Читать книгу Wohnwunschermittlung bei Menschen mit Komplexer Behinderung - Группа авторов - Страница 29
Ermittlung von Wohnwünschen
ОглавлениеAus Sicht der professionellen Akteur*innen erfolgt die Ermittlung von Wohnwünschen im Rahmen eines Hilfeplan-Gespräches. Daran nehmen die Bewohner*innen selbst, Mitarbeitende aus dem aktuellen Wohnangebot, Eltern oder eine vertraute Person, Teilhabeberater*innen, Bezugsmitarbeitende oder Alltagsbegleiter*innen sowie Mitarbeitende aus der Werkstatt oder der Schule teil. Zusätzlich werden ggf. alte Unterlagen (bspw. aus dem vorherigen Wohnangebot oder der Schule) für die Evaluation von (Wohn-)Wünschen herangezogen, wenn ein Gespräch wegen fehlender verbalsprachlicher Kompetenzen nicht aufgebaut werden kann und nahe Angehörige nicht zur Verfügung stehen. Als Methode zur Ermittlung der Wohnwünsche werden Gespräche, Interviews, Alltagsbeobachtungen, Piktogramme, Plakate, Fragenkataloge, ein Hilfeplankoffer mit verschiedenen Materialien sowie der Besuch und das Kennenlernen eines anderen Wohnangebotes genannt.
Die Wohnwunschermittlung wird als herausfordernd beschrieben, wenn alternative Wohnerfahrungen fehlen, so dass die Personen »[…] im Grunde gar keine Vorstellungen formulieren. […] es gibt da viele Leute, die tatsächlich immer sagen: Weiß ich nicht, weiß ich nicht.« (MA 4). Auch wird der Prozess der Wunschäußerung und -entscheidung als voraussetzungsvoll beschrieben:
»[…] die Person muss erstmal in der, sozusagen kognitiv in der Lage sein, auszuwählen. Es muss geübt werden und das Ja-Nein-Konzept ist letztlich kognitiv ein hochanspruchsvolles. […] und das ganze Thema ›wie stelle ich mir Zukunft vor‹. Dafür brauche ich irgendwie eine Orientierung in der Zeit […]« (ExpWiss1).
Zudem wird darauf verwiesen, dass Bewohner*innen ihre Fähigkeiten, selbstständig wohnen zu können, überschätzen und der Einfluss von Angehörigen oder Betreuer*innen eine große Rolle spielt.
Die Rolle der Stellvertretung muss immer wieder reflektiert werden. Es muss kritisch hinterfragt werden, inwiefern Wünsche eines Menschen stellvertretend erfasst werden können.
Bei Menschen mit geringen oder fehlenden verbalsprachlichen Fähigkeiten gestaltet sich der Prozess schwierig. Hier wird das Fehlen von standardisierten Erhebungsinstrumenten für die Personengruppe angeführt. Vorhandene Methoden müssen deutlich verbessert bzw. an die jeweiligen Fähigkeiten der Person angepasst werden. Die Methode der Alltagsbeobachtung zur Wohnwunschermittlung nehme viel Zeit in Anspruch, so dass die begrenzten zeitlichen Ressourcen im Praxisalltag als Barriere gesehen werden. Auch finanzielle Fragen können den Prozess im Vorfeld so beeinflussen, dass für Mitarbeitende in Gesprächen solche Fragen wie »›Wie will eigentlich jemand wohnen?‹ erstmal gar nicht so ein Thema sind« (ExpWiss1).