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5. Öffnungsklauseln

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In der DSGVO sind je nach Zählweise bis zu 60 Öffnungsklauseln zum Erlass mitgliedstaatlichen Datenschutzrechts vorgesehen, mit denen Regelungen der DSGVO konkretisiert oder mit denen von der DSGVO abgewichen werden kann.188 Die DSGVO verbindet damit Elemente der Richtlinie, die mitgliedstaatlicher Umsetzung bedarf, und der Verordnung, die unmittelbar anwendbares Recht der Union ist, und ist insofern eine atypische bzw. hybride Form der Gesetzgebung in der Union.189 Neben der DSGVO bleibt das mitgliedstaatliche Datenschutzrecht daher eine relevante datenschutzrechtliche Rechtsquelle. Öffnungsklauseln finden sich in praktisch jedem Teil der DSGVO,190 ein Schwerpunkt liegt im Bereich der Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken, der Verarbeitung zu Forschungszwecken, der Verarbeitung von Gesundheitsdaten, der Geheimhaltungsregeln und dem Beschäftigtendatenschutz.191

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Zweck der Öffnungsklauseln ist es, unterschiedlichen Ausgangspositionen der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen und „alle auf dem Weg der Harmonisierung mitzunehmen“.192 Die Öffnungsklauseln lassen sich in allgemeine und spezifische Öffnungsklauseln einteilen. Allgemeine Öffnungsklauseln schaffen die Möglichkeit für eine Vielzahl mitgliedstaatlicher Regelungen, wie Art. 23 DSGVO, der eine Vielzahl von Abweichungsmöglichkeiten von den Betroffenenrechten ermöglicht.193 Spezifische Öffnungsklauseln lassen mitgliedstaatliche Regelungen nur in einem sehr eingeschränkten Bereich zu, wie Art. 8 Abs. 1 DSGVO für die Abweichung von der Altersgrenze für die Einwilligungsfähigkeit der DSGVO.194 Öffnungsklauseln schaffen die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Konkretisierung, Ergänzung oder Modifikation der Regelungen der DSGVO.195 Neben echten Öffnungsklauseln, die eine Handlungsoption (fakultative Öffnungsklauseln) oder ein Handlungsgebot (obligatorische Öffnungsklauseln) enthalten,196 finden sich auch bloße Verweise auf Regelungen der Mitgliedstaaten oder der Union ohne Ermächtigung zur Regelung durch die Mitgliedstaaten (unechte Öffnungsklauseln).197

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Soweit die DSGVO als Rechtsakt der Union einen Sachverhalt nicht abschließend regelt und in diesem ungeregelten Bereich eine mitgliedstaatliche Regelung existiert, die nicht im Widerspruch zur DSGVO oder anderen Regelungen des Unionsrechts steht, kann diese Regelung des mitgliedstaatlichen Rechts ergänzend zur DSGVO erlassen werden oder neben der DSGVO in Kraft bleiben.198 Insofern kann es über die explizit im Wortlaut der DSGVO abgebildeten Öffnungsklauseln hinaus implizite Öffnungsklauseln geben.199 Das Vorliegen einer impliziten Regelungslücke wird etwa für die Regelung zum Scoring in § 31 BDSG (siehe § 31 Rn. 42ff.) diskutiert.200 Der Bundesgesetzgeber hat sich für den Erlass von § 31 BDSG jedenfalls nicht auf eine explizite Öffnungsklausel in der DSGVO berufen.201

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Das Konzept der sekundärrechtlichen Rechtsetzung mittels einer Verordnung mit Öffnungsklauseln ist so im Primärrecht eigentlich nicht vorgesehen. Faktisch wird mit der DSGVO damit ein nicht vorgesehener Zwitter geschaffen, der Elemente der Verordnung und der Richtlinie vereint.202 Für den Rechtsanwender ergibt sich daraus die praktische Herausforderung, Normen unterschiedlicher Hierarchieebenen anzuwenden und mögliche Konflikte zu einem Ausgleich zu bringen. Dies kann eine schwierige Aufgabe sein und Rechtsunsicherheiten schaffen, da für jede Regelung des deutschen Rechts geprüft werden muss, ob und wie weit sie neben der DSGVO angewendet werden kann.203

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Systematisch ist dafür zunächst von der DSGVO auszugehen.204 Die DSGVO ist im Verhältnis zum Recht der Mitgliedstaaten das höherrangige Recht mit Anwendungsvorrang.205 Klarstellend ist dies entsprechend in § 1 Abs. 5 BDSG geregelt (siehe § 1 Rn. 35). Nur wenn und soweit die DSGVO eine Öffnung zur mitgliedstaatlichen Regelung vorsieht, kommt die Anwendung des mitgliedstaatlichen Rechts in Betracht. Im nächsten Schritt ist daher zu prüfen, ob es eine Regelung im mitgliedstaatlichen Recht gibt. Für diese Regelung muss dann geprüft werden, ob sie sich entsprechend der Prüfung von Schranken-Schranken in der Grundrechtsdogmatik im Rahmen der Öffnungsklausel bewegt. Soweit die mitgliedstaatliche Regelung über die Öffnung in der DSGVO hinausgeht, muss dies im Rahmen europarechtskonformer Auslegung206 korrigiert werden. Ggf. kann die Anwendung der mitgliedstaatlichen Norm auch insgesamt ausgeschlossen sein.

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