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6.2 Von außen her gesehen
ОглавлениеDieser Eindruck einer gewissen Fahrlässigkeit im Gebrauch des Wortes „Islam“ wird auch dann bestätigt, wenn man das Zeugnis der Andersgläubigen und auch derjenigen berücksichtigt, die innerhalb des Islam die Philosophie mehr oder weniger mild angreifen.
In der Christenheit wird die Religion der arabischen Philosophen nicht sehr häufig erwähnt, vielleicht weil sie als eine Selbstverständlichkeit galt. Das schloss eine gewisse Ungenauigkeit nicht aus: So nennt zum Beispiel Meister Eckhart Avicenna „einen heidnischen Meister“.57 Ich kenne nur einen Abschnitt, in dem der Islam eines Philosophen ausdrücklich genannt wird: Johannes Duns Scotus (gestorben 1308) schreibt im Prolog zu seiner Ordinatio über den von ihm doch tief bewunderten Avicenna: „Er vermengte seine Religion (secta), die diejenige des Muḥammad war, mit philosophischen Lehren (philosophica), so dass er einige Dinge als philosophisch und von der Vernunft bewiesen aussagt, andere dagegen als mit seiner Religion übereinstimmend.“58 Überraschenderweise erinnert Scotus’ Bemerkung an Averroes’ Verdacht, Avicenna habe unredlich mit dem Kalām kokettiert, um die Gunst seiner Zeitgenossen zu gewinnen.59
Innerhalb des Islam wird derselbe Wortschatz von denjenigen benutzt, die die Philosophie beschreiben, ohne deren Lehren zu teilen. Als „islamisch“ gelten für sie auch Denker, die sie als Ketzer brandmarken oder über deren Angehörigkeit zu anderen Religionen sie sich im Klaren sind. Der Historiker Ṣāʿid al-Andalusī (gestorben 1070) nennt al-Fārābi „den echten Philosophen der Muslime“ (faylasūf al-muslimīn bi-l-ḥaqīqa), ar-Rāzī ist für ihn aber „der Arzt der Muslime“ und al-Kindī nur „der Philosoph der Araber“.60 Aš Šahrastānī zitiert unter den „Philosophen des Islam“ zwei Christen: den vorislamischen Johannes Philoponos und Yaḥyā b. ʿAdī.61
So nennt al-Ġazālī die Philosophen, die er als schlechte Moslems betrachtet, „islamische Praktizierende der Philosophie“ (al-mutafalsifa l-islāmīyūn) auch wo er urteilt, dass ihre Irrtümer sie aus der Gemeinde der Moslems (kāffat al-islāmīyīn) entfernen.62