Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Группа авторов - Страница 74

3. Verfahrensvorschriften

Оглавление

151

Teil 5 enthält in §§ 23–53 VerSanG-E umfangreiche verfahrensrechtliche Sondervorschriften. Die gerichtliche Zuständigkeit wird erstinstanzlich dem Schöffengericht beim Amtsgericht und dem Landgericht zugewiesen (§§ 25 S. 2, 74 Abs. 1 S. 3 GVG-E), um den Strafrichter beim Amtsgericht von der zeitaufwändigen Beschäftigung mit komplexen wirtschaftlichen Sachverhalten zu entlasten.[538] Beim Landgericht wird eine spezielle Strafkammer zuständig sein (§ 74g GVG-E). Die Zuständigkeit für die Verfolgung richtet sich nach der Verbandstat (§ 23 VerSanG-E). Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich StPO und GVG, gelten entsprechend (§ 24 Abs. 1 VerSanG-E). Unzulässig sind die Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen (§ 24 Abs. 2 VerSanG-E), da hierdurch eine Vielzahl von Mitarbeitern betroffen wäre.[539]

152

Es wird grds. ein einheitliches Verfahren gegen die natürliche Person und gegen den Verband geführt[540] (§ 25 Nr. 1 VerSanG-E). Der Verband erhält die Stellung eines Beschuldigten (§ 27 VerSanG-E) und wird damit zur zentralen Figur des Verfahrens.[541] Für die Vertretung (§ 28 VerSanG-E) gilt, dass der Verband durch seine gesetzlichen Vertreter vertreten wird (Abs. 1), wobei Personen ausgeschlossen sind, die einer Verbandstat beschuldigt werden (Abs. 2), und entsprechend § 51 Abs. 2 ZPO das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters dem Verband zugerechnet wird (Abs. 3). Ein besonderer Vertreter (§ 29 VerSanG-E) wird bestellt, wenn der Verband keinen gesetzlichen Vertreter hat oder alle gesetzlichen Vertreter von der Vertretung ausgeschlossen sind (Abs. 1) oder ein in der Person des Vertreters bzw. der Vertreter liegendes Hindernis für längere Zeit besteht (Abs. 2). Rechtsnachfolger treten in die Lage des Verfahrens zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rechtsnachfolge ein (§ 30 VerSanG-E). Die Ausschreibung eines gesetzlichen Vertreters zur Aufenthaltsermittlung (§ 32 VerSanG-E) ist möglich.

153

Für die Vernehmung des gesetzlichen Vertreters (§ 33 VerSanG-E) gilt, dass es ihm im Sanktionsverfahren freisteht, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und die Vorschriften der StPO über die Vernehmung des Beschuldigten entsprechend gelten, wobei allerdings die Vorführung nach § 134 StPO ausgeschlossen ist (Abs. 1). In anderen Verfahren kann der gesetzliche Vertreter, worüber er zu belehren ist, als Zeuge auch die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung dem Verband die Gefahr zuziehen würde, für eine Verbandstat verantwortlich gemacht zu werden (Abs. 2). Die Verwendung von personenbezogenen Daten aus Ermittlungsmaßnahmen (§ 34 VerSanG-E), die aufgrund von Maßnahmen zur Aufklärung der Verbandstat oder einer hiermit zusammenhängenden Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG erlangt wurden, soll im Sanktionsverfahren zulässig sein (Abs. 1). Aufgrund von Maßnahmen zur Aufklärung anderer Straftaten oder nach anderen Gesetzen erlangte personenbezogene Daten dürfen im Sanktionsverfahren verwendet werden, wenn diese nach der StPO auch im Verfahren wegen der Verbandstat verwendet werden dürfen (Abs. 2).

154

Verbandsspezifische Sonderregelungen sehen die §§ 35–42 VerSanG-E für das Absehen von der Verfolgung des Verbandes vor, da die grds. entsprechend geltenden §§ 153 ff. StPO teilweise an die Schuld des Täters anknüpfen und zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten bestehen sollen; die speziellen Einstellungsmöglichkeiten sollen als flexibles und praktikables Instrument dazu dienen, auf geringfügige Verfehlungen sowie Bagatellkriminalität angemessen zu reagieren und Verfahren im Bereich der „kleineren und mittleren Kriminalität“ vereinfacht zu erledigen.[542] Wegen Geringfügigkeit kann von der Verfolgung abgesehen werden (§ 35 VerSanG-E), wenn die Bedeutung der Verbandstat bzw. Schwere und Ausmaß des Unterlassens angemessener Vorkehrungen als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht; in den besonders schweren Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerSanG-E soll ein Absehen von der Verfolgung nicht in Betracht kommen (Abs. 1). Ist die Klage bereits erhoben, kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Verfolgungsbehörde und grds. auch des Verbandes das Verfahren einstellen (Abs. 2). Weiter kann von der Verfolgung abgesehen werden unter Auflagen und Weisungen (§ 36 VerSanG-E), bei schweren Folgen für den Verband (§ 37 VerSanG-E), bei erwarteter Sanktionierung im Ausland und aus sonstigen Gründen (§ 38 VerSanG-E) sowie bei Insolvenz (§ 39 VerSanG-E). Bei einer verbandsinternen Untersuchung kann bis zu deren Abschluss von der Verfolgung abgesehen werden, wobei zur Vorlage des Abschlussberichts eine Frist bestimmt werden darf (§ 42 VerSanG-E). Schließlich sind Regelungen für das Absehen von der Verfolgung bei kartellrechtlichen Verbandstaten (§ 42 VerSanG-E) enthalten.

155

Für die Anwesenheit in der Hauptverhandlung ist vorgesehen (§ 43 VerSanG-E), dass ein Verband mit mehreren gesetzlichen Vertretern selbst dann als erschienen gilt, wenn nur ein gesetzlicher Vertreter anwesend ist (Abs. 1); die Vertretung durch einen Verteidiger ist gestattet (Abs. 2). Das persönliche Erscheinen des gesetzlichen Vertreters kann angeordnet werden (§ 44 VerSanG-E). Trotz Ausbleibens des gesetzlichen Vertreters kann die Hauptverhandlung durchgeführt werden, wenn der Verband ordnungsgemäß geladen und in der Ladung hierauf hingewiesen wurde (§ 45 VerSanG-E). Für den Verletzten (§ 51 VerSanG-E) gilt, dass die Verantwortlichkeit des Verbandes nicht im Wege der Privatklage verfolgt werden kann (Abs. 1) und der Verletzte sich am Verfahren gegen die Leitungsperson oder den Verband beteiligen kann (Abs. 2).

156

Hinsichtlich der Rechtskraft (§ 48 VerSanG-E) ist vorgesehen, dass ein rechtskräftiges Urteil nach § 30 OWiG der Verfolgung der Tat nach dem VerSanG entgegensteht (Abs. 1 S. 1). Zudem soll ein rechtskräftiges Urteil nach § 30 OWiG wegen des Unterlassens von Vorkehrungen der Verfolgung der Tat als besonders schwerer Fall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerSanG-E entgegenstehen (Abs. 1 S. 2). Dasselbe gilt für den Beschluss nach § 72 OWiG und den Beschluss des Beschwerdegerichts über die Tat als Ordnungswidrigkeit (Abs. 1 S. 3). Durch Sanktionsbescheid kann das Gericht ohne Hauptverhandlung auf Antrag der Verfolgungsbehörde Verbandssanktionen sowie daneben Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung festsetzen (§ 50 VerSanG-E).

157

Für die Vollstreckung (§ 53 VerSanG-E) sollen die Vorschriften über die Vollstreckung der Geldstrafe (Abs. 1 S. 1) bzw. der Verwarnung mit Strafvorbehalt (Abs. 2) entsprechend gelten. Kann die Verbandsgeldsanktion nicht eingebracht werden oder unterbleibt die Vollstreckung nach § 459c Abs. 2 StPO, stellt die Vollstreckungsbehörde einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abs. 1 S. 2). Im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge kann die Vollstreckung gegen den oder die Rechtsnachfolger eingeleitet oder fortgesetzt werden (Abs. 1 S. 3).

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх