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b) Anwendbarkeit bei Unternehmensveräußerung

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Eine Interessenabwägung als Erlaubnistatbestand kommt – wie jede andere, die nach dem Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (siehe dazu Rn. 3ff.) zunächst verbotene Datenverarbeitung legitimierende Norm – nur dann in Betracht, wenn überhaupt eine Datenverarbeitung, die auch eine Übermittlung erfasst (Art. 4 Nr. 2 DSGVO), vorliegt. Bei einer Unternehmensveräußerung in Form des Share Deals mit der Folge der Verschmelzung des verantwortlichen Unternehmens mit einer Gesamtrechtsnachfolge (§ 20 UmwG), bei der sich nur der Rechtsträger ändert und der Rechtsnachfolger vollständig in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers eintritt, findet durch diesen umwandlungsrechtlichen Vorgang datenschutzrechtlich betrachtet gar keine Datenverarbeitung statt, sodass die DSGVO hierfür nicht heranzuziehen ist und eine Erlaubnis für etwas, was nicht stattfindet, nicht benötigt wird.188 Dieses war auch die herrschende Ansicht bei Geltung des BDSG a.F.189

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Anders verhält es sich, wenn wie bei einem Asset Deal einzelne Unternehmensteile (Singularsukzession) an einen Dritten verkauft werden. Ist Gegenstand der Transaktion (auch oder nur) ein Bestand an personenbezogenen Kundendaten, so liegen Verarbeitungen (aus Verkäufersicht eine Übermittlung und aus Käufersicht eine Erhebung) vor, die einer datenschutzrechtlichen Erlaubnis bedürfen.190 Diese kann in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b bzw. lit. f DSGVO gefunden werden.191

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Soweit von der gesellschaftsrechtlichen Übertragung personenbezogene Daten aus laufenden, nicht abgeschlossenen Vertragsbeziehungen betroffen sind, wäre eine Erlaubnis aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO naheliegend. Die DSK geht nach einem Beschluss vom 24.5.2020 – bei Ablehnung der Aufsichtsbehörden von Berlin und Sachsen – davon aus, dass es in diesen Fällen einer zivilrechtlichen Genehmigung (§ 415 BGB/Schuldübernahme) bedarf, die dann auch als „datenschutzrechtliche Zustimmung zum Übergang der erforderlichen Daten“ angesehen wird.192 Ob die DSK mit dem Begriff der „Zustimmung“, der in der DSGVO sonst nur in Art. 8 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DSGVO verwendet wird, um die zustimmende Haltung zu einer Einwilligung eines Kindes auszudrücken,193 die Einwilligung meint, ist kaum denkbar,194 weil auch von der „Wahrung der Gegeninteressen der Kunden“ die Rede ist, auf die es bei einer Einwilligung – oder „Zustimmung“ – nicht ankommen kann. Welche rechtliche Bedeutung dem Begriff hier zukommen soll, wird offen gelassen. Eine „informierte Einwilligung“ soll bei „Kundendaten der Kategorie Art. 9 Abs. 1 DSGVO“ erforderlich sein. Da jede Einwilligung „in informierter Weise“ zu erteilen ist (Art. 4 Nr. 11 DSGVO), liegt es nahe, dass in diesem Fall die „ausdrückliche Einwilligung“ gemeint sein sollte. Die betroffenen Personen sind spätestens bei der ersten Nutzung195 der Daten über die Herkunft der Daten und – wie stets bei einer auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO gestützten Verarbeitung für Zwecke des Direktmarketing – auf das Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 und 2 DSGVO hinzuweisen. Diese Information verbunden mit dem Widerrufsrecht sollte auch den Anforderungen des § 415 Abs. 1 BGB genügen, weil mit der Erklärung des Widerspruchs die Genehmigung der Schuldübernahme verweigert wird.

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Die DSK geht weiter davon aus, dass Daten solcher Bestandskunden, zu denen seit mehr als drei Jahren keine Vertragsbeziehungen bestehen, „nur wegen gesetzlicher Aufbewahrungsfristen genutzt werden“ dürfen. Bestand innerhalb der letzten drei Jahre eine Vertragsbeziehung oder bestehen Vertragsanbahnungsverhältnisse mit dem Übertragenden, dann dürfen die Daten an den Übernehmer auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO übertragen werden, wenn den Betroffenen die Möglichkeit eines Widerspruchs eingeräumt wird,196 wobei die Widerspruchsfrist großzügig bemessen sein soll – genannt werden „als Beispiel“ sechs Wochen. Von dieser Widerspruchslösung soll, ohne dass dies in dem DSK-Beschluss begründet wird, die Übermittlung der IBAN ausgenommen sein, die nur nach Einwilligung übermittelt werden dürfe. Diese Rechtsansicht ist aber nachvollziehbar, weil dieses Datum bei abgeschlossenem Vertragsverhältnis etwa für den Zweck der Neukundengewinnung nicht mehr im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO erforderlich ist.197 Die von der DSK aufgebrachte pauschale Drei-Jahres-Frist ist allerdings nicht verbindlich und nicht begründet, sodass es in jedem Einzelfall einer Abwägung bedarf.198

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Bestehen offene Forderungen des Übertragenden, dürfen die Daten – so auch die DSK – aufgrund einer Forderungsabtretung (§§ 398ff. BGB) übertragen werden.

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Die Übertragung von Kundendaten ohne laufende Vertragsverhältnisse auf eine Einwilligung zu stützen, wäre insbesondere aus zivilrechtlicher Sicht wegen des Wechsels des Vertragspartners eine sichere Lösung.199 Wegen der zu erwartenden geringen Rücklaufquote wäre sie aus der Sicht der Verantwortlichen nicht wünschenswert.200 Anstelle einer Einwilligung kommt eine gesetzliche Erlaubnis in Betracht.201 Diese wird sowohl für Kunden – wie auch für Beschäftigte in der Due Diligence- und in der Transaktionsphase202 – in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO zu sehen sein, weil Übertragender und Empfänger der Daten ein berechtigtes Interesse an dem „deal“ haben.203 In der Regel werden auch die Unternehmenskunden ein Interesse „an einer reibungslosen Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit dem neuen Unternehmensinhaber haben“.204 Soweit die Kundendaten nicht aus einem lange zurückliegenden Vertragsverhältnis stammen und in einem vergleichbaren Geschäftssegment genutzt werden sollen, darf davon ausgegangen werden, dass gegenüber diesen Interessen dasjenige des betroffenen Kunden nicht überwiegt.

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Dass die übertragenen Kundendaten nicht ohne gesonderte Einwilligung für eine elektronische Ansprache genutzt werden dürfen, folgt aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Ist eine Ansprache über E-Mail gewünscht, empfiehlt es sich, diese beim Betroffenen erneut einzuholen, weil sie – soweit sie vor der Übertragung der Daten vorlag – nicht gegenüber dem Empfänger erteilt wurde.

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