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2.3.3 Erfassung und Bewertung von Signalen der Veränderung

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Ein Weg, um Trends zu erkennen, und die Möglichkeit, ihre Operationalisierung zu bewerten, ist die Sammlung von Signalen. Signale, die auf eine Veränderung hindeuten (signals of change) sind aktuelle Ereignisse oder konkrete Innovationen wie z. B. ein neues Produkt, eine innovative Dienstleistung, eine Initiative, neue Gesetzesankündigungen oder Technologien. Sie haben das Potenzial, andere Bereiche, Menschen oder Märkte zu beeinflussen und den Status quo in einem bestimmten Bereich zu verändern oder Entwicklungen im Hinblick auf ihr jeweiliges Ausmaß oder ihre geographische Verbreitung zu beschleunigen (vgl. IFTF 2020). In diesem Sinne helfen Signale, neu aufkommende Phänomene frühzeitig zu identifizieren und Entscheider/innen oder Gründer/innen zu inspirieren, um eine Grundlage für die Entwicklung von Innovationen oder die (Neu-)Ausrichtung des Geschäftsmodells zu schaffen. Dabei sollen diese Signale einen Beispielcharakter haben, aktuell sein und sich schnell ausbreitende Phänomene beschreiben (vgl. IFTF, 2018). Signale sollten in Start-ups und Unternehmen kontinuierlich gesucht und dokumentiert werden; sie können auch den Ausgangspunkt für eine Gründungsidee bilden. Dem methodischen Ansatz des IFTF folgend, sind hierfür vier Schritte erforderlich. Diese umfassen

(1) das Scannen der Umwelt nach Beispielen für neue Produkte/Dienstleistungen, Initiativen, Technologien oder Projekte,

(2) die Klassifizierung und Kurzbeschreibung des Signals,

(3) die Analyse der Relevanz für das Start-up, Unternehmen und/oder eine Branche sowie

(4) die Entwicklung eines Prozesses zum Sichern und Teilen der Signalinformationen innerhalb der jeweiligen Organisation (vgl. IFTF, 2018).

Ein Signal aus dem Bereich der Digitalisierung im Bildungssektor kann z. B. ein Newsbeitrag sein, in dem über die Entwicklung eines Chatbots als Unterstützung für Studierende an der Deakin Universität in Australien berichtet wurde (vgl. Deakin University). Der sprachbasierte, virtuelle Assistent »Genie« unterstützt Studierende proaktiv in allen Bereichen des Lernens. Der Chatbot basiert auf einer Smartphone App und ist z. B. mit der digitalen Bibliothek und anderen Services der Universität verbunden. Der Chatbot »Genie« bietet Funktionen eines Lern-Managementsystems und kann »kann z. B. eine sportliche Betätigung bei zu langen Lernzeiten vorschlagen oder an Prüfungen erinnern, wenn der Chatbot erkennt, das relevante Lerninformationen noch nicht geladen wurden (Signal entnommen aus Trenddatenbank, trendone, 2018). Dieses Signal kann ein Hinweis auf eine Entwicklung sein, die das Potenzial hat, auch an anderen Hochschulen oder Weiterbildungseinrichtungen in dieser oder ähnlicher Form zum Einsatz zu kommen. Ein Signal im Bereich regenerativer Energien könnte z. B. ein Newsbeitrag des Start-ups Solmove sein. Das u. a. am Berliner EUREF Campus ansässige Unternehmen berichtete bereits 2018 in einem Beitrag über einen Straßenbelag, »der Strom aus Sonnenlicht erzeugt, Schall schluckt, Stickoxide abbaut, im Winter Eis abtaut, wertvolle Daten zur Verfügung stellt und E-Mobile mit Strom versorgt« (Solmove, 2018).

Ein aktuelles Beispiel für die systematische Aufbereitung von Technologiebeschreibungen und Signalen bietet das Technologieradar des Kompetenzzentrums IT-Wirtschaft (https://radar.itwirtschaft.de/). Ziel dieses Technologieradars ist es, Wissen über die Entwicklung und Anwendung von neuen (in diesem Radar digitalen) Technologien zu erarbeiten und dieses Wissen mit unternehmerischen Entscheidungsprozessen zu verknüpfen. Das Technologieradar unterstützt dabei das Verständnis über neue Technologien, alternative Technologien mit dem Potenzial, bisherige Technologien zu ersetzen und zeigt unter Verwendung von Signalen auf, welche konkreten Anwendungen der jeweiligen Technologie denkbar oder bereits in der Anwendung sind. Damit verbindet das Technologieradar des Kompetenzzentrums IT-Wirtschaft Technologietrends mit konkreten Signalen, die Impuls und Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, die Neuausrichtung von Geschäftsfeldern oder die Grundlage einer Gründungsidee sein können.

Das Radar ( Abb. 1) ist in vier Quadranten aufgeteilt, die die Bereiche Data Sphere, Connected World, Smart Manufacturing und Artificial Intelligence umfassen (vgl. Berndt, 2020, 11 ff.). Der Metapher des Radars folgend, steigt der Reifegrad der auf dem Radar platzierten Technologien mit der Annäherung an das Zentrum des Radars. Dabei gibt bereits die Einordnung der Technologien Hinweise auf mögliche Handlungsempfehlungen, nämlich die Technologien bereits anzuwenden (innerer Kreis), zu testen (mittlerer Kreis) oder die weitere Entwicklung zunächst abzuschätzen (äußerer Kreis) (vgl. Berndt, Mietzner, 2019, 92 f.)

Diesen Bereichen können jeweils spezifische Technologien, Technologiebündel oder Anwendungen zugeordnet werden, wie z. B. Blockchain (3) im Bereich Data Sphere oder Mixed Reality (14) im Bereich Connected World, die als Punkte auf dem Radar platziert werden. Hinter jeder Technologie oder Anwendung sind Signale mit weiterführenden Quellen hinterlegt, also konkrete Projekte, Produkte, Initiativen, die der jeweiligen Technologie zugeordnet werden können. Unter Mixed Reality sind nun verschiedene Signale (z. B. »Immersive virtuelle Meetings für jeden Zweck«) hinterlegt, die das Verständnis zum Stand der jeweiligen Technologie unterstützen, Hinweise auf den jeweiligen Reifegrad geben und als Inspiration für den eigenen Innovationsprozess genutzt werden können ( Abb. 2). Weiterführende Quellen ermöglichen eine tiefergehende Recherche der im Signal zusammengefassten Informationen. Die in diesem Radar erfassten Technologien und Signale sind das Ergebnis eines fortlaufenden überwiegend über desk research durchgeführten Scoutingsprozesses (vgl. Berndt, Januar 2020, Juli 2020).

Das Radar kann für unterschiedliche Branchen und Bereiche angepasst werden (vgl. Berndt, Mietzner, 2020). Ziel ist es dabei, Komplexität zu reduzieren und Überblickswissen bereitzustellen, um Handlungsoptionen für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung abzuleiten.


Abb. 1: Die vier Quadranten im Technologieradar (Quelle: radar.it-wirtschaft.de)


Abb. 2: Signale als Element im Technologieradar des Kompetenzzentrums IT-Wirtschaft (Quelle: radar.it-wirtschaft.de)

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