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a) Beiträge vor Versuchsbeginn

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Nicht einheitlich beurteilt wird, ob eine Mittäterschaft auch möglich ist, wenn ein Beteiligter nur im Vorbereitungsstadium der Tat, d.h. vor Versuchsbeginn tätig wird. Ist beispielsweise der sog. Bandenchef im Vorbereitungsstadium in besonderer Weise tätig, indem er die gesamte Tat plant und die einzelnen Tatbeiträge an die Ausführenden verteilt, während der eigentlichen Tatausführung jedoch nicht mitwirkt, mag er Organisator der Tat sein, ist jedoch – mangels Mitwirkung im Rahmen der Ausführung der Tat – nicht als Mittäter zu qualifizieren.

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Wie dargelegt, lässt die Rechtsprechung demgegenüber jeden nicht ganz untergeordneten Tatbeitrag genügen.[152] Auch eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium ist demnach hinreichend für die Begründung von Mittäterschaft.[153] Einige Vertreter der Tatherrschaftslehre folgen dieser Sehweise im Ergebnis. Nach der sog. „weiten Tatherrschaftslehre“ kann eine funktionelle Tatherrschaft auch dann vorliegen, wenn ein Täter nicht im Ausführungsstadium mitwirkt, soweit sein „Minus“ im Stadium der Tatausführung durch ein „Plus“ im Stadium der Tatplanung – insbesondere durch umfangreiche Mitgestaltung bei der Deliktsplanung – ausgeglichen wird.[154]

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Dagegen verneint die sog. „enge Tatherrschaftslehre“ die Möglichkeit einer Mittäterschaft im Vorbereitungsstadium. Mittäter kann nur sein, wer das unmittelbare Geschehen am Tatort beeinflussen kann. Ohne einen solchen Tatbeitrag im Ausführungsstadium – zwischen Versuchsbeginn und formeller Vollendung der Tat – ist Mittäterschaft nicht möglich.[155] Die Unterschiede ebnen sich insofern ein, als auch Vertreter der engen Tatherrschaftslehre jedenfalls zum Teil keine körperliche Anwesenheit am Tatort fordern, sondern es ausreichen soll, dass der Mittäter das konkrete Verhalten der Anwesenden (z.B. über dauernde Handykommunikation) steuern kann.[156]

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Aus dem Verständnis der Mittäterschaft als (Mit-)Herrschaft über die Verletzung des im „Tatbestand vertypten Unrechts“ ist mit der „engen Tatherrschaftslehre“ eine Mitwirkung im Ausführungsstadium zu fordern. Die Macht über die Verletzung darf nicht isoliert von der Herrschaft über die einzelne Rechtsgutsobjektsverletzung betrachtet werden. Wer das Delikt umfassend plant und „als eigenes will“, dann aber einen anderen bei der Tatausführung allein lässt, erweitert nicht seine eigene Tatmacht um die des anderen, sondern begibt sich gerade der Tatmacht über das Delikt. Die Gegenansicht verortet die Mittäterschaft zu nah an eine durch das Tatstrafrecht überholte Komplottlehre, in welcher die Verbrechensverabredung als solche schon strafrechtliches Unrecht begründen konnte, und verwischt die Grenze zwischen den Beteiligungsformen.[157] Die „weite Tatherrschaftslehre“ verlässt insofern ihre eigenen Prämissen, als eine vermeintlich tatbezogene Tatherrschaft hinsichtlich der konkreten Tat auf ein Vortatverhalten gegründet wird.

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Soweit vorgebracht wird, die enge Tatherrschaftslehre falle zurück in eine formal-objektive Betrachtungsweise,[158] ist zu betonen, dass jene Lehre keine eigenhändige Begehung voraussetzt und daher auch nicht mit einer formal-objektiven Theorie gleichgesetzt werden kann.[159] Soweit – wie früher vom Reichsgericht – behauptet wird, dass sich die Möglichkeit der Täterschaft ohne reale Mitwirkung schon aus der Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft bzw. der wechselseitigen Repräsentanz ergebe,[160] wird übersehen, dass sich die alleinige Täterschaft des Hintermannes bei der mittelbaren Täterschaft gerade aus der Unfreiheit des Vordermanns ergibt.[161] Der Mittäter aber bezieht einen verantwortlich und insbesondere vorsätzlich Handelnden in seine Tat mit ein und macht sich damit diese fremde freiheitliche Tatmacht zu eigen. Dies erfordert eine bedeutende Mitwirkung im Ausführungsstadium der Tat. Auch kriminalpolitische Argumente für ein weites Verständnis der Mittäterschaft[162] tragen nicht, denn diese können den Wortlaut des § 25 Abs. 2 StGB nicht überwinden. Das Begehen einer (Straf-)Tat im Sinne dieser Norm wird durch § 8 S. 1 StGB auf das Ausführungsstadium konkretisiert. Daran kann in einem dem Bestimmtheitsgebot verpflichteten Strafrecht kein kriminalpolitisches Bedürfnis etwas ändern, zumal das Bedürfnis nach einer Bestimmung des Bandenchefs als Mittäter statt als Anstifter sich jedenfalls nicht aufdrängt bzw. nur deshalb entsteht, weil die Bedeutung der Anstiftung durch die h.M. herabgestuft wird.[163] Vielmehr ist daran festzuhalten, dass die Gemeinschaftlichkeit des tatbestandlichen Handelns Kennzeichen des intersubjektiv-gemeinsamen Unrechtshandelns ist. Mittäterschaft erfordert danach gleichgewichtige, wechselseitig-abhängige Tatbeiträge im Ausführungsstadium.[164] Eine Organisations- und Leitungsfunktion kann daher eine mittäterschaftliche sein und wird auch im Ausführungsstadium wirksam, wenn der Leiter nicht physisch am Tatort anwesend ist, sondern die Tatausführung über ständige Fernkommunikation leitet.

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