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4. „Wer ein tugenhaft Weib gefunden, hat einen größern Schatz, denn köstliche Perlen.“

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Einen solchen Schatz hatte Rabbi Meir, der große Lehrer, gefunden. Er saß am Sabbath in der Lehrschule, und unterwieß das Volk. Underdeß starben seine beyden Söhne, beyde schön von Wuchs und erleuchtet im Gesetze. Seine Hausfrau nahm sie, trug sie auf den Söller, legte sie auf ihr Ehebett, und breitete ein weißes Gewand über ihre Leichna-|me. Abends kam Rabbi Meir nach Hause. – Wo sind meine Söhne, fragte er, daß ich ihnen den Segen gebe? – Sie sind in die Lehrschule gegangen, war ihre Antwort. – Ich habe mich umgesehen, erwiederte er, und bin sie nicht gewahr worden. – – Sie reichte ihm einen Becher; er lobte den Herrn zum Ausgange des Sabbaths,2 trank und fragte abermals: Wo sind meine Söhne, daß sie auch trinken vom Wein des Segens? – Sie werden nicht weit seyn, sprach sie, und setzte ihm vor zu essen. Er war guter Dinge, und als er nach der Mahlzeit gedankt hatte, sprach sie: Rabbi, erlaube mir eine Frage! – So sprich nur, mei-||ne Liebe! antwortete er. – Vor wenig Tagen, sprach sie, gab mir jemand Kleinodien in Verwahrung, und jetzt fordert er sie zurück. Soll ich sie ihm wiedergeben? – | Dieß sollte meine Frau nicht erst fragen, sprach Rabbi Meir. Wolltest du Anstand nehmen, einem jeden das Seine wiederzugeben? – O nein! versetzte sie; aber auch wiedergeben wollte ich, ohne dein Vorwissen, nicht. – – Bald darauf führte sie ihn auf den Söller, trat hin und nahm das Gewand von den Leichnamen. – Ach meine Söhne! jammerte der Vater; meine Söhne … und meine Lehrer! Ich habe euch gezeugt, aber ihr habt mir die Augen erleuchtet im Gesetze. – Sie wendete sich hinweg und weinte. Endlich ergrif sie ihn bey der Hand und sprach: Rabbi, hast du mich nicht gelehrt, man müsse sich nicht weigern wiederzugeben, was uns zur Verwahrung vertraut ward? Siehe, der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen; der Namen des Herrn sey gelobet! – Der Namen des Herrn sey gelobet! stimmte Rabbi Meir mit ein. Wohl heißt es: „Wer ein tugendhaft Weib gefunden, hat einen größern Schatz, | denn köstliche Perlen. Sie thut ihren Mund auf mit Weisheit, und auf ihrer Zunge ist holdselige Lehre.“

Moses Mendelssohn

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