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Mendelssohns Nacherinnerung
Оглавление| ||Herr Lavater hat die Gütigkeit gehabt, mir diese seine Antwort in Manuscript zu zuschicken, bevor er sie dem Drucke übergeben lassen. Ich erkenne in diesem Betragen seine gute Gesinnung und Freundschaft für mich. Der Inhalt seiner Antwort aber zeigt, meines Erachtens, seinen moralischen Charakter von der vortreflichsten Seite. Man findet in demselben die untrüglichsten Merkmale der wahren Menschenliebe, und ächten Gottesfurcht, brennenden Eifer für das Gute und Wahre, ungeschminkte Rechtschaffenheit, und eine Bescheidenheit, die der Demuth nahe kommt. Es freuet mich ungemein, daß ich den Werth dieser edelmüthigen Seele nie verkannt habe. Selbst in dem ersten Augenblicke der Empfindlichkeit habe ich die Absichten des Hrn. L. nicht in | Verdacht gehabt, so sehr es mich auch befremden mußte, das erste Schreiben, das ich von einem Gelehrten erhalte, von einer öffentlichen Aufforderung begleitet zu sehen.
Ich danke dem Herrn L. aufrichtig, daß er meinen Bedenklichkeiten Gerechtigkeit widerfahren läßt, und mich nicht in die Nothwendigkeit setzen will einen Streit zu führen, der meiner Denkungsart so sehr zu wider ist. In den wenigen Erholungsstunden die mir meine Geschäfte übrig lassen, möchte ich gerne alle Trennung, allen Zwiespalt vergessen, der jemals den Menschen zum Feinde des Menschen gemacht hat, und ich bemühe mich alsdenn selbst die Erfahrungen, die ich etwa des Tages über davon gehabt, in meinem Gedächtnisse auszulöschen. In diesen glüklichen Stunden überlasse ich mich gerne der freyen, ungetheilten Empfindung des Herzens, die ich mit dem Zustande eines Streitführers noch nicht zu vereinigen | weiß. Ich bin so wenig im moralischen, als im physischen Verstande zum Athleten geboren.
Ueberschwengliche Gütigkeit aber ist es, wenn Herr L. mich öffentlich um Verzeihung bittet. Er mich? Warum? Ich bezeuge nochmals, vor || den Augen des Publikums, daß ich mich nie von ihm für beleidiget gehalten. Das allzudringende, wie es Hr. L. nennet, und fehlerhafte in seiner Zueignungsschrift kan höchstens einer zu voreiligen Wahrheitsliebe zugeschrieben werden, und diese führet ihre Verzeihung schon mit sich.
Den Verdacht, als ob er wider sein Versprechen gehandelt hätte, habe ich nicht aus Gefälligkeit, oder Menschenfreundschaft unterdrücken; sondern um nicht ungerecht zu seyn, mit der Ungewißheit ausdrücken wollen, mit welcher ich mich damals des Versprechens erinnerte. Es fiel mir nur überhaupt bey, daß so etwas bey der Ge-|legenheit versprochen worden, ohne mich deutlich der Worte, ja ohne mich zu erinnern, ob Hr. L. oder irgend einer von seinen Freunden, die an der Unterredung Theil nahmen, dieses Versprechen gethan habe. Ich konnte also die Beschuldigung selbst nicht gewisser vorstellen, als mir der Grund derselben war, und nunmehr freue ich mich, sie ganz zurück nehmen zu können. Die Rede war bloß, wie ich dem Hrn. L. aufrichtig glaube, von einem indiscreten, mir nachtheiligen Gebrauche, und ich bin völlig versichert, daß Hr. L. weder einen indiscreten, noch einen mir nachtheiligen Gebrauch davon zu machen geglaubt hat.
Was die Bonnetsche Schrift betrift; so muß ich bekennen, daß mein Urtheil von derselben sich blos auf den Gebrauch beziehet, zu welchem sie mir von dem Hrn. L. empfohlen wurde. Ich hätte freylich voraussetzen können, daß Herr B. gar die Absicht nicht gehabt, irgend eine andere | Religionspartey, am wenigsten das Judenthum, durch seine Untersuchungen zu widerlegen, daß er bloß den wohlthätigen Vorsatz gefaßt, die Zweifler und Schwachgläubigen seiner eigenen Kirche, die sich eine seichte Scheinphilosophie haben verführen lassen, Religion, Vorsehung, Unsterblichkeit, Auferstehung und Vergeltung, als ungereimten Aberglauben zu verspotten, durch eine bessere Philosophie auf den Weg zur Wahrheit zurück zu führen. In diesem Lichte hätte ich das Werk des Hrn. B. betrachten können, um von seinem Werthe ein günstigeres Urtheil zu fällen.
Allein die unglückliche Zueignungsschrift hatte mir einmal den wahren Gesichtspunkt verrückt. Da ich von derselben ausgieng, und nicht wußte, daß der Verf. den Schritt des Uebersetzers gemisbilliget habe; so las ich das ganze Werk, als wenn es wider mich und meine Glaubensgenossen geschrieben wäre, und in diesem Gesichtspunkte mußte | || mir die Anwendung und der Gebrauch, den Hr. B. von den philosophischen Grundsätzen machet, schwankend und willkührlich scheinen, und ich konte mit Recht sagen, ich wollte mich unterstehen, auf dieselbe Weise, welche Religion man wollte, zu vertheidigen.
Diese Behauptung befremdet den Hrn. L.; er weiß nicht wie es möglich sey, sie von der einen Seite mit dem Bekenntnisse zu einer geoffenbarten Religion zu reimen, und von der andern Seite kann er sich dabey einen Mann, ohne grosse Vorurtheile für seine Religion nicht wohl denken.
Ob ich Vorurtheile für meine Religion habe, kann ich selbst nicht entscheiden, so wenig ich wissen kann, ob mein Odem einen übeln Geruch habe. Aber daß meine Behauptung dem Bekenntnisse meiner geoffenbarten Religion nicht wider-|spricht, davon bin ich völlig überzeugt. Ich will nur einen einzigen Punkt zum Beyspiel anführen.
Hr. Bonnet machet die Wunderwerke zu untrüglichen Kennzeichen der Wahrheit, und hält dafür, so bald man glaubhafte Zeugnisse hat, daß ein Prophet Wunder gethan, sey seine göttliche Sendung nicht mehr in Zweifel zu ziehen. Und nunmehr beweiset er in der That, nach einer sehr gesunden Logik, daß Wunderwerke nichts Unmögliches enthielten, und daß Zeugnisse von Wunderwerken auch glaubwürdig seyn können.
Nach meinen Religionslehren aber sind alle Wunderwerke kein Unterscheidungszeichen der Wahrheit, und geben von der göttlichen Sendung des Propheten auch keine moralische Gewisheit. Nur die öffentliche Gesetzgebung konte nach unsrer Lehre, befriedigende Gewisheit geben, weil hier kein Creditiv des Gesandten nöthig war, indem die ge-|samte Nation den göttlichen Auftrag mit ihren Ohren vernommen hat. Hier sollten nicht Wahrheiten durch Thathandlungen, nicht Lehren durch Wunderwerke bestätiget werden; sondern man sollte glauben, die göttliche Erscheinung habe diesen Propheten zu ihrem Gesandten ernennt, weil jedermann diese Ernennung selbst gehört hat. Daher es auch heißt (2. M. 19. 9.) Und der Herr sprach zu Mose, siehe ich will zu dir kommen in einer dicken Wolke, damit das Volk höre, daß ich mit dir rede, und auch dir glaube ewiglich; und an einem andern Orte (das. 3. 12.) dieses wird dir zum Beweise dienen, daß ich dich gesendet habe; wenn du das Volk aus Egypten geführt || hast, sollt ihr Gott anbeten auf diesem Berge. Nicht auf Wunderwerke also; auf die Gesetzgebung gründet sich unser Glaube an einer Offenbarung. Die Vorschrift (5. M. 18. 15.) einem wunderthätigen Propheten zu gehorchen, ist nach der Lehre unsrer | Rabbinen, ein bloß positives Gesetz, das sich nicht auf die innere Beweiseskraft der Wunder; sondern auf den Willen des Gesetzgebers gründet; so wie uns ein positives Gesetz befiehlt, in Rechtsfällen auf die Aussagen zweener Zeugen zu entscheiden (5. M. 17. 6.), ohne deswegen diese Aussage für untrüglich zu halten. Mit einem Worte, der Glaube an Wunderwerken gründet sich nach der Lehre der Rabbinen blos auf das Gesetz, und setzet die Wahrheit und Unumstößlichkeit des Gesetzes voraus – Wer mehrern Unterricht von dieser jüdischen Grundlehre zu haben wünschet, lese nach Majemonid. von den Grundlehren des Gesetzes C. 8. 9. 10. und eine ausführliche Erläuterung von dieser Stelle des Majemonides, in R. Joseph Albo Sepher Ikkarim Abschn. I. C. 18.
Ich finde auch entscheidende Stellen im A. und so gar im N. T., daß Verführer und falsche Pro-|pheten gar wohl Wunder thun können,2 Ob durch Zauberey, geheime Künste, oder vielleicht durch einen Misbrauch der ihnen zu gutem Gebrauche verliehenen Gabe, getraue ich mir nicht zu entscheiden. So viel scheinet mir unwidersprechlich, daß nach den klaren Worten der Schrift, Wunderwerke für kein untrügliches Merkmal der göttlichen Sendung gehalten werden können.
Ich konte also gar wohl, nach meiner Ueberzeugung sagen, daß eine Argumentation, die sich | auf die untrügliche Beweiseskraft der Wunderwerke gründe, wider meine Glaubensgenossen gar nichts entscheide, weil wir diese Untrüglichkeit nicht eingestehen. Ich konnte nach meinen jüdischen Grundsätzen gar wohl sagen, daß ich mit derselben Art zu schliessen, welche Religion man will, vertheidigen wollte; weil ich keine Religionspartey kenne, die nicht Zeugnisse von Wunderwerken aufzuweisen hat, und ein jeder das Recht haben muß, seine Väter für glaubwürdig zu halten. Eine jede Offenbarung wird durch || Ueberlieferung und Monumente fortgepflanzt; hierin kommen wir überein. Aber nach den Grundsätzen meiner Religion wird die Quelle der Tradition, eine öffentliche Gesetzgebung, nicht bloß Wunderwerke seyn müssen.
Man siehet hieraus, daß meine Hrn. L. so befremdende Behauptung sich nicht nur mit dem Bekenntnisse zu einer Offenbarung verträgt; sondern sogar aus den Grundsätzen meiner Religion folge. | Der Israelit hat nach israelitischen Grundsätzen gesprochen. Wie konnte ich anders, so lange ich glaubte, Herr Bonnet habe die Grundsätze der Israeliten widerlegen wollen? Nunmehr ich aber weiß, daß dieser vortrefliche Schriftsteller bloß die Ungläubigen seiner Kirche hat widerlegen, und zeigen wollen, daß die von ihnen verspotteten Lehren sich weit mehr mit der gesunden Vernunft vertragen, als ihr leichtsinniger Aberwitz; wo fallen allerdings viele von den Schwierigkeiten, die mir bey Durchlesung der deutschen Uebersetzung aufgestossen sind, von selbst hinweg, und ich erkenne, daß das Werk nach seiner Absicht, wichtiger und des Hrn. Bonnets würdiger ist, als ich mir es habe vorstellen können.
Ich habe in meinem Schreiben an Herrn L. gesagt: wo ich nicht irre; so sind die mehresten Hypothesen des Herrn Bonnet auf deutschem Grund und Boden gewachsen. Meine Freunde glauben, | mancher könte dieses auslegen, als wenn ich diesen Weltweisen des Plagiats beschuldigen wolte. – So viel ich sehen kann, nicht ohne meine Worte gewaltsamerweise zu verdrehen, und zu misbrauchen. Herr B. ist einer der vortreflichsten Schriftsteller unsers Jahrhunderts, dessen Schriften ich mit Nutzen und Vergnügen lese, und dessen moralischen Charakter ich verehre. Ich würde mir es nie vergeben, wenn mir, eine so gehäßige Beschuldigung wider ihn, auch nur indirekte, entfahren wäre. Ueberhaupt bin ich jederzeit der Meinung gewesen, daß man vornehmlich in metaphysischen Dingen über das Verdienst der Erfindung nicht vorsichtig genug urtheilen könne, und daß die Beschuldigung des Plagiats in dieser Wissenschaft desto verhaßter sey, je schwerer sie erweislich zu machen ist. Neue metaphysische Wahrheiten sind, wenn man will, seit Jahrhunderten nicht erfunden worden. Die wichtigsten Punkte der menschlichen Erkentniß, die untersucht zu werden verdienen, sind | schon so vielfältig untersucht, und von so verschiedenen Seiten betrachtet worden, daß man, etwas ganz Neues zu sagen, beynahe etwas Ungereimtes sagen muß. Ja, wie schon ein alter Weltweiser sich be-||klagt, soll das Ungereimte selbst, bereits zu seiner Zeit, von noch älteren Weltweisen erschöpft gewesen seyn. Wo hat man nicht Leibnitzens Meinungen und Lehren gefunden, oder finden wollen? Er selbst hat selten etwas behauptet, ohne es, (aus übertriebener Bescheidenheit, oder weil Gelehrsamkeit bey ihm so viel galt, als Genie?) irgend einem Alten zu zuschreiben. Wenn er aber auch dieses nicht gethan hätte, wer kan sich unterstehen, ihn des Plagiats zu beschuldigen?
Wer in dem spekulativen Theile der Weltweisheit, die Begriffe aufheitert, die Wahrheiten aus einem vortheilhaftern Gesichtspunkte zeigt, mit anderen wichtigen Wahrheiten in Verbindung bringt; wer, wie Herr Bonnet, den glücklichsten Beobach-|tungsgeist mit der Spekulation verbindet, und dadurch den langsamen, aber sichern Menschenverstand auf die steilsten Anhöhen des Genies zu führen weis, dem kan, ohne Ungerechtigkeit, das Verdienst der Erfindung nicht ganz abgesprochen werden. Mir ist niemals in den Sinn gekommen, dem Herrn Bonnet dieses Verdienst streitig machen zu wollen. Meine Absicht war bloß, wie auch der Zusammenhang jedem vernünftigen Leser zeigen muß, dem Herrn L. zu verstehen zu geben, daß die philosophischen Grundsätze, auf die Herr B. bauet, einem Deutschen nicht mehr neu sind, daß nach dem Leibnitz, die Monadisten alle, und vornehmlich Hansch, Bülfinger, Canz, Baumgarten, durch subtile Spekulationen dahin gekommen sind, wohin der Palingenesist auf dem Wege der Beobachtung leitet. Einem Manne, wie Herr Bonnet, würde man es nicht verdenken können, wenn er diese deutsche Metaphysicken niemals gelesen hätte. Der einzige Leibnitz mußte ihm | bekannt seyn, und dieser Ehre Deutschlandes läßt der Palingenesist alle mögliche Gerechtigkeit widerfahren. Seine Nachfolger sind ausserhalb Deutschland noch so bekant nicht, als sie zu seyn verdienen. Allein von einem Deutschen konte Hr. Lavater sicher voraus setzen, daß er seine Landsleute werde gelesen haben.
Verschiedene Stellen in Hrn. L. Antwort bestätigen mich in dem Vorsatze über dergleichen Materien nie öffentlich Disput zu führen. Er findet in meinem Bekenntnisse vieles, das ihm befremdlich, räthselhaft, unbegreiflich scheinet. Ich kan ihm dieses glauben; denn ich sehe, daß ich mich in das Seinige eben so wenig finden kan. So nahe wir uns kommen dürften, wenn von Sitten und Handlungen die Rede ist; so weit sind wir noch von einander entfernt, wenn es auf Dogmata ankömt. Ich fürchte, wir würden noch weit zurük gehen müssen, || bevor wir auf den Punkt | kämen, in welchem wir übereinstimmen, und von welchem wir ausgehen könten. Die Urtheilskraft des Menschen richtet sich so sehr nach gewohnten Begriffen, vorgefaßten Meinungen und anerzogenen Grundsätzen, daß zwey Menschen, wie Hr. L. und ich, die nach so entgegengesetzten Grundsätzen erzogen und unterrichtet worden sind, in vielen Urtheilen und Meinungen ganz ungleich gestimt seyn müssen. In einer Materie, die so sehr verwickelt ist, und das Herz so nahe angehet, kan die Vernunft durch den leichtesten Schwung aus dem Gleise gehoben werden, und alsdenn führet sie von dem rechten Wege desto mehr ab, je wackerer sie ist. Die Pflicht des Weltweisen ist, diese Gefahr zu erkennen, und für sich so gut, als für seinen Nebenmenschen zu fürchten. Er muß deswegen in seine Ueberzeugung nicht immer Zweifel setzen; sondern wenn er mit Vernunft gezweifelt, und seinem besten Wissen nach, Gewisheit erlangt hat; so muß er sich beruhigen, das | Erforschte sich nicht durch Wankelmuth entschlüpfen lassen, und in seinen Untersuchungen fortschreiten. Aber er muß nie aus der Acht lassen, daß dieses nur seine Ueberzeugung sey, und daß andre vernünftige Geschöpfe, die von einem andern Punkte ausgegangen, und einem andern Leitfaden gefolgt sind, ganz entgegengesetzter Meynungen seyn können.
Diese Gesinnungen habe ich seit vielen Jahren angenommen, und daher zwischen Dogmatiker und Skeptiker eine Art von Mittel zu halten gesucht. Dogmatisch, in dem strengsten Verstande, in Absicht auf mich, habe ich, was die wichtigsten Punkte der Religion und Sittenlehre betrift, meine Partey genommen, und stehe unverrükt auf der Seite, wo ich die meiste Warheit zu finden glaube; aber eben so skeptisch, wenn ich meinen Nächsten richten soll. Ich räume einem jeden das Recht ein, das ich mir anmaße, und setze das größte Mistrauen in meine Kräfte, irgend jemanden, | der auch Partey genommen hat, von meiner Meinung überführen zu können. Es kan mir also nicht anders, als sehr angenehm seyn, daß Hr. L. zufrieden ist, den öffentlichen Briefwechsel hiermit zu beschliessen.
Warum sollten wir auch das Publikum zu Zeugen von solchen Erörterungen machen? Es ist weder Herrn L. noch mir anständig, durch öffentliche Auftritte dem müßigen Theil des Publikums einen Zeitvertreib, dem Schwachen ein Aergerniß, und dem Verächter des Wahren und Guten Gelegenheit zu einem boshaften Vergnügen zu geben. Noch sind die Warheiten, die wir gemeinschaftlich er-|kennen, und annehmen, nicht ausgebreitet genug, daß man der guten Sache von einer öffentlichen Erörterung der zwischen uns noch streitigen Punkte, grossen Nutzen versprechen könte. In welcher glükseeligen Welt würden wir leben, wenn alle Menschen die heiligen Wahrheiten an-|nähmen, und in Ausübung brächten, die die besten Christen und die besten Juden gemein haben! Der Herr Zebaoth lasse bald die glüklichen Tage erscheinen, da niemand böses thun, noch verletzen wird, denn die ganze Erde wird voll Erkentniß des Herrn seyn, wie Wasser des Meeres Tiefen bedecken; die Tage, von welchen es heißt: Es wird kein Mann seinen Freund lehren, noch ein Bruder den andern, und sagen: Erkenne den Herrn; denn alle werden ihn kennen, beyde Klein und Groß.
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Man erlaube mir noch einiges hinzu zu thun, das nicht den Herrn L. angehet; sondern einen Mann, der aus einem ganz andern Tone mit mir spricht, als dieser sanftmüthige und bescheidene Gelehrte, den Herrn Johann Balthasar Kölbele, beyder Rechte Doktor und Ehrenmitglied der Königlich Großbritanischen deutschen Gesellschaft in Göttingen, von dem ich so eben ein Handschreiben, nebst einem gedruckten Schreiben an den Herrn Moses Mendelssohn über die Lavatersche und Kölbelische Angelegenheiten gegen Herrn Mendelssohn, erhalte. Zuerst muß ich meine Verwunderung über die Kölbelische Angelegenheiten gegen Mendelssohn zu erkennen geben. Ich müßte, von meiner Seite, mit dem Herrn Dr. Kölbele doch irgend in einer Verbindung stehen, wenn Er Angelegenheiten gegen mich haben sollte, und worin mag wohl diese Verbindung bestehen? Ich will mir die Freyheit nehmen, sie meinen Lesern aufrichtig zu beschreiben.
Im Jahr 1765. kam ein kleiner Roman, unter dem Titel Begebenheiten der Jungfer Meyern, eines jüdischen Frauenzimmers, von ihr selbst beschrieben, heraus, wozu sich Hr. K. in der Folge, als Verfasser bekennete. Wie | nicht jeder alles lesen kann, das in Deutschland herauskömmt, und hier und da von Recensenten gelobt wird; so blieb auch dieses Büchelchen von mir un-||gelesen, und ich habe erst aus einer spätern Schrift des Hrn. K. erfahren, daß in der Jungfer Meyern auch meiner gedacht, und von mir geurtheilt wird.
In demselben Jahre noch schrieb Hr. K. eine flüchtige Vergleichung zwischen der Weltweisheit und Meßkunde, wobey zugleich die über die Berlinische Preisfrage von der metaphysischen Evidenz herausgekommene Schriften kürzlich beurtheilt werden, und schickte mir diese Abhandlung mit einem Handschreiben in franz. Sprache zu. Man siehet, daß mich diese Schrift schon etwas näher angehet, als die Begebenheiten der Jungfer Meyern, indem meine Preisschrift darinn geprüft werden soll. Was mir aber der Titel nicht verrieth, war die | Absicht auf meine Bekehrung, die Hr. Dr. K. mit einzuflechten wußte, so wenig sonst die Preisfrage der Akademie mit meiner Bekehrung gemein haben mag. Ich fand aber aus mancherley Ursachen nicht für gut, mich mit Hrn. K. einzulassen, zumal da er seinen Traktat selbst eine flüchtige Vergleichung nannte, und bey mehrer Musse etwas Ausführlichres über diese Materie versprach. Vielleicht nimmt er, dachte ich, nach einer reifern Ueberlegung selbst zurück, was ihn eine flüchtige Vergleichung hat niederschreiben lassen. Ich habe mir also die Freyheit genommen, dem Hrn. Dr. K. nicht zu antworten.
Als meine Gespräche von der Unsterblichkeit der Seele unter dem Titel Phädon erschienen, versprach Hr. K. im Meßcatalogus einen Antiphädon, und in seinen Pflichten des christlichen Dichters 3 wird in der Vorrede der Antiphä-|don nochmals versprochen, jedoch aber hinzugethan, daß er so bald noch nicht fertig seyn werde. – Alle diese Schritte sind von Seiten des Herrn Dr. K. geschehen, mich zu einem öffentlichen Streite zu reitzen, und wer weis, ob ihrer nicht noch mehrere geschehen sind, die ich nicht gewahr worden bin – Wie ich aber überhaupt Streitigkeiten nicht liebe, und insbeson-||dere mit Hrn. D. K. am wenigsten Streitigkeiten führen möchte; so habe ich die Gelegenheit sorgfältig ver-|mieden, mit diesem Gelehrten in Brief- oder Streitwechsel zu gerathen. Ich habe ihm also niemals geantwortet.
Und nunmehr frage ich, was der Hr. D. für Angelegenheiten gegen mich hat? Was ihn berechtiget, sich zwischen Hrn. Lavater und mich einzudrängen? Und was ihn bewegen kan, einen Unbekannten, der keine Lust bezeuget, sich mit Ihm in Briefwechsel einzulassen, mit seinen Zuschriften zu verfolgen?
Sicherlich, durch unanständige Begegnung wird Er keine Antwort von mir erpressen. Herr K. weiß so vieles von meinen Privatumständen zu erzehlen, daß der Leser sich wundern muß, wo er zu diesen geheimen Nachrichten kommt, aus welchem Grunde er sich darnach erkundiget hat, und mit welchem Rechte er sie mir so öffentlich vorrechnen darf. – S. 8. „übersiehet ein Rabbi einem | Mendelssohn und seinen Freunden die Nachläßigkeit gegen Talmudistengebräuche.“ – Wohl uns, daß unsere Rabbinen duldender sind, als Hr. D. Kölbele! Oder meinet er, es habe nur an Anklägern gefehlt?
S. 10. weiß Herr K. jedoch, nicht in seinem Namen, nur nach der Möglichkeit, die sich ein Weltkenner vorstellet, die zeitlichen Vortheile her zu zählen, die mich an meine Religion fesseln. „Eine gute Besoldung als Comtoirschreiber bey reichen Juden, so manche Nebenvortheile der Comtoirschreiber (Bedenkt Hr. K. auch die Unwürdigkeit der Beleidigung, die in diesen Worten liegt? Seine Weltkenner müssen sehr unedel denken, wenn sie sich dergleichen Unanständigkeiten erlauben) und noch vielleicht ein Gewinnhaber von einer jüdischen Handlungsgesellschaft.“ Diese Vortheile nebst den Vorzügen, die Juden und Kaufleute, wie er versichert, in den Vorzimmern der | Grossen geniessen, vergleichet der Hr. Dr. mit den Besoldungen und mit der Ehre eines Professors, und findet so sehr das Uebergewicht auf Seiten des Comtoirschreibers, daß ich gar wohl erkenne, ich dürfte nur die Denkungsart des Hrn. K. annehmen, um die äusserlichen Umstände meiner Glaubensbrüder beneidenswerth zu finden.
Nichts kann billiger und menschenfreundlicher seyn, als die Vorstellung, die sich Hr. K. (S. 14.) von meinem Charakter macht, und von der Art und Weise, wie ich mich aufführen würde, wenn ich gegen beyde Religionen gleichgültig wäre. Ich würde zwar nicht förmlich gegen eine Offenbarung schreiben, meinet er, aber ich würde sie doch || heimlich näcken, welches ich so gar, wie der Antiphädon beweisen will, schon würklich gethan haben soll. – Das schreibet nun der Hr. Dr. Kölbele so hin, und berufet sich, was den Beweis betrift, auf eine Schrift, die erst künftig, und zwar | wie er selbst sagt, noch so bald nicht, erscheinen soll. Welche Billigkeit! – Indessen muß diese Näckerey doch sehr heimlich gewesen seyn, wenn sie niemand gemerkt hat, ausser dem grossen Kenner des menschlichen Herzens, dem Verf. der Jungfer Meyern und Philippine Damiens, der Ketzereyen riechen kann, und wenn sie noch so verdeckt liegen, so wie er S. 17. in meinen gedruckten Schriften auch schon sonst heimliche Spuren der Deisterey entdeckt haben will. – Da Juden und Deisten bey Hrn. K. vermuthlich in gleicher Verdammniß stehen; so möchte ich wissen, warum er mich durchaus lieber zum Deisten machen, als einen Juden seyn lassen will? – Fehlet es ihm etwa an Deisten, die seine Jungfer Meyern widerlegen und bekehren soll, daß er grade mich dazu machen muß? – Er meinet ferner, ich könte vielleicht ein äusserlicher Jude bleiben, weil mir das Judenthum mehr Vortheil brächte, ich könte aber noch künftig äusserlich zu den Christen gehen wol-|len, weil ich durch diesen Schritt eine wichtige Absicht erhielte. Es ist aber vielleicht noch zu früh, setzt er hinzu, als daß ich schon gegenwärtig diesen Theil meiner politischen Maschine spielen liesse, u. s. w. – Die Leser mögen selbst urtheilen, ob dieser Mann verdienet, daß man ihn widerlege.
S. 17. 18. 19. 20. 21. wirft Hr. K. eine Menge Fragen auf, die ich ihm alle beantworten soll, unter welchen nicht wenige ziemlich beleidigend sind, und setzet am Ende hinzu: „Sehen Sie, geliebter Herr Mendelssohn, wie viele Fragen Sie zu beantworten haben, wenn ich Ihre Festigkeit in dem Wesentlichen des Judenthums beurtheilen soll. Und welche Weitläuftigkeit bey der Zergliederung einer jeden von diesen Fragen, wenn Sie nicht flüchtig verfahren wollen? Und die abgedroschne Antworten der Rabbinen wollte ich auch verbitten: und ich werde bald sehen, ob Sie diesen Rabbinenkram nur in ein neues Modekleid verstecken.“ – – |
Dieser ganzen Menge von Fragen wird man mir hoffentlich erlauben auch einige entgegen zu setzen, die mir wenigstens sehr natürlich scheinen. Und wer hat denn verlangt, daß Herr Johann Balthasar Kölbele meine Festigkeit in dem Wesentlichen des Judenthums beurtheilen soll? Und was für ein Recht hat sein bescheidenes Ich mir || alle diese Fragen vorzulegen? bey der Beantwortung Weitläuftigkeit vorzuschreiben; abgedroschene Antworten der Rabbinen zu verbitten; bald zu sehen, ob ich diesen Rabbinenkram in ein neues Modekleid verstecke? Weder Hr. Lavater, so viel ich weis, noch ich, haben Hr. Dr. K. zum Schiedsrichter angerufen.
Herr Dr. K. muß wirklich glauben, in dieser Sache der einzige befugte Richter zu seyn, und er hält so sehr auf sein richterliches Ansehen, daß er mir, als einem Juden, nicht einmal die Eidesleistung zulassen will. S. 22. führet er die Stelle | an, wo ich die Unveränderlichkeit meiner Grundsätze betheure, und thut die Frage hinzu: „Wovor diese Betheurung? Wie wenig bauen die Christen auf Judeneide?“ Mich wundert es nur, daß Hr. K. auch keine Schmähung vorbringen kan, ohne etwas Ungereimtes zu sagen. Die Betheurung ist eigentlich von der Beschaffenheit, daß ich sie nicht anders übertreten kan, als wenn ich meine Religionsgrundsätze verändere, d. i. ein Jude zu seyn aufhöre, und Hr. K. will sie, als einen Judeneid verdächtig machen. – Indessen haben die Leser hier einen Vorschmack von der Bescheidenheit und Billigkeit, mit welcher Hr. K. über die Religion zu disputiren gedenkt, und können leicht urtheilen, wie viele Höflichkeiten, von dieser Art, ich im Namen meiner ganzen Nation, würde haben vorlieb nehmen müssen, wenn ich mit Hr. K. mich weiter hätte einlassen mögen. So wenig es auch den rechtschaffenen Männern meines Glaubens schaden kan, wenn sie von Leu-|ten von solcher Denkungsart gemishandelt werden, indem vernünftige Christen weit über eine solche Niedrigkeit hinweg seyn müssen; so ist es doch unangenehm zu solchen Unanständigkeiten auch nur eine unschuldige Veranlassung zu geben.
Hr. K. scheinet von der gemeinen Achtung gar keinen Begrif zu haben, die man dem geringsten Menschen schuldig ist, so bald man ihm zuschreibt. So spricht er auch mit der äussersten Verachtung von den vornehmsten Lehrern meiner Religion, ohne zu bedenken, daß sein Schreiben an einen Menschen gerichtet ist, der berechtiget zu seyn glaubt, diese Lehrer zu verehren, und sich also für beleidiget zu halten, wenn sie so schnöde und verächtlich behandelt werden. Das Sonderbarste hierbey ist, daß Hr. K. die Sprache der Rabbinen, die er so sehr verachtet, nicht verstehet, und sie also nicht gelesen haben kan. Er berufet sich aber auf die Schriftsteller seiner Nation, welche | die Schriften der Rabbinen gelesen und verstanden haben sollen. Als wenn || ich, meiner jüdischen Seite, nicht eben das Recht hätte, mich auf die Schriftsteller meiner Nation zu berufen; nicht zu gedenken, daß ich den kleinen Vorzug habe, auch die gegenseitigen Schriften lesen zu können, von welchen Hr. K. sein Urtheil über die Rabbinen auf Glauben angenommen. Allein ich stehe dafür, Michaelis und Semler, um nur die beiden noch lebenden Männer anzuführen, auf die sich Hr. K. unter andern guten, mittelmäßigen und schlechten Schriftstellern, ohne die geringste Auswahl, berufet; diese würdige Gelehrte, die ich hoch schätze, werden den hohnsprechenden Ton des Hrn. K. nicht billigen. Die Nachbeter sind allezeit entscheidender und vermessener, als die mit ihren eigenen Augen sehen.
Ich habe in meinem vorigen Schreiben aus dem Talmud und dem Majemonides angeführt, daß | wir Juden nach den Grundsätzen unserer Religion niemand, der nicht nach unserm Gesetze gebohren ist, zu bekehren suchen sollen. Wer den geringsten Begrif vom Judenthum hat, muß wissen, daß diese Autoritäten für uns ohne Widerrede entscheidend sind. Herr K. gestehet auch, im Lightfoot eben dasselbe gelesen zu haben. Und dennoch will er aus dem Justinianischen Gesetzbuche und aus dem Josephus beweisen, daß die Juden zu verschiedenen Zeiten wirklich haben andere Völker bekehren wollen, und fragt am Ende sehr triumphirend: „Liegt nun Ihre unrichtige Schilderung jüdischer Grundsätze nicht am Tage, mein Herr Mendelssohn?“
Was würde Hr. K. sagen, wenn ich so unbescheiden wäre, von dem, was zu gewissen Zeiten von der ganzen Christenheit ist ausgeübt, und für verdienstlich gehalten worden, auf die Grundsätze ihrer Religion zu schliessen? – Es haben auch | Juden die Ehe gebrochen, den Sabbath entheiliget, Vater und Mutter nicht geehrt; will man davon auf unsere Grundsätze schließen? Ich darf mir nicht einmal die Mühe geben, die Stellen aufzuschlagen, die Hr. K. aus dem Josephus anführet. Ich weis es, daß der Pöbel aller Religionen, sehr viel von Bekehrungen hält. Je eingeschränkter der Verstand, desto ausschliessender die Grundsätze. Aber der bessere Theil der Nation sucht diese Bekehrungssucht des Pöbels mit Nachdruck zu steuern, welches, wie Majemonides an der von mir angeführten Stelle, versichert, von dem hohen Gerichte zu Jerusalem allezeit geschehen ist.
Ich führe ebendaselbst an, daß nach den Grundsätzen meiner Religion, die tugendhaften Männer von anderen Nationen gar wohl seelig werden können. Herr K. sagt hierauf (S. 33.): „nach Herrn Mendelssohnen, || und nach der exo-|terischen Sprache der Rabbinen – (der muß den Talmud kaum dem Namen nach kennen, der ihm eine exoterische Sprache aus Menschenfurcht zuschreibet. Wir haben leider! so manche Verfolgung darüber auszustehen gehabt, daß die Schriftsteller des Talmuds so wenig Vorsicht gebraucht haben) „aber ganz anders nach dem Eisenmenger“. Welche Autorität! den Talmud und Majemonides widerlegt Hr. K. durch den Eisenmenger! S. 35. findet Hr. K. abermals in seinem Lieblingsautor (dem Eisenmenger), der dem vernünftigsten Theil der Christen längst verächtlich geworden ist, daß die Grundsätze der neuern jüdischen Religion nicht zulassen, einen Solon oder Confucius zu lieben und zu bewundern. Bessere Schriftsteller würden ihm gesagt haben, daß uns von den Rabbinen so gar eine eigene Seegensformel vorgeschrieben worden, die wir aussprechen müssen, so oft wir einen Weisen von einer andern | Nation sehen.4 Wer da weis, mit was für Ehrfurcht wir an den vierbuchstäbigen Namen des Allerhöchsten denken, der wird hier weder Verstellung, noch exoterische Sprache argwohnen, denn das hiesse, nach unsern Grundsätzen, den Namen des Ewigen auf eine sehr sträfliche Weise mißbrauchen.
Was will Hr. Dr. K. (S. 34.) dadurch wider mich beweisen, daß die heimlichen Juden aus Spanien und Portugall nach Holland gehen, wenn | sie sich wollen beschneiden lassen, und daß die getauften Juden ebenfalls dort ihre Zuflucht nehmen, wenn sie von den Christen wieder zurück treten? – Wenn ein gebohrner Israelit, einer aus der Gemeine Jacobs, diese Gemeine aus Noth oder Irrthum, verlassen hat, und zu derselben zurük kehren will, soll sie ihn nicht aufnehmen? Ist dieses auch Bekehrungssucht?
„Noch etwas weniges (sagt Hr. K. S. 39.) von den Streitigkeiten unter uns beiden, mein Herr Mendelssohn“. Ich habe keine Streitigkeiten mit dem Herrn Dr. Kölbele.
Hierauf folgt (S. 42. u. f.) eine sehr günstige Recension des Antiphädons, den Hr. K. künftig herausgeben wird, und in welchem er mehr || sucht, wie er sich ausdrückt, als die Rolle eines Gegners von Hrn. Mendelssohn. S. 45. weis er freylich selber nicht, ob er noch alles versprochene | liefern werde. „Meine Leibesschwachheit heißt es, ist in Frankfurt am Mayn notorisch. Mein würdiger Freund, Herr Doctor Pettmann, verbietet mir alles anhaltende Nachdenken: und ich erfahre gar öfters, daß dieses Verbot mit allen medicinischen Grunde geschiehet“. Ich wünsche dem Herrn Dr. K. von ganzem Herzen die dauerhafteste Gesundheit, ich wünsche, daß seine Leibesstärke in Frankfurt am Mayn eben so notorisch werden möge, als itzt seine Leibenschwachheit ist, und daß der Herr Dr. Pettmann dem Hrn. Dr. K. das anhaltende Nachdenken und Schreiben zu verbieten, weder medicinische noch critische Ursachen finden möge. Meine Wenigkeit stehet dem Hrn. K. zu Dienste, mit allem, was ich jemals geschrieben habe, und schreiben werde. Ich versichere ihn, daß wir nie so hart zusammenstossen werden, wie er S. 48. besorgt, und wenn gleich Jungfer Mayern, wie daselbst gedrohet wird, bey einer nahen dritten Auflage, noch so sehr frey | von mir urtheilen sollte. In diesem Fall könte Hr. K. allenfals auf mich sehr hart zustossen, aber zusammenstossen werden wir deswegen nicht.
Ich freue mich vielmehr, meine Leser versichern zu können, daß ich hiemit alle Streitigkeiten endige, die ich mit irgend einem Sterblichen habe, und vor der Hand nicht Willens bin, jemals wieder Streitigkeiten zu bekommen. Wenigstens in dieser Angelegenheit mögen Auffoderungen, Zumuthungen, Angriffe, Widerlegungen herauskommen, von wem man will, so viel man will, so höflich oder unhöflich man will, ich werde nicht eher antworten, als bis ich glauben werde, meine Zeit nicht nützlicher anwenden zu können.
Berlin, den 6. April, 1770. | Moses Mendelssohn. |