Читать книгу Das Neue Testament - jüdisch erklärt - Группа авторов - Страница 59
Оглавление1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.
4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe[*]; die war schwanger. 6 Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Lk 2,1–7 Die Geburt Jesu (Mt 1,18–25) 2,1 Augustus, der von 27 v.u.Z –14 u.Z. herrschte, wurde auch „Gott“, „Sohn Gottes“, „Erlöser“ und „Vater“ genannt. Die Leserschaft des LkEv hat deshalb wohl die politische Herausforderung erkannt: Welchem „Sohn Gottes“ sollten sie nachfolgen, Jesus oder dem Caesar? Geschätzt, dieser Zensus ist sonst nicht bezeugt. Rom, das die Gebietsansässigen vorrangig zur Erhebung der Steuern erfasste, führte keine einmalige Schätzung im gesamten Reichsgebiet durch und forderte die Menschen dafür auch nicht auf, in ihre Heimatstädte zurückzukehren, um sich amtlich einzutragen. Es liegen keine externen Zeugnisse für einen römischen Zensus unter Herodes dem Großen vor, während dessen Regierungszeit Jesus geboren wurde. Im jüdischen Denken steht das Zählen von Menschen in direktem Gegensatz zum göttlichen Willen (Ex 30,12; 2Sam 24). Apg 5,37 datiert die Revolte von Judas dem Galiläer in die „Tage[…] der Volkszählung“ und kontrastiert somit den Gehorsam Josefs und Marias mit der Auflehnung des Judas. Die Szene könnte ein Midrasch zu Ps 87,5–6[LXX 86] sein. 2,2 Quirinius, wurde als legatus (militärischer Statthalter) eingesetzt, um den Aufstand der Homonadenser in Kilikien zu unterdrücken; der eigentliche Statthalter war Varus. Josephus berichtet (Ant. 17,354; 18,1–2; vgl. auch Bell. 2,117; 7,253) von einem Provinzialzensus unter Quirinius im Jahr 6 u.Z., nach dem Tod des Herodes. 2,3–4 Ein jeglicher in seine Stadt, der Zensus erklärt, wie Jesus in Bethlehem geboren werden kann, in der Stadt, in der David geboren worden war (1Sam 17; 20; Mi 5,1 prophezeit einen Herrscher aus Bethlehem; vgl. Mt 2,5–6). Bethlehem liegt etwa 8 km von Jerusalem und 137 km von Nazareth entfernt. 2,7 Erster Sohn, gr. prototokos (hebr. bechor), der als solcher Gott geweiht ist (Ex 13,2.12.15; Num 3,12–13; Dtn 21,17); Israel ist Gottes „erstgeborener Sohn“ (Ex 4,22). Krippe, ein Futtertrog; die Assoziierung Jesu mit dem Trog – einem Sinnbild für Nahrung – antizipiert bereits das Letzte Abendmahl (Lk 22,19). Die Weihnachtskrippe mit den Magiern (aus Mt 2) und den Hirten (aus dem LkEv) wurde von Franz von Assisi im dreizehnten Jahrhundert erfunden. Herberge, im Gegensatz zu der populären Lesart gibt Lukas keinen Hinweis darauf, dass der Wirt der armen Familie die Gastfreundschaft verwehrt; vielmehr geht es darum, dass es keinen Raum für die Privatsphäre gab, die für eine Geburt vonnöten war.
8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9 Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens[*].
15 Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.
Lk 2,8–20 Die Verkündigung an die Hirten (Mt 2,1–12) 2,8 Hirten, deutet die zahlreichen positiven Hirtenbilder (Mose und David eingeschlossen) in den Schriften Israels und vielleicht die Verbindung zwischen Schafen und der Ordnung der Opfer an (vgl. Philo spec. 1,133.136). 2,9 Klarheit des Herrn, vgl. hebr. kavod [JHWHs] (Ex 16,7.10; 24,16–17; Jes 40,5 u.a.). 2,10 Große Freude, vgl. Anm. zu 1,19. Allem Volk, hebr. kol ha‘am wäre von einer jüdischen Hörerschaft als „das Volk Israel“ betreffend verstanden worden. 2,11 Stadt Davids, vgl. Anm. zu 2,3–4. Christus, der Herr, vgl. Anm. zu 1,17. In PsSal 17,32 wird „der Gesalbte [des Herrn]“ mit Blick auf einen davidischen König verwendet; vgl. auch „den Gesalbten des Herrn“ in 1Sam 24,7 (in Bezug auf König Saul); Klgl 4,20. 2,12 In Windeln gewickelt, vgl. Weish 7,4–5. Krippe, vgl. Anm. zu 2,7. 2,13 Himmlische Heerscharen, Dtn 4,19; 1Kön 22,19; Jer 8,2; Ps 33,6 u.a.; die Engel, die Gott dienen und Gottes Lobpreis singen (Jes 6,3; Ps 29). 2,19 Vgl. Lk 2,51.
21 Und als acht Tage um waren und er beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, welcher genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war.
22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn hinauf nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen, 23 wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (Exodus 13,2; 13,15): »Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«, 24 und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (Levitikus 12,6–8).
Lk 2,21–24 Die Beschneidung und Darstellung Jesu 2,21 Und als acht Tage um waren, wörtl. „erfüllt wurden“; die rituelle Beschneidung findet acht Tage nach der Geburt statt; vgl. Anm. zu 1,59. Gab man ihm den Namen Jesus, vgl. Anm. zu 1,31. 2,22 Ihrer Reinigung, Väter oder Neugeborene mussten sich keinen Reinigungsriten unterziehen. Bei dem Versuch, die Historizität dieser irregulären Praxis zu belegen, wird in der Forschung oft darauf verwiesen, dass Josef bei der Geburt Jesu geholfen habe und folglich auch er rituell unrein gewesen sei: Der Text, der dabei zumeist zitiert wird (z.B. mNid 5,1), untermauert diese Behauptung nicht. Bezüglich der Reinigung der Mutter (vierzig Tage nach der Geburt eines Sohnes) vgl. Lev 12. Gesetz des Mose, der erste von neun Verweisen des Evangeliums auf die Tora. Jerusalem, ein lukanischer Fokus. Ihn darzustellen, möglicherweise eine Anspielung auf die pidijon ha-ben, die „Auslösung des Erstgeborenen“ (Ex 13,2.12.15; Num 18,15–16; Neh 10,36–37); kein Gesetz schreibt diese Darstellung vor. Lukas könnte auf die Darstellung des Samuel (1Sam 2,24) anspielen. 2,23 Eine Paraphrase von Ex 13,2.
25 Und siehe, ein Mensch war in Jerusalem mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war auf ihm. 26 Und ihm war vom Heiligen Geist geweissagt worden, er sollte den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen. 27 Und er kam vom Geist geführt in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz, 28 da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach:
29 Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren,
wie du gesagt hast;
30 denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
31 das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern,
32 ein Licht zur Erleuchtung der Heiden
und zum Preis deines Volkes Israel.
33 Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich über das, was von ihm gesagt wurde. 34 Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass viele in Israel fallen und viele aufstehen, und ist bestimmt zu einem Zeichen, dem widersprochen wird – 35 und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen –, damit aus vielen Herzen die Gedanken offenbar werden.
36 Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuëls, aus dem Stamm Asser. Sie war hochbetagt. Nach ihrer Jungfrauschaft hatte sie sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt 37 und war nun eine Witwe von vierundachtzig Jahren; die wich nicht vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht. 38 Die trat auch hinzu zu derselben Stunde und pries Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.
Lk 2,25–38 Simeon und Hanna 2,25 Jerusalem, vgl. Anm. zu 2,22. Simeon, sonst nicht bezeugt. Trost, gr. paraklēsis, hier synonym mit Erlösung, vgl. Anm. zu 1,68 und 24,21; vgl. auch Jes 40[LXX]; syrBar 44,7. Heiliger Geist, vgl. Anm. zu 1,15. 2,27 Wie es Brauch ist, vgl. Anm. zu 2,22. 2,29 Nun lässt du […] fahren, lat. nunc dimittis, der traditionelle Name des Lobgesangs. 2,31 Heil, vgl. Lk 3,6. Vor allen Völkern, vgl. Jes 52,10; Ps 98,2. 2,32 Erleuchtung der Heiden, vgl. Jes 49,6; im Judentum wurde gewöhnlich gelehrt, dass die Erlösung allen Völkern gilt. Preis deines Volkes Israel, vgl. Jes 46,13. 2,33 Vater, Josef (Lk 2,48; 3,23). 2,34 Segnete sie, vielleicht die Andeutung eines priesterlichen Segens (Num 6,23; 1Sam 2,20). Fallen und […] aufstehen, Jesu Verkündigung und die Verkündigung über ihn sorgte für Spaltungen unter Jüdinnen und Juden. 2,35 Durch deine Seele wird ein Schwert dringen, im christlichen Denken werden sich Lehren über die Gerechtigkeit, das Leiden und die Fürbitte Marias entwickeln. 2,36 Prophetin, Hanna, vergleichbar mit anderen Prophetinnen im Judentum (Mirjam [Ex 15,20], Debora [Ri 4,4], Hulda [2Kön 22,14] und wohl Jesajas Frau [Jes 8,3]). 2,37 Witwe, Lukas befürwortet den Zölibat. Allerdings wohnten Menschen nicht für einen längeren Zeitraum am Tempel, trotz Ps 23,6. 2,38 Erlösung Jerusalems, vgl. Anm. zu 1,68 und 24,21.
39 Und als sie alles vollendet hatten nach dem Gesetz des Herrn, kehrten sie wieder zurück nach Galiläa in ihre Stadt Nazareth. 40 Das Kind aber wuchs und wurde stark, voller Weisheit, und Gottes Gnade lag auf ihm.
Lk 2,39–40 Die Kindheit Jesu 2,39 Nach dem Gesetz des Herrn, Lukas hebt die Verbindung der Familie zur Tora hervor. 2,40 Voller Weisheit, vgl. Jes 11,2.
41 Und seine Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem zum Passafest. 42 Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach dem Brauch des Festes. 43 Und als die Tage vorüber waren und sie wieder nach Hause gingen, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine Eltern wussten‘s nicht. 44 Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. 45 Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem und suchten ihn.
46 Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. 47 Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. 48 Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49 Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss bei denen, die zu meinem Vater gehören[*]? 50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte. 51 Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen gehorsam. Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen. 52 Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.
Lk 2,41–52 Jesus im Tempel 2,41 Alle Jahre, Lukas führt die Themen Jerusalem, Tempel und Tora fort; die jährliche Pilgerreise erinnert an Hanna (1Sam 1,3). Passafest, eines der drei Wallfahrtsfeste (mit Sukkot/Laubhüttenfest und Schawuot/Wochenfest); vgl. Ex 23,14–17; Dtn 16,1–8.16 sowie Lk 22,7–13. 2,42 Zwölf Jahre alt, entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich dabei nicht um Jesu Bar Mizwa; bezüglich jüngerer Texte über das Alter von dreizehn Jahren als Alter der Verantwortung Erwachsener vgl. mNid 5,6; mAv 5,21. 2,47 Erzählungen über die erstaunliche Weisheit von Helden sind verbreitet, z.B. über Kyrus (Hdt. 1,114ff.), Alexander den Großen (Plut.Alex. 5), Mose (Philo Mos. 1.21; Jos.Ant. 2,230) und Samuel (Jos.Ant. 2,230); in Jos.Vit. 9 wird festgehalten: „Noch als Jugendlicher, so um das vierzehnte Jahr – erhielt ich Lob von allen für meine Stoffkenntnis; die Hohenpriester und die Vornehmsten der Stadt trafen sich immer wieder, um von mir genauere Auskunft über die Gesetzesbestimmungen zu erhalten.“ 2,48 Vater, vgl. Anm. zu 2,33, was die Ironie in Jesu Antwort in Lk 2,49 bereits vorbereitet. 2,49 Bei denen, die zu meinem Vater gehören, der Ausdruck ist im Tanach verbreitet, bezieht sich aber nie auf den Tempel. 2,51 Vgl. Lk 2,19. 2,52 Vgl. 1Sam 2,26; Lk 1,80; 2,40; Mose wird mit ähnlichen Begriffen beschrieben (Philo Mos. 1,19; JosAnt. 2,231); vgl. auch Spr 3,4.