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2.1.2 Wirtschaftliche Nachhaltigkeit

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Viele neugegründete Unternehmen schaffen es nicht, am Markt erfolgreich zu werden, sondern scheitern schon in den ersten Jahren ihres Bestehens oder stagnieren auf niedrigem Niveau. Eine Erklärung dafür ist, dass viele Start-ups in etablierten Wirtschaftszweigen gegründet werden, in denen bereits eine große Konkurrenz herrscht, sie aber kein ausreichend einzigartiges Geschäftsmodell aufweisen, das einen, den bisherigen Angeboten überlegenen Kundennutzen verspricht. Dadurch verfügen diese, oft auf einen sehr lokal begrenzten Markt hin ausgerichteten, Unternehmen kaum über ein hinreichendes Wachstumspotenzial und sind somit häufig wirtschaftlich nicht nachhaltig (Davidsson et al., 2010).

Andere Kleinunternehmen könnten sich auf der Grundlage ihrer Geschäftsidee eigentlich positiv entwickeln, schaffen es aber nicht, typische Herausforderungen wie einen Mangel an Finanzkapital oder Personal zu beheben. Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich hier durch einen agilen Unternehmensentwicklungsprozess aus, bei dem ein für die Kundschaft attraktives Angebot durch eine Kombination von Kern- und unterstützenden Aktivitäten umgesetzt wird (Achtenhagen et al., 2017). Die Kernaktivitäten bauen dabei zunächst auf einer Geschäftsidee auf, die die Kundschaft und den Kundennutzen klar im Fokus hat. Hier ist es allerdings wichtig, diese Idee von Anfang an kontinuierlich weiterzuentwickeln und proaktiv die Augen für zusätzlich stützende Produkt- oder Dienstleistungsangebote offenzuhalten. Solche Möglichkeiten können sich bspw. aus einer veränderten Kundennachfrage oder technologischen Entwicklungen, etwa im digitalen Bereich, ergeben.

Eine besondere Herausforderung für neue Gründungsteams sind hier oft die Einsicht oder das Gefühl, nicht genügend Zeit zu haben, um neue Ideen zu entwickeln oder aber auch, um sich selbst weiterzubilden – zum Beispiel, um das Potenzial digitaler Technologien wie künstliche Intelligenz oder Industrie 4.0 für das eigene Unternehmen besser abschätzen zu können. Vor allem für weniger erfahrene Gründende ist es häufig schwierig, bei allen anfallenden Aufgaben Prioritäten zu setzen, so dass sich aufgrund der Fülle der unterschiedlichen zu treffenden Entscheidungen das Gefühl der Überforderung einstellt. Hier kann es hilfreich sein, z. B.durch Zuhilfenahme eines Coaches eine »Helikopterperspektive« einzunehmen, um einen besseren Überblick darüber zu erhalten, welche Aktivitäten für die nachhaltige Unternehmensentwicklung am wichtigsten wären und wie die meist knappen Ressourcen hierfür eingesetzt werden sollten.

Ein anderer wichtiger Schwerpunkt für die ständige Weiterentwicklung und Anpassung des Geschäftsmodells, um die Nachhaltigkeit des Unternehmens zu sichern, stellt die kritische Beobachtung von Veränderungen der Unternehmensumwelt, der Konkurrenz, aber auch der Branchenlogik selbst dar, um sicherzugehen, dass Entscheidungen bzgl. der Positionierung der eigenen Unternehmung innerhalb eines dynamischen Marktgeschehens so informiert wie möglich getroffen werden können.

Viele Gründende empfinden die Wahrnehmung, das Unternehmensumfeld nicht hinreichend kontrollieren zu können, als Herausforderung. Das aktive Mitwirken in branchenbezogenen Netzwerken kann in diesem Zusammenhang für ein besseres Selbstbewusstsein bzgl. des eigenen Verständnisses solcher unternehmensexterner Trends förderlich sein. Damit lässt sich nicht nur der aktuellen Status quo kontinuierlich überprüfen, sondern auch industriespezifische Fragen und Herausforderungen können mit anderen Expert(inn)en diskutiert werden (z. B.im Hinblick auf die Wahl internationaler Vertriebskanäle etc.).

Eine dritte, aber nicht weniger bedeutende Hauptaufgabe besteht darin, die passende Zielkundschaft zu identifizieren, ihr das Angebot des jungen Unternehmens zu verdeutlichen und Verkäufe zu einem Abschluss zu bringen. Diese Verkaufsaktivität nimmt üblicherweise einen beträchtlichen Teil der Zeit und Energie des Gründungsteams in Anspruch. Gerade für Unternehmen im Dienstleistungsbereich besteht eine große Herausforderung darin, die Zielkundschaft optimal zu erreichen und das Marketing dementsprechend anzupassen. Das Aufbauen von längerfristigen Kundenbeziehungen stellt hier einen zentralen Erfolgsfaktor dar (z. B. Colucci und Presutti, 2006).

Die Beachtung dieser Kernaktivitäten allein reicht jedoch noch nicht aus, um eine wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Wichtig ist auch die Unterstützung dieser Aktivitäten durch das Sicherstellen von hinreichendem Betriebskapital. Finanzielle Ressourcen sind nicht nur relevant, um die kontinuierliche Weiterentwicklung des Produkt- bzw. Serviceangebots voranzubringen, sondern auch um die Kassenliquidität und damit die Unternehmensaktivitäten sicherzustellen. Hier empfinden es viele Unternehmensgründende als besonders frustrierend, dass zahlreiche Kunden verspätet zahlen. Neben einem Experimentieren mit Skonto oder Vorkasse bieten sich mitunter direkte Hinweise an die Kundschaft an, um für die schwierige finanzielle Situation junger Kleinunternehmen Verständnis zu schaffen und die Zahlungsmoral zu verbessern.

Eine zentrale Rolle für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung spielt darüber hinaus ins Team passendes, qualifiziertes Personal. Hier stellen das Rekrutieren, das Training und das Entwickeln von Mitarbeitenden wichtige Aktivitäten dar, um für diese ein stimulierendes Arbeitsumfeld zu schaffen sowie ihren Unternehmensgeist und ihr Talent adäquat zu fördern und nutzen. Gerade neue und kleine Unternehmen sehen sich aber oft der Schwierigkeit ausgesetzt, zum erforderlichen Zeitpunkt das passende Personal zu finden und dieses auch langfristig zu halten und damit die vorhandenen Kompetenzen zu sichern. Erstaunlicherweise wird dem Thema, wie man die Rekrutierung des notwendigen Personals optimieren könnte, erstaunlich wenig Bedeutung beigemessen, obwohl es generell als eine große Herausforderung gesehen wird. Junge Unternehmen achten oft wenig darauf, welche Zielgruppe sie für welche Stellen eigentlich ansprechen sollten, auf welchen Stellenportalen diese Zielgruppen vorrangig aktiv suchen und welche eigenen Angebote demgemäß formuliert und dargestellt werden sollten. Der Bedeutung der Thematik wegen werden im Folgenden einige Fragen vorgestellt, mit denen sich Unternehmen vor Auswahl der Kanäle und des Ausschreibungstexts auseinandersetzen sollten, um sicherzustellen, dass sich tatsächlich passendes Personal bewirbt:

• Auf welchen Kanälen ist die Branche hauptsächlich vertreten? Nutzt die Zielgruppe die in Betracht gezogenen Kanäle, auf denen man die Stelle ausschreiben will? Welche Kanäle will oder sollte man auswählen?

• Passt die Aufmachung der Anzeige zu Branche, Unternehmen, gesuchten Auszubildenden/Fachkräften? – Will man die Anzeige über mehrere Kanäle veröffentlichen, müsste ggf. der Text konform zu den jeweiligen Kanälen umformuliert werden.

• Gibt die Stellenbeschreibung den tatsächlichen Aufgabenbereich hinreichend detailliert wieder?

• Was sind die tatsächlich relevanten Anforderungen? Was wäre wünschenswert? Welche Portale werden insbesondere von Personen mit der benötigten Qualifikation genutzt? Welche Kompetenzen müssen bereits mitgebracht werden? Welche könnten auch on-the-job im Rahmen einer internen Qualifizierung erworben werden?

• Welche Altersgruppe wird über die erforderliche Qualifikation hauptsächlich verfügen? (Welche Portale suchen potenzielle Auszubildende/Fachkräfte vorrangig für die Jobsuche auf?)

• Passen die geforderten Anforderungen zu dem, was man selbst an Anreizen und Arbeitsbedingungen bietet? Lässt sich ggf. bei einem weniger attraktiven Tätigkeitsbereich die Aufgabe neu zuschneiden? Welche (digitalen) Angebote reizen die gesuchten Auszubildenden, welche die Fachkräfte? Ausstattung, Weiterbildungs-/Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitszeitmodelle, Familienfreundlichkeit und entsprechende Videos zum Arbeitsplatz können attraktiv wirken, müssen aber realistisch dargestellt werden und glaubhaft wirken.

• Wodurch hebt sich das eigene Unternehmen positiv von der Konkurrenz ab? Warum sollten potenzielle Bewerber/-innen gerade hier arbeiten wollen? Wie soll das Unternehmen von außen wahrgenommen werden? Entspricht dies den tatsächlichen Gegebenheiten? – Hier ist es besonders wichtig, die Nachhaltigkeit der eigenen Unternehmensstrategie – insbesondere bzgl. der ökologischen und sozialen Dimensionen – treffend darzustellen, da es für viele Arbeitssuchende zunehmend entscheidend ist, dass der Wertekanon des möglichen Arbeitgebers mit den eigenen Wertvorstellungen übereinstimmt. Von zentraler Bedeutung ist es, ein authentisches Bild zu vermitteln, um späteren Enttäuschungen vorzubeugen. Für Gründungsteams kann die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden damit eine Chance bieten, die eigenen Zielsetzungen und Wertvorstellungen zu reflektieren und deutlich festzuhalten, welchen Werten man sich in seinem Handeln verpflichtet fühlt.

• Welche Arbeitsbedingungen bietet man potenziellen Auszubildenden/Fachkräften, die sich von denen der Konkurrenz abheben? – Eine explizite Selbstverpflichtung zu nachhaltigem Handeln kann hier ein positives Differenzierungsmerkmal sein.

• Welche alternativen Möglichkeiten zur Verbreitung des Angebots kommen neben Online-Stellenportalen noch in Betracht?

• Welche Kostenrestriktionen sind gegeben?

• Für neue und junge Unternehmen bedeutet jede Rekrutierung eine strategische Entscheidung mit weitreichenden Folgen für die Unternehmensentwicklung. Da aber der Rekrutierungsprozess zeit- und kostenaufwändig ist, tendieren Gründende oft dazu, ihre eigene Arbeitsbelastung sowie die ihrer Mitarbeitenden weiter zu erhöhen, um Neueinstellungen so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen. Damit steht immer weniger Zeit zur Verfügung, geeignetes neues Personal zu identifizieren, wodurch ein Teufelskreis entsteht. Denn es geht nicht nur darum, passendes neues Personal zu finden und anzustellen. Eine Herausforderung stellt auch die eigene Weiterbildung dar, für die häufig die nötige Zeit fehlt, da das Tagesgeschäft den strategischen Ausblick begrenzt. Dieser Sachverhalt wurde bereits 1959 von Edith Penrose aufgezeigt, die argumentierte, dass während des Unternehmenswachstums die Managementressourcen so von der täglichen Arbeit absorbiert werden, dass die Weiterentwicklung neuer Dienstleistungen, Kompetenzen und Unternehmensprozesse eingeschränkt und damit die Möglichkeit begrenzt wird, weitere Wachstumsmöglichkeiten zu nutzen.

Darüber hinaus stellt die Entwicklung von organisationalen Strukturen und Prozessen eine wichtige Aktivität dar, um Nachhaltigkeitsprozesse in der Unternehmensentwicklung zu unterstützen. Dabei spielt auch die Entscheidung, welche digitalen Systeme zum Einsatz kommen sollen, eine zentrale Rolle. Hier begehen viele Gründungsteams den Fehler, das Definieren von Strukturen und Prozessen aufzuschieben oder aber Organisationsentscheidungen zu treffen, die potenziellen späteren Wachstumsprozessen nicht gerecht werden, was zu Ineffizienz führen und die ohnehin schon als knapp empfundene Zeit weiter einschränken kann. Mit einem verbesserten Organisationsablauf ließe sich ein solches Problem zwar lösen; ihn zu entwickeln, kostet aber Zeit, die oft nicht vorhanden ist, was wiederum die Problematik verschärft.

Wie können junge und kleine Unternehmen diesem Dilemma entkommen? Wichtig sind hier der Erwerb und die Umsetzung von Zeitmanagement und Priorisierungskompetenz, um Ressourcen für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung zu gewinnen. Da frisch gegründete Unternehmen stark von ihren Gründungsteams abhängen, kann es sinnvoll sein, externe Ressourcen zu mobilisieren, z. B. durch die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen oder aber auch – falls möglich – durch die Einsetzung von Beratungsgruppen oder Aufsichtsräten. Auch staatlich geförderte Organisationen, die auf die Unterstützung von Entrepreneurshipaktivitäten spezialisiert sind, können hier hilfreich sein und die benötigte Kapazität von außen zuführen. Auch bei Fragen bzgl. branchenspezifischer Regulierungen, Buchhaltungsvorschriften oder Steuersachverhalten kann es sinnvoll sein, auf Kleinunternehmen spezialisierte Dienstleistungsangebote wahrzunehmen. Für eine bessere Akzeptanz am Markt wird jungen Unternehmen auch empfohlen, nicht als Einzelunternehmen aufzutreten, sondern, wenn möglich, eine Kapital- oder Personengesellschaft zu gründen.

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