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Jesu Predigt in der Synagoge (Lk 4,16–30)
ОглавлениеDiese Erzählung von Jesu Predigt in der örtlichen Synagoge, die Markus‘ Bericht über die Zurückweisung Jesu in Nazareth (Mk 6,2–6) ersetzt, gilt gemeinhin als die Schlüsselerzählung des Lukasevangeliums: Jesus kündigt an, dass er die Vorhersagen Jesajas über den „Gesalbten“ erfülle (Lk 4,18; das griechische echrisen ist mit dem Begriff „Christos“, Gesalbter, verwandt), die Mission unter den Völkern wird angekündigt und die Juden in der Synagoge lehnen ihn in aggressiver Weise ab. Obwohl die Versammlung seine Botschaft anfangs begrüßt (Lk 4,22), steht am Anfang des Erzählprozesses, durch den sich anfängliche Zustimmung in Ablehnung wandelt, die Anspielung auf zwei Vorläufer der Sendung Jesu: Die Propheten Elia und Elischa vollbrachten Wunder nicht für Juden, sondern für Nichtjuden. Lukas beschreibt dann, wie die Versammlung „von Zorn erfüllt“ wurde, Jesus „zur Stadt hinaus [stieß]“ und ihn „an den Abhang des Berges“ führte, „um ihn hinabzustürzen“ (Lk 4,28–29). Die christliche Predigt hat diese bösartige Reaktion bisweilen durch die Vermutung zu erklären versucht, dass die Juden, die nicht nur ethnozentrisch, sondern auch fremdenfeindlich seien, die messianischen Heilszusagen für sich selbst zu sichern suchten; deshalb hätten sie Jesus zu töten versucht, weil er eine frohe Botschaft für Nichtjuden hatte. Solche Schlussfolgerungen interpretieren die jüdische Geschichte falsch. Juden hatten generell gute Beziehungen zu Nichtjuden, wie auch der Vorhof der Nichtjuden im Jerusalemer Tempel, Nichtjuden als Stifter von Synagogen (Lk 7,1–10) und Nichtjuden als Gottesfürchtige (Apg 10) bezeugen. Sie erwarteten auch die Erlösung rechtschaffener Nichtjuden, die dann in Strömen zum Zion pilgern würden, wie Sach 8,23 erwartet: „Zu jener Zeit werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“ (S. „Jüdische Perspektiven auf Nichtjuden“.) Die Ablehnung Jesu wird nicht von Xenophobie angetrieben; vielmehr ist sie eine Reaktion auf seine Weigerung, seiner Heimatstadt den messianischen Segen zuzusprechen.
31 Und er ging hinab nach Kapernaum, einer Stadt in Galiläa, und lehrte sie am Sabbat. 32 Und sie waren bestürzt über seine Lehre; denn seine Rede war gewaltig.
33 Und es war ein Mensch in der Synagoge, besessen von einem Dämon, einem unreinen Geist, und der schrie laut: 34 Halt, was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus von Nazareth? Bist du gekommen, uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes! 35 Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm! Und der Dämon warf ihn mitten unter sie und fuhr von ihm aus und tat ihm keinen Schaden. 36 Und es kam eine Furcht über sie alle, und sie redeten miteinander und sprachen: Was ist das für ein Wort? Er gebietet mit Vollmacht und Gewalt den unreinen Geistern, und sie fahren aus. 37 Und die Kunde von ihm erscholl in alle Orte des umliegenden Landes.
Lk 4,31–37 Die Heilung in Kapernaum (Mt 4,13; 7,28–29; Mk 1,21–28) Die erste der fünf Heilungen am Sabbat (Lk 4,31.38; 6,6; 13,10; 14,1). Die Volksmenge nimmt keinen Anstoß; Jesus übertritt kein Sabbatgebot. 4,31 Kapernaum, vgl. Anm. zu V. 23. Lehrte, die Synagoge wäre als Versammlungsort wäre ein geeigneter Ort zum Lehren gewesen, und zwar nicht nur von biblischem Material. 4,32 Gewaltig, auch in V. 36; vielleicht ein Verweis darauf, dass er lehrte ohne sich auf die Tradition zu stützen; vgl. z.B. mAv 1,1; vgl. Mt 7,29. 4,36 Er gebietet […] den unreinen Geistern, vgl. Tob 3,17; Apg 19,13; 1QGenAp 20,16–29; Jos.Bell. 7,185; Ant. 8,45–49 neben anderen Quellen, die auch jüdische Exorzisten bezeugen. Nach Sach 13,2 wird der „Geist der Unreinheit“ in einem eschatologischen Kontext ausgetrieben werden.
38 Und er machte sich auf aus der Synagoge und kam in Simons Haus. Und Simons Schwiegermutter lag in hohem Fieber, und sie baten ihn für sie. 39 Und er trat zu ihr und bedrohte das Fieber, und es verließ sie. Und sogleich stand sie auf und diente ihnen.
Lk 4,38–39 Die Schwiegermutter des Simon Petrus (Mt 8,14–15; Mk 1,29–31) Die zweite Heilung am Sabbat (vgl. Anm. zu 4,31–37). 4,38 Simon, vgl. Lk 5,1–11; 6,13–14. Schwiegermutter, die Evangelien erwähnen keine Ehefrau (vgl. aber 1Kor 9,5). 4,39 Bedrohte, deutet an, dass ein Dämon das Fieber verursacht hatte (Lk 4,35). Diente, gr. diakonei; oder „kümmerte sich“; der Ursprung der Bezeichnung „Diakon“ (vgl. Lk 8,3; 10,40; 22,26–27).
40 Und als die Sonne untergegangen war, brachten alle ihre Kranken mit mancherlei Leiden zu ihm. Und er legte einem jeden die Hände auf und machte sie gesund. 41 Von vielen fuhren auch die Dämonen aus, schrien und sprachen: Du bist der Sohn Gottes! Und er bedrohte sie und ließ sie nicht reden; denn sie wussten, dass er der Christus war.
Lk 4,40–41 Die Heilungen am Abend (Mt 8,16–17; Mk 1,32–34) 4,40 Als die Sonne untergegangen war, Ende des Sabbats. Legte […] die Hände auf, zum heilen und segnen (vgl. Gen 48,14) sowie zur Weihe (z.B. Ex 29) und bei Beauftragungen (z.B. Num 27,23).
42 Als es aber Tag wurde, ging er hinaus an eine einsame Stätte; und die Menge suchte ihn, und sie kamen zu ihm und wollten ihn festhalten, damit er nicht von ihnen ginge. 43 Er sprach aber zu ihnen: Ich muss auch den andern Städten das Evangelium predigen vom Reich Gottes; denn dazu bin ich gesandt. 44 Und er predigte in den Synagogen des jüdischen Landes.
Lk 4,42–44 Der Missionsauftrag (Mt 4,23; Mk 1,35–39) 4,42 Menge, Jesus wird weiterhin vom jüdischen Volk unterstützt. 4,43 Reich Gottes, ein wesentlicher Bestandteil von Jesu Botschaft; vgl. Sach 14,9; Ps 93–99; das „Kaddisch“-Gebet erbittet: „Gottes Reich erstehe in eurem Leben und zu euren Zeiten […]“ („vajamlich malkutej bechajejchon uvejomejchon […]“); bBer 14b. 4,44 Synagogen, vgl. Anm. zu 4,15. Jüdisches Land, Jesus Lehrtätigkeit führt ihn über die Grenzen Galiläas hinaus.