Gründung steht das Verständnis globaler Anforderungen an moderne Sportbekleidung aus Sicht der Sporttreibenden, was sich auch in der nutzerorientierten Namensfindung spiegelt. Der tendenziell kosmopolitischen Ausrichtung entsprechend, ist der relevante Markt für das Venture auch nicht primär räumlich definiert und damit sowohl vom Heimat- als auch vom Gastland des Entrepreneurs entkoppelt. Einen Zugang zu Ländermärkten außerhalb dieses Spektrums ist über Online-Vertriebswege sowie den Zugang zu Plattformen (z. B. Amazon Sales) angestrebt bzw. realisiert. Im Mittelpunkt der Ausrichtung stehen sport- und designorientierte Kundenbedürfnisse, die in der Materialwahl, den Farbnuancen und Zuschnitten sowie Trageusancen entlang eines eigenständig aufgebauten, an globalen Marktmöglichkeiten orientierten Wertschöpfungsnetztes umgesetzt werden.
Die Nachhaltigkeit hat in der ursprünglichen Geschäftskonzeption keine originäre Rolle gespielt, sondern sich auf emergentem Wege entwickelt. So wurden einerseits Nachhaltigkeitsvorstellungen über die Zielkundschaft transportiert. Durch die eigene Entwicklungsarbeit war es möglich, dies in der Produkt- und Sortimentsgestaltung zu berücksichtigen. Andererseits haben sich bedingt durch moderne Möglichkeiten der Wertschöpfung Chancen ergeben, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeitsdimensionen in der Geschäftskonzeption zu verankern. Zu erwähnen ist vor allem der Einsatz des 3D-Druckverfahrens zur Fertigung eines neuen Schuhmodells. Der Fall ist von generellem Interesse, da er zeigt, wie gesellschaftliche Notwendigkeiten und technische Möglichkeiten Geschäftskonzepte in Richtung Nachhaltigkeit transformieren, ohne dass dies ursprüngliche Kernintention des Entrepreneurs war.
Mit Blick auf den transnationalen und transkulturellen Einfluss lässt der Fall erkennen, dass eine »mixed embeddedness« (Kloosterman et al. 1999) keine nennenswerte Rolle zu spielen scheint. Weder Communities und Netzwerke im Heimat- oder Gastland haben die Gründung spürbar beeinflusst bzw. inhaltlich geprägt. Es ist vielmehr der interkulturellen Kompetenz des Entrepreneurs sowie dem internationalen Studiengang einer polnischen Universität geschuldet, dass der Entrepreneur seine Gründungsmotivation auf- und ausbauen konnte und in seiner Intention eher auf die globale Ebene zielt. Diese interkulturelle Kompetenz ermöglichte zugleich den Zugang zu internationalen Lieferanten und der Etablierung von Geschäftsbeziehungen. Dies verlief jedoch nicht in geradliniger Weise, sondern anfangs mit erheblichen logistischen Schwierigkeiten und Störungen, deren Lösung ebenfalls von der interkulturellen Kompetenz, aber auch dem Koordinationsvermögen des Entrepreneurs abhängt.
Dieser Fall der campusbasierten Gründung mag vielleicht die Rolle der »mixed embeddedness« von Entrepreneuren relativieren. Er zeigt aber zugleich auf, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn sich transnationale bzw. transkulturelle Entrepreneure nicht primär über den Zugang zu ihrer eigenen ethnischen Gruppe bzw. zur Bevölkerung im Gastland sozialisieren, sondern primär über eine internationale Gemeinschaft mit vielen Nationalitäten und engen Beziehungen durch ein verschultes Studium, was Wahrnehmung und Handlungen offenbar stark prägt. Das wiederum ist ein Spezifikum dieses transkulturellen Gründungsprofils.