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2.3.2 Charakterisierung von Veränderungen durch Trends
ОглавлениеWie bereits ausgeführt, kann die Auseinandersetzung mit Trends ein vielsprechender Ansatz sein, um Veränderungen besser zu verstehen und Geschäftsmodelle entsprechend auszurichten. Der Trendbegriff wird in der Praxis aber auch im wissenschaftlichen Diskurs unterschiedlich verstanden und verwendet. Trends werden umgangssprachlich häufig mit kurzfristigen, flüchtigen Modeerscheinungen assoziiert, während für eine sozialwissenschaftliche Zukunftsforschung insbesondere globale Trends oder Megatrends mit weiten Zeithorizonten sowie Technologietrends von Interesse sind, da sie eine große Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft haben (vgl. Zukunftsinstitut, 2020, 13). In der Statistik wird unter einem Trend wiederum die Komponente einer Zeitreihe verstanden, von der angenommen wird, dass sie längerfristig und nachhaltig wirkt (vgl. Rottmann, 2018). Für den vorliegenden Beitrag ist die sozialwissenschaftliche Perspektive auf den Trendbegriff von Interesse: mit einer zeitlichen Perspektive von mehr als 15 Jahren für Megatrends und mit 5 bis 10 Jahren für Technologietrends. Bei diesem Trendverständnis wird davon ausgegangen, dass zukünftige Entwicklungen sehr unsicher und somit statistische Methoden (Prognosen) nicht passfähig sind, um Entwicklungen in der Zukunft zu beschreiben (vgl. Tinnilä, 2012, 2). Megatrends sind nicht kleinteilig; sie beschreiben große Entwicklungen, die eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen, bereits heute sichtbar sind und wahrscheinlich auch in Zukunft weiter fortdauern. Zudem sind diese Trends von außen gegeben und müssen entsprechend interpretiert werden (vgl. Grömling, Haß, 2009, 8).
Der Begriff Megatrend wird in der sozialwissenschaftlichen Betrachtung akzeptiert als eine Bewegung, als Treiber des Wandels, der über eine lange Zeit andauert, auch mehrere Generationen betreffen kann und einen entsprechenden Einfluss auf die Gesellschaft und Umwelt hat. Beispiele für diese Megatrends sind der Klimawandel, bestimmte Technologieentwicklungen oder der demographische Wandel (vgl. Tinnilä, 2012, 3). Die Identifikation von Trends und die systematische Bewertung des jeweiligen Trends und seiner Auswirkungen, z. B. auf die Entwicklung eines Start-ups, kann durch Beobachtungen oder ein systematisches Trendscouting erfolgen. Dabei sind insbesondere jene Phänomene von Interesse, die sich aus Nischen oder gesellschaftlichen Randbereichen heraus entwickeln und in der breiten Gesellschaft zunehmend aufgegriffen werden (vgl. Zukunftsinstitut, 2018, 10). Trends geben aber letztlich nur einen Orientierungsrahmen und unterstützen Gründer/innen und Entscheider/innen dabei, neue Perspektiven einzunehmen und die Position des jeweiligen Start-ups oder etablierten Unternehmens vor dem Hintergrund von Trends zu bewerten und Impulse für Innovationen zu erhalten.
Für die Diskussion einer ökologisch nachhaltigen Ausrichtung eines Unternehmens lohnt es sich einen Megatrend herauszugreifen, der unter dem Begriff »Neo Ökologie« (vgl. Zukunftsinstitut 2018) bekannt ist und deutlich mehr umfasst als Öko-Produkte oder Green Washing. Eine Operationalisierung dieses Trends ist in vielen Geschäftsmodellen von Start-ups zu finden, die z. B. die Idee einer Kreislaufwirtschaft aufgegriffen haben, regenerative Formen der Energieerzeugung nutzen und einen Beitrag für den Umweltschutz leisten. Ein Beispiel ist die asgoodasnew electronics GmbH aus Frankfurt/Oder, die sich auf das Recycling und den Wiederverkauf von Elektronikartikeln spezialisiert hat oder das bayrische Unternehmen Blue Freedom mit seinem miniaturisierten Wasserkraftwerk zur Erzeugung elektrischer Energie für unterwegs, aber auch Original Unverpackt (OU) aus Berlin, als Beispiel für Verpackungsvermeidung im Handel oder die Buchungsplattform B’n’Tree aus Süddeutschland, die beim Buchen einer Urlaubsreise für das Pflanzen eines Baumes sorgt und damit einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leistet. Start-ups, die als »grün« charakterisiert werden, erbringen mit ihren Produkten, Technologien und/oder Dienstleistungen einen Beitrag zu den ökologischen Zielen einer Green Economy (vgl. Olteanu, Fichter 2020). Dabei wird laut dem Green Start-up Monitor 2020 davon ausgegangen, dass derzeit ca. 6.000 Start-ups in Deutschland einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten und somit als »grün« bezeichnet werden können (Olteanu, Fichter 2020, 13). Aber auch etablierte Unternehmen wie z. B. Ikea versprechen, dass es bis 2030 möglich sein soll, jedes IKEA-Produkt für neue Zwecke zu nutzen, zu reparieren, weiterzuverkaufen oder zu recyceln, um den vielen Sperrmüll zu verringern (vgl. Website IKEA). Der Megatrend Neo Ökologie (Wortverbindung aus Ökologie, Ökonomie und gesellschaftlichen Engagement) steht aber auch im Zusammenhang mit einem veränderten Konsumverhalten, Einstellungen und Lebensweisen vieler Menschen. Viele neue Geschäftsmodelle basieren auf den Prinzipien der Sharing Economy mit Wirkungen auf eine ökologische aber auch ökonomische Nachhaltigkeit, die sich sowohl bei Start-ups (z. B. E-Scooter Verleih durch die TIER Mobilty GmbH) aber auch bei etablierten Unternehmen (z. B. share now, Carsharing Angebot von BMW und Daimler) finden lässt und letztlich die Bereitschaft der Menschen voraussetzt, Produkte zu benutzen bei Bedarf aber nicht zu besitzen.