Читать книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов - Страница 358
c) Das Steuerrechtsverhältnis
Оглавление115
Die Kategorie des Steuerrechtsverhältnisses ist die dogmatische Umschreibung der für das Steuerrecht charakteristischen Situation der Konkretisierung und Verdichtung von Rechtbeziehungen zwischen Steuerbürger und Steuerverwaltung. Im Vergleich zum normalen Verwaltungsverfahren ist diese Beziehung oftmals verdichtet und intensiviert[439]. Die Steuererhebung setzt nicht nur ein Verwaltungsverfahren als planvolle und zweckmäßige Ordnung zur Entscheidungsfindung voraus, dem – wie jedem Verwaltungsverfahren[440] – Prozesscharakter eigen ist und das regelmäßig mit einer Entscheidung endet[441]; die Intensität der Beziehungen zwischen Steuerverwaltung und Steuerbürger wird durch das steuerliche Schuldverhältnis als Hauptfall des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses überlagert und verdichtet[442]. Das Steuerschuldverhältnis ist zwar im Vergleich zum privatrechtlichen Schuldverhältnis asymmetrisch ausgestaltet, da einer der Beteiligten, der Fiskus, in letzter Konsequenz über einseitige staatliche Durchsetzungsmacht verfügt; gleichwohl ist damit stärker als im sonstigen Verwaltungsrecht ein Wechselseitigkeitsverhältnis verankert[443]. Das wegen seines Prozesscharakters[444] über den im Steuerverwaltungsrecht zentralen Verwaltungsakt in Form des Steuerbescheids[445] hinausweisende Steuerverwaltungsverfahren kombiniert mit dem Vor- und Nachwirkungen aufweisenden Steuerschuldverhältnis machen den Vorgang der Steuererhebung zu dem Prototyp einer verdichteten Staat-Bürger-Beziehung[446]. Diese Doppelung von administrativem Verfahren und verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis ist das Charakteristikum im Vergleich zu anderen Staat-Bürger-Beziehungen. Das Steuerverfahrensrecht besitzt Prozesscharakter, das Steuerschuldrecht zeichnet sich – wie alle schuldrechtlichen Beziehungen – ebenfalls durch eine zeitliche Komponente, vor allem jedoch durch die Wechselseitigkeit und Wechselbezüglichkeit von Rechten und Pflichten aus, auch wenn stets deutlich bleiben sollte, dass es sich nicht um zivilrechtlich-privatautonome Gleichordnung handelt, sondern um eine asymmetrische Wechselseitigkeit[447]. Die insbesondere für Grund und Ausmaß des Vertrauensschutzes bedeutsame Stufung dieses Steuerrechtsverhältnisses stellt sich wie folgt dar: Ausgangspunkt ist die einfachgesetzliche materielle Steuerpflicht[448], etwa die Einkommensteuerpflicht nach § 1 EStG, die – z.B. durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland – jedoch nur einen Status begründet und für sich genommen noch keine schuldrechtlichen oder sonstigen Pflichten erzeugt[449]. Daher wird in diesem Zusammenhang auch von „Pflichtigkeit“, anstelle von Pflicht gesprochen[450]. Demgegenüber verdichtet sich das Steuerrechtsverhältnis mit der Verwirklichung von Abgabentatbeständen[451], die wiederum zu den konkret ausgestalteten Steuerpflichten der AO im Sinne der Steuerschuld nach § 33 Abs. 1 AO ihre schuld- und verfahrensrechtliche Fortsetzung finden[452]. Ganz in schuldrechtlichen Kategorien bezieht sich die Steuerschuld auf den Steueranspruch, bedeutet also eine Zahlungspflicht. Um die abgabenordnungsrechtliche Schuld gruppieren sich weitere steuerliche Pflichten, die diese teils modifizieren oder substituieren (Haftung), die teils in Abhängigkeit zur Steuerschuld stehen (unselbstständige Nebenpflichten wie Steuererklärungs- oder Steuertragungspflicht), teilweise aber auch – wie die Buchführungs– und Aufzeichnungspflichten – unabhängig von dem Bestehen eines konkreten Steuerschuldverhältnisses sind, jedoch dessen Umfeld betreffen[453].
Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht › § 67 Abgabenrecht › D. Gebührenrecht